Worldwebforum 2018 in Zürich: Erfolg für «das andere WEF».

Das ausverkaufte Worldwebforum 2018 war eine würdige «Edition» - immerhin wird dieser Anlass augenzwinkernd auch als «das andere WEF» bezeichnet. Gemessen an der Qualität der Speaker ist dies beileibe nicht an den Haaren herbeigezogen.

Professor David Teece von der University of California in Berkeley sprach zum Thema «End of Nation. (Bild: Christoph Oggenfuss)

Ein auffallend entspannter Bundesrat Johann Schneider-Ammann eröffnete das Worldwebforum 2018 und sprach zum diesjährigen Konferenzthema «End of Nation». Er unterstütze das Ende des Nationalstaates aus zwei Gründen nicht: Einerseits, so Schneider-Ammann mit einem Augenzwinkern, weil er seinen Arbeitgeber nicht kritisieren wolle (und er brauche ja seinen Job, wie wir alle). In seinen Ausführungen betonte er aber auch, dass eine Nation nicht ein abstraktes Gefäss sei, sondern sehr stark dazu beitrage Aspekte wie Kultur, Werte, Zugehörigkeit für Menschen zu repräsentieren und zu sichern. Rhetorisch fragte er dann die Zuhörer: «Würden Sie sich mit einem Google-Pass wohlfühlen? Oder wären Sie gern Bürger von Amazon?»

Digitalisierung ist gekomm

en, um zu bleiben

In den nachfolgenden Referaten wurden keine umwerfend neuen Gedanken vorgetragen, doch eines fiel auf: Dass ähnliche Aussagen der Vorjahre immer konkreter werden und die ganze Wucht und Dynamik der Digitalisierung unterstreichen. Ein Speaker verglich die digitale Transformation mit der Erdanziehung (Gravitation) und meinte, dass es immer noch Leute gäbe die gegen diese «digitale Gravitation» ankämpfen wollten.

Mit dem Auftritt von Lino Guzzella, Präsident der ETH Zürich, wurde deutlich dass die Schweiz als Land beste Voraussetzungen für die Bewältigung der Digitalen Transformation hat. Die nationale Innovationskraft, die wirtschaftliche Stärke sowie die hohe Qualität der Ausbildungsinstitutionen würden die Schweiz grundsätzlich in eine gute Ausgangslage bringen. Gleichzeitig gab Guzzella – wie auch andere Referenten – zu bedenken, dass eidgenössisches Beharrungsvermögen und die häufig mangelnde Risikobereitschaft ernsthafte Stolpersteine für eine prosperierende Entwicklung darstellen. Die Rolle seiner ETH sehe er darin, die Absolventen auf eine Karriere in flexiblen, zunehmend unsicheren Wirtschaftssystemen vorzubereiten.

Freude am Scheitern lernen

Die Freude am Scheitern – wie etwa Elon Musk von Tesla sie wiederholt proklamiert – ist definitiv noch nicht Teil der schweizerischen DNA. Wie könnte sich das verändern? Ein leidenschaftlicher Appell kam von Nancy Pfund, einer erfahrenen Silicon Valley-Investorin: Am Beispiel des E-Autobauers Tesla machte sie deutlich, dass ihre Auswahlmethoden für Venture-Investitionen tragfähig und robust sind. Bereits 2006 hatte sie das Unternehmen unterstützt, das Risiko eines Scheiterns einkalkuliert – und eben nicht auf kurz-, sondern auf langfristigen Erfolg gesetzt. Das brauche Mut, Vertrauen und mitunter einen langen Atem.

«Parks, not parking lots»

David Le erklärt die Leistungen und die Vision von Lyft. (Bild: Christoph Oggenfuss)

David Le von Lyft aus San Francisco, dem grössten Konkurrenten von Uber, machte deutlich, welchen «Sinn-Beitrag» eine Sharing-Firma wie Lyft stiftet. Dabei machte er auch deutlich, dass die nächsten Phasen der Mobilität – vor allem in urbanen Ballungsräumen – vorgezeichnet seien. Der nächste grosse Trend sei der Durchbruch der Elektromobilität, zunächst bei Fahrzeugen, die im Besitz von Privatpersonen sind. Danach kämen selbstfahrende Vehikel, die nur noch als Service genutzt, aber nicht mehr besessen würden. Dabei würde das Verkehrschaos in Städten gelöst und gleichzeitig substantielle Parking-Flächen den Stadtbewohnern in Form von grünen Parks zurückgegeben.

«Compromising kills innovation»

Das Thema Innovation war am Worldwebforum 2018 zweifellos ein vielbesprochenes. Glenn Gore von Amazon Webservices platzierte dazu ein treffendes Zitat: «Compromising kills innovation» – Kompromisse töten Innovation. Er meinte damit, dass im Geschäftsalltag eine konstruktive Streitkultur mit Sieger und Verlierer unabdingbar sei, wenn sich einzelne Firmen weiterentwickeln wollten. Das sollten die «harmoniebedürftigen Schweizer» besonders beachten. Ein weiterer Referent rief dem Auditorium zu, dass die Schweiz und Europa mehr gemanagtes Chaos brauche, um Innovationen zu stimulieren. Es wird spannend, diesbezüglich am Worldwebforum im Januar 2019 eine erste Bilanz zu ziehen.

*Christoph Oggenfuss, Front Office Architekt, CE-Owner markITing ag Zürich.  

 

 

 

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