Wie Gemeinden mit Risiken umgehen

Forschende der Universtität Bern haben mit einer breit angelegten Umfrage erstmals erfasst, welche Risiken aktuell für Schweizer Gemeinden besonders relevant sind und welche Massnahmen sie dagegen ergreifen.

Wie Gemeinden mit Risiken umgehen

 

Risikomanagement und interne Kontrollme-chanismen sind besonders wichtig in der Ge-meindeorganisation. Risikomanagement (RM) und Interne Kontrollsysteme (IKS) bei der öffentlichen Hand sind keine Unbekannten, doch bei Finanzskandalen, Schäden durch Na-turkatastrophen oder Kostenüberschreitungen bei Investitionsprojekten kommen Vorwürfe auf, dass IKS und RM nicht ausreichend genutzt werden, um Vermögen besser abzusichern res-pektive Ressourcen effizienter zu nutzen.

 

Das Institut für Unternehmensrechnung und Controlling (IUC) der Universität Bern hat eine breit angelegte Fragebogenstudie durch-geführt, um erstmals den Einfluss von Risiken auf Schweizer Gemeinden zu erfassen und Benchmarks zur Umsetzung von IKS und RM zu ermitteln. 196 Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern aus drei verschiedenen Sprachregionen haben an der Studie teilge-nommen. Der Grossteil (82 %) der Teilnehmen-den übt eine Tätigkeit als Finanzverwalterin oder -verwalter aus. Zudem wurden 14 Exper-tinnen und Experten beigezogen.

Unterschiedliche Wahrnehmungen bei Gemeinden und Experten
Am höchsten schätzten Finanzverwalterinnen und -verwalter aus den Gemeinden soziale Ri-siken, Ausländer-/Asylrisiken, Finanzierungs­ risiken und Risiken in Bezug auf Steuern ein. Dabei zeigen sich jedoch regionale Unterschie- de: Deutschsprachige Gemeinden stufen sozia-le Risiken, Ausländer-/Asylrisiken und Risiken des demografischen Wandels höher ein. Finan-zierungsrisiken und steuerbezogene Risiken werden dagegen in französischsprachigen Ge-meinden höher eingeschätzt, obwohl gerade französischsprachige Kantone zum Teil über-durchschnittliche Ausländeranteile aufweisen.

 

Auch stimmt die Sicht der Finanzverwal-tungen nicht überall mit den Expertenmei-nungen überein: Die zusätzlich befragten Ex-pertinnen und Experten für Schweizer Ge-meinden stuften neben sozialen Risiken und Ausländer-/Asylrisiken vor allem Risiken aus dem demografischen Wandel als am höchsten ein. Ein Vergleich dieser Einschätzungen zeigt, dass die Gemeinden im Durchschnitt Risiken zu Bau, Steuern und Fehlverhalten in der Ge-meindeverwaltung überschätzen, dagegen vor allem soziale Risiken sowie Risiken des demo-grafischen und gesellschaftlichen Wandels un-terschätzen. «Wenn Finanzverwalterinnen und -verwalter möglicherweise Risiken in ihrem ei-genen Erfahrungsbereich als zu wichtig erach-ten und andere, relevante Risiken weniger be-achten, kann das zu einem falsch gesetzten Fo-kus der Gemeindestrategie im Risikomanage-ment führen», sagt Prof. Dr. Markus Arnold, Di-rektor des Instituts für Unternehmensrech-nung und Controlling.

Interne Steuerung wenig genutzt
Im Rahmen des Fragebogens wurde auch erfasst, welche Steuerungsinstrumente im Bereich IKS und RM aktuell in Schweizer Gemeinden beste-hen und wie sie bei Schadensfällen genutzt wer-den. Dabei zeigte sich, dass einerseits viele Do-kumente, die es für eine erfolgreiche interne Steuerung braucht, wie etwa Zielvereinbarun-gen und Pflichtenhefte, in sehr vielen Schweizer Gemeinden bereits lange existieren.

 

Andererseits sind spezifischere Instru-mente, die zum Teil sinnvolle Ergänzungen im Bereich interner Steuerung und Risikoma-nagement darstellen könnten – wie zum Bei-spiel ein Risikokatalog oder Weisungen für ein Krisenmanagement –, nur selten vorhanden. Zudem werden IKS und RM aktuell vor allem reaktiv-defensiv zur Bewahrung des aktuellen Vermögens genutzt, nicht jedoch proaktiv anti-zipierend als internes Steuerungsinstrument, um die Effizienz in den Gemeindeprozessen zu erhöhen.

Schadensfälle könnten verhindert werden
Dass solche Steuerungsinstrumente Sinn ma-chen können, zeigt die Analyse von Schadens-fällen in Schweizer Gemeinden. Im Zeitraum der letzten 10 Jahre hatte zwar nur knapp ein Viertel der Gemeinden Schadensfälle zu ver-zeichnen. Dabei zeigen sich jedoch gravierende Unterschiede, je mehr Kontrollmechanismen eingesetzt werden: Während in den Gemein-den, die am wenigsten Kontrollmechanismen durchführen, Schadensfälle in 31 Prozente der Fälle auftreten, reduziert sich das Risiko eines Schadenfalls bis auf rund 15 Prozent in den Ge-meinden, die die meisten Kontrollmechanis-men verwenden.

(Visited 142 times, 1 visits today)

Weitere Artikel zum Thema