«Wir spüren das unternehmerische Interesse des Eigen-tümers»
Vantage Education ist eine der führenden privaten Bildungsgruppen in der Schweiz. Zu ihr gehören die Tochtergesellschaften HSO Wirtschafts- und Informatikschule mit zehn Standorten, die Höhere Fachschule für Tourismus IST mit je einem Standort in Zürich und Lausanne sowie das BVS Bildungszentrum in St. Gallen. Wir sprachen mit Heinz Sommer, CEO, und Marco Martelli, VRP, dieser privaten Bildungsgruppe.
Die Bildungsangebote von Vantage Education reichen von der kaufmännischen Grundbil-dung über Zertifikate, Diplome, Fachausweise, Diplome der Höheren Fachschule sowie Nach-diplomstudiengänge oder Brückenangebote in das Bachelorprogramm bis zum internatio-nal akkreditierten Executive-MBA-Programm. Den Schwerpunkt setzt die Vantage Education Gruppe im Angebotsbereich der Höheren Fachschule. Die HF-Lehrgänge richten sich an Berufsleute aus Wirtschaft, Tourismus und In-formatik.
Hinter der Vantage Education Gruppe steht die Schweizer Beteiligungsgesellschaft Invision. Im Gespräch erläutern CEO Heinz Sommer und Verwaltungsratspräsident Marco Martelli als Vertreter von Invision die Chan-cen, welche der Schweizer Bildungsmarkt bie-tet, und gehen auf die Zukunft der Bildung und die Pläne der Gruppe ein.
Herr Sommer, die Schweiz ist mit ihrem dua-len Bildungssystem ein Vorbild für die ganze Welt. Daher gibt es eine Vielzahl an öffentli-chen und privaten Bildungsangeboten. Wie positioniert sich die Vantage Education Gruppe in diesem Umfeld?
Heinz Sommer: Unsere Bildungsangebote richten sich gezielt an Menschen, welche mit-tels Weiterbildung persönlich und beruflich vorankommen möchten. Mit unserem Wei-terbildungsangebot sprechen wir hauptsäch- lich Interessenten an, die klassischerweise eine Berufslehre absolviert haben. Unsere Pro-gramme sind klar praxis- und handlungsori-entiert aufgebaut. Es geht dabei hauptsächlich darum, dass die Teilnehmenden bereits wäh-rend der Weiterbildung, unterstützt durch praxisnahe Dozierende, nebst der Theorie auch anhand realer Situationen im berufli-chen Umfeld den Praxistransfer erfahren kön-nen. Später sollen sie damit bessere Chancen haben, das Gelernte im beruflichen Alltag richtig einzusetzen respektive anzuwenden. Unsere Absolventen sind deshalb am Arbeits-markt auch sehr gefragt.
Herr Martelli, hinter Vantage steht die Beteiligungsgesellschaft Invision. Was bewegt eine Investorengruppe, in diesen Markt zu investieren?
Marco Martelli: Der Bildungsmarkt ist welt-weit, aber auch in der Schweiz, ein Wachs-tumsmarkt. Auf privater Seite ist der Markt allerdings sehr fragmentiert. Es existieren vie-le Bildungsanbieter, die sehr stark auf den Gründer und oftmals nur wenige Personen zu-geschnitten sind. Invision kann hier mit der Vantage Education Gruppe bei Nachfolge lösungen Hand bieten. Auch ist eine weitere Konsolidierung des Marktes zu erwarten. Da-her haben wir mit der HSO als Nukleus 2013 begonnen, über Vantage Education in diesem Sektor zu investieren. Mit unserem «Buy-and-build-Ansatz» sind 2014 die HBS und KMZ Rapperswil sowie die HMZ Academy in Baar zur Gruppe gestossen. Die Gesellschaften wur-den später in die HSO-Gruppe integriert. Das BVS Bildungszentrum St. Gallen stiess 2015 zur Gruppe, und zuletzt konnte im Jahr 2017 durch die IST mit den Standorten Zürich und Lausanne der Bereich Tourismus in das Gruppenportfolio aufgenommen werden.
Wo gibt es Synergien zwischen den drei Schulen HSO, IST und BVS? Die Institute sind ja in unterschiedlichen Gebieten tätig.
Heinz Sommer: Einerseits, soweit zielführend, nutzen wir innerhalb der Bildungsangebote unternehmensübergreifend vorhandene Syner-gien in der Weiterentwicklung der Lerninhalte. Andererseits nutzen wir die Gruppengrösse beim Lehrmitteleinkauf, bei der optimalen Ver-sicherungslösung für unsere Mitarbeitenden, bei der Beschaffung von technischen Hilfsmitteln oder bei der Infrastruktur. Ebenso helfen sich, je nach Bildungsangebot, die Unternehmen mit Dozierenden aus. Die gegenseitige Nutzung der Räumlichkeiten gehört ebenfalls zu den Sy nergiepotenzialen.
Welchen Einfluss hat die öffentliche Hand auf den Bildungssektor und auf das Geschäft der Vantage Education Gruppe?
Gemäss Bundesamt für Statistik investierten Bund, Kantone und Ge-meinden im Jahr 2016 insgesamt 37 Mrd. Franken in die Bildung. Antei-lig an den Ausgaben werden davon auch direkt Studierende, welche einen Eidg. Fachausweis oder ein Diplom der Höheren Fachschule er-langen, finanziell unterstützt.
Setzen Sie also auf staatliche Unterstützung?
Nein. Wie erwähnt bieten wir ein breites Spektrum an Aus- und Wei-terbildungsangeboten an, wo Studierende ohne staatliche Unterstüt-zung auskommen müssen, und bei den genannten Bildungsangeboten profitiert der Studierende ausschliesslich direkt. Im Unterschied zu Universitäten und Fachhochschulen sowie parastaatlichen Bildungs anbietern, die indirekt subventioniert werden, sind wir mit unseren Unternehmen und Bildungsangeboten den marktwirtschaftlichen Bedingungen vollständig ausgesetzt.
Gemäss Bundesamt für Statistik ist die Anzahl der Höheren Fach-schuldiplome seit 2000 von 3249 auf 8754 im Jahr 2017 gestiegen. Wie schätzen Sie das künftige Wachstumspotenzial ein?
Das Parlament hat dank verschiedener politischer Vorstösse dem Bundesrat den Auftrag erteilt, die Angebote respektive die Höhere Fachschule zu stärken. Dieser Entscheid kommt einerseits direkt den Studierenden und andererseits den Bildungsanbietern zugute. Beide profitieren durch die Wertigkeit, einerseits die Studierenden in der Anerkennung und Vergleichbarkeit und andererseits die Anbieter im Status als Bildungsanbieter. Daher wird dies sicher einen positiven Einfluss auf die Nachfrage im Markt haben.
Wo sehen Sie in diesem Umfeld Entwicklungschancen für die Vantage Education Gruppe?
Marco Martelli: Durch den Trend zum lebenslangen Lernen werden auch Weiterbildungsangebote, wie sie unsere Gruppe anbietet, künf-tig an Bedeutung gewinnen. Wir werden daher neue Bildungsgänge entwickeln und die bestehenden Angebote ergänzen. Im Zusammen-hang mit der Digitalisierung entwickeln wir neue Bildungsangebote, die den veränderten Bedürfnissen der Studierenden und der Indust-rie Rechnung tragen. Natürlich schauen wir uns auch nach weiteren privaten Bildungsanbietern um, die zu uns passen würden.
Welche Schulen würden denn hier passen?
Heinz Sommer: Sie sollten schon eine gewisse kritische Grösse erreicht haben und nicht ausschliesslich von den Eigentümern abhängig sein. Thematisch sind die Bereiche Technik, Medizin, Human Resources, Finanzen sehr interessant. Im Bildungsportfolio sollten eidg. Fachaus-weise und HF-Angebote vorhanden sein.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit Invision als Finanzinvestor, und welche Unterstützung kann Invision Ihnen bieten?
Invision ist als Eigentümer der Gruppe sehr an der nachhaltigen Ent-wicklung der Gruppe interessiert. Wir spüren im Management das unternehmerische Interesse des Eigentümers, indem wir sowohl die strategischen als auch die operativen Themen sehr pragmatisch und zielführend besprechen können. Wir erfahren eine grosse unterneh-merische Freiheit, sodass wir Chancen und Opportunitäten jederzeit bestmöglich und im Interesse aller Beteiligten nützen können. Hier unterstützt uns das Team von Invision breit gefächert, insbesondere aber bei der Finanzierung von Investitionen in die Gruppenkonsoli-dierung, die Infrastruktur oder bei Akquisitionen. Durch die langjäh-rige Erfahrung, welche Invision respektive für uns Marco Martelli und Alex Brennwald in der Bildung mitbringen, erfolgt ein Erfah-rungsaustausch immer auf Augenhöhe. Und entsprechend der Buy-and-build-Strategie ist Invision bereit, zugunsten eines nachhaltigen Wachstums auf kurzfristige und schnelle Gewinne zu verzichten. Der langfristige und wertsteigernde Unternehmenserfolg steht für sie im Fokus.