Wie wir dank Normen intelligenter werden
Die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) lud anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums zu einem informativen Event mit Touren zu diversen Schauplätzen ein. Denn den Experten der Normenkomitees kommt damals wie heute eine überaus wichtige Rolle in der Normung zuteil. Sie leisten mit ihrer Arbeit einen bedeutenden Beitrag in Bereichen wie Mobilität, Energiewende, Recycling, Digitalisierung oder bei gesellschaftspolitischen Entwicklungen.
«Die SNV feiert ihren 100. Geburtstag» – rund 150 Normenexpertinnen und -experten folg-ten der Einladung der Schweizerischen Nor-men-Vereinigung nach Winterthur am 25. September 2019 ins Technorama. Hier wurden sie von Robert P. Hilty, Vertreter des SNV-Vorstands, von Marcel Knecht, Leiter Normung der SNV, sowie von weiteren SNV-Mitarbeitenden begrüsst. Renommierte Spe-zialgäste wurden ebenso im feierlichen Pro-gramm aufgeführt.
Zuerst ging es jedoch für die geladenen Expertinnen und Experten an sogenannte «Guided Tours» zu heimischen Unterneh-men, um Einsichten in die Bedeutung von Normen vor Ort zu gewinnen.
Innovation und Nachhaltigkeit
Historisches Beispiel «Winterthur»: Wo zu Zei-ten der Habsburger das Eulach-Wasser Mühlen antrieb, stellten später Handwerksbetriebe mit grossem Geschick und Können Uhren und Öfen her. Im 19. Jahrhundert baute man in Winterthur mächtige Industriebetriebe auf, welche die Stadt weit bekannt machten.
Eine von fünf durch die SNV organisier-ten Touren bildete denn auch eine Stadtfüh-rung durch Winterthur. Dabei erlebte man quasi eine geschichtliche Schnellbleiche, wie sich die Stadt und ihre Bewohner gesellschaft lichen und technischen Entwicklungen anpas-sen mussten. Heute sind die meisten Maschi-nen stillgelegt, gleichwohl prägen heimische Tech-Industrien die Wirtschaft der Schweiz.
Historisches Beispiel «Baden»: Am 2. Juli 1919 wurde in den Büros der damaligen BBC in Baden auf Initiative einzelner Experten der Schweizerische Normalien-Bund (SNB) ge-gründet. Im Laufe der 20er Jahre wurde er in Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) umbenannt.
Seit Mai 2019 befindet sich die Geschäfts-stelle der Schweizerischen Normen-Vereini-gung an der Sulzerallee inmitten Winterthurs.
Seit den frühen 1920ern ist die Vereini-gung allerdings Vollmitglied der Internatio-nalen Organisation für Normung (ISO) und des Europäischen Komitees für Normung (CEN). Dadurch stellt die SNV die internatio-nale Zusammenarbeit in der Normung sicher.
Normen beeinflussen und begleiten uns überall im Leben – meistens ohne dass Ottonormalverbraucher es je registriert. Schweizer Experten haben die Normung massgeblich mitgeprägt und dadurch zur In-novation und Nachhaltigkeit beigetragen.
Kompatibilität durch Normung
Der Brite Joseph Whitworth definierte ab 1837 Normallehren (Grenzlehren, Endmasse, Lehr-dorne, Prüfstifte etc.). Aufgrund solch genorm-ter Komponenten wurde erst ein Austausch de-fekter Maschinenteile ermöglicht. Welche Zu-kunft hätte heute die E-Mobilität in der Schweiz, wenn es allein in unseren Regionen Dutzende verschiedene Komponenten gäbe?
Kompatibilität ist hier das Schlüssel-wort, und die Normung formuliert und bietet Leitlinien und handfeste Merkmale für Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft.
«Normungsarbeit ist auch viel Pionierarbeit.»
Normungsarbeit ist auch viel Pionier arbeit. So sind beispielsweise Normenexper-ten daran beteiligt, für E-Autos den soge-nannten Typ-2-Stecker als Mindestanforde-rung für Ladesäulen einzuführen. Hierfür gibt es inzwischen eine SN (SN EN 62196).
Von den gut 29 000 SNV-Normen selbst waren mehr als 15 000 (Stand 2019) nationale Übernahmen von Europäischen Normen, die abgekürzt EN lauten.
Ob Energie und Versorgung, ob Trans-port und Fahrzeuge, Recycling oder Waste Management, es gibt viele Bereiche, in denen Normen massgeblich beteiligt sind. In den je-weiligen Normenkomitees erarbeiten und pu-blizieren Experten entsprechende Leitlinien.
Neben weiteren Organisationen wie der MEM für die Maschinen oder Metallindustrie oder asut fürs Strassen und Verkehrswesen und weiteren Partnern sorgt die SNV jedoch für interdisziplinäre Kompatibilität und Aus-tauschbarkeit von Normen.
Normungsarbeit ist auch viel Pionier arbeit. So sind beispielsweise Normenexper-ten daran beteiligt, für E-Autos den soge-nannten Typ-2-Stecker als Mindestanforde-rung für Ladesäulen einzuführen. Hierfür gibt es inzwischen eine SN (SN EN 62196).
Von den gut 29 000 SNV-Normen selbst waren mehr als 15 000 (Stand 2019) nationale Übernahmen von Europäischen Normen, die abgekürzt EN lauten.
Ob Energie und Versorgung, ob Trans-port und Fahrzeuge, Recycling oder Waste Management, es gibt viele Bereiche, in denen Normen massgeblich beteiligt sind. In den je-weiligen Normenkomitees erarbeiten und pu-blizieren Experten entsprechende Leitlinien.
Neben weiteren Organisationen wie der MEM für die Maschinen oder Metallindustrie oder asut fürs Strassen und Verkehrswesen und weiteren Partnern sorgt die SNV jedoch für interdisziplinäre Kompatibilität und Aus-tauschbarkeit von Normen.
Expertenarbeit essenziell
Die Kompetenz, systematisch neue Erkennt-nisse in Produkte, Verfahren und Dienstleis-tungen umzusetzen, ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirt-schaft. Die 1919 als Schweizerischer Normali-en-Bund gegründete Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) und ihre Schweizer Exper-ten «haben über die Jahrzehnte die weltweite Normung massgeblich mitgeprägt und da-durch zur Nachhaltigkeit und Innovation bei-getragen», erläutert die SNV in ihrer Einladung zum Normenexperten-Event.
Weil es ohne Experten «die Normung und damit die SNV» gar nicht geben würde, hat die SNV ihre Mitglieder am 25. September ins Technorama Winterthur eingeladen.
Die angekündigten Touren nach 14 Uhr führten durchschnittlich zwei Dutzend Nor-mungsexperten und -expertinnen durch Winterthur und in regionale Unternehmen. So etwa zu Stadler Winterthur AG, Schweiz, dem Kompetenzzentrum für Drehgestelle; zu Burckhardt Compression AG, dem Marktfüh-rer für Kolbenkompressoren; zur Maag Recycling AG, einem Familienunternehmen; zur Seilerei Kislig, die es seit 1878 gibt.
Es ging der SNV jedoch nicht einfach da-rum, Einsichten in Traditionsunternehmen zu ermöglichen oder Fachwissen zu vertiefen, sondern die Normungsarbeit «mit allen Sinnen erlebbar zu machen». Die Teilnehmer fanden sich im Anschluss an die Touren wieder ins Au-ditorium im Technorama Winterthur ein.
Hier warteten um 16.45 Uhr der Keyno-te Speaker Prof. Touradj Ebrahimi auf sie. Der gefeierte EPFL- Professor sprach über die Be-deutung des von ihm mitentwickelten und omnipräsenten Medienformats JPEG, einer Abkürzung für Joint Photographic Experts Group.
Social Media ein x-Faches mehr an Bildern, als es Menschen auf diesem Planeten gibt», erklär-te Ebrahimi. Er führte das Auditorium auch gleich in ein Novum der JPG-Entwicklung ein:
«Zum ersten Mal in der Geschichte der Bildkodierung komprimieren wir nun mit JPEG XS weniger, um bessere Qualität zu er-halten und verbrauchen weniger Energie.»
Diese und andere Fähigkeiten, z.B. gerin-ge Latenz, unterstützen in Zukunft IT-Felder wie Virtual und Augmented Reality, selbstfah-rende Autos und 5G-Mobilnetze. JPEG XS sei an der ETH Lausanne getestet worden und stehe nun kurz vor der Genehmigung durch die In-ternationale Organisation für Normung (ISO).
Das neue Format solle zunächst in der professionellen Bildbearbeitung zum Einsatz kommen – «bis es bestimmt eines Tages auch in der Unterhaltungselektronik-Branche in den Einsatz kommen wird», meinte der Vor-sitzende des JPEG-Normenkomitees, Prof. Touradj Ebrahimi, abschliessend.
Der bekannteste Schweizer Gleitschirm-flieger, Chrigel Maurer, überraschte danach die Gäste mit seiner packenden Multimediashow zum Race «RedBull X-Alps 2019», welches er zum 6. Mal gewinnen konnte. Der Adelbode ner unterstrich ebenso, wie wichtig Experten-wissen sei. So entscheidet nur schon das Gewicht seines Schirms, seines Proviants und seiner Kleidung über Erfolg oder Misserfolg an seinen europaweiten Touren.
«Es braucht uns beide»
Urs Fischer, SNV-Geschäftsführer, seit 2001 unterwegs im Namen der Schweizerischen Normen-Vereinigung, rundete die Feier mit folgenden Worten ab: «Ich danke allen heute erschienenen Experten der Normenkomitees. Die Normengebung ist ein Erfolgsmodell einer Partnerschaft, es braucht uns beide!»
Schliesslich verwies er auf die Tragwei-te von Normenprozessen: «Dass die öffent liche Hand die privaten Normen nutzt, ehrt uns alle. Dies birgt aber auch Gefahren in sich. Das führt auf europäischer Ebene so weit, dass mittlerweile zeitliche Vorgaben in den Standardization Requests gemacht werden und die Anwendung von gewissen Normen für verbindlich erklärt wird, womit diese Normen gesetzlichen Charakter erhalten.»
Die ursprüngliche Idee und neuen Pers-pektiven, die eine neue Norm ausleuchten soll, würden leider oft so «untergraben». Noch überwiege das Positive – «technische Han-delshemmnisse können mit den Normen weitgehend beseitigt werden, Fairness und Transparenz resultieren daraus», betonte Urs Fischer, indem er die Abschlussrede noch mit einer persönlichen Einladung ergänzte:
«Meine dreijährige Amtszeit im ISO-Verwaltungsrat endet per Ende Jahr. Es war eine spannende und sehr positive Erfahrung. Mein Netzwerk konnte ausgebaut werden und steht auch unseren Expertinnen und Ex-perten zur Verfügung.»
Abschliessend wurden noch in den Ku-lissen des Technoramas Winterthur beim Apéro gute und bleibende Fachgespräche ge-führt.