Wertgenerierende Komponenten von Geschäftsmodell und User Journey

Für die Beurteilung des Stellenwertes von Qualitätssicherung und Instandhaltung ist es relevant, deren Stellenwert im Geschäftsmodell, ihren Einfluss auf den Business Value und auf die Kundenerlebniskette zu verstehen und zu bewerten. Damit wird die Grundlage geschaffen, um Qualitätssicherung und Instandhaltung als wert￾generierenden Faktor in Geschäftsmodellen zu etablieren.

Wertgenerierende  Komponenten von  Geschäftsmodell  und User Journey

 

 

Garantierte, definierte Qualität ist bei vielen Produkten und Dienstleistungen eine grund￾legende Anforderung seitens Kunden und Nutzern. Qualitätssicherungsstrategien, wel￾che die Qualität in Entwicklung, Produktion, aber auch im Betrieb sicherstellen, erhalten daher vermehrt eine strategische Bedeutung. Dabei ist es für Unternehmen entscheidend, insbesondere dort genügend in Qualität zu investieren, wo eine potenzielle Nichterfül￾lung der Kunden- und Nutzerbedürfnisse den grössten negativen Impact hätte oder – positiv formuliert – wo mit der Sicherstellung von Qualität entlang der Kundenerlebnis￾kette der grösste positive Wert geschaffen werden kann.

 

Qualitätssicherung bei physischen Produkten und Dienstleistungen Daher spielt die Qualitätssicherung sowohl bei rein physischen Produkten, wie beispiels￾weise einem Getriebe, als auch bei reinen Dienstleistungen, wie der Leistung eines Be￾treibers im öffentlichen Verkehr, eine zentra￾le Rolle.

 

Bei physischen Produkten muss die Qua￾lität typischerweise vor der Auslieferung an den Kunden sichergestellt werden. Einmal ausgeliefert, sinken die Einflussmöglichkeiten auf die Qualität. Diese lässt sich während der Nutzungszeit nur noch dadurch aufrechterhal￾ten, wenn geeignete nachgelagerte Massnah￾men der Instandhaltung durchgeführt werden.

 

Bei Dienstleistungen steht die Qualität des bezogenen Services und damit direkt das Kundenerlebnis im Zentrum. Dienstleis￾tungsqualität bedeutet die Erfüllung eines gewissen Grades der Kundenerwartungen mittels zumeist intangiblen Leistungen. Da￾bei kann die Qualität anhand dreier Dimensi￾onen beurteilt werden:

 

  1.  Anhand der Leistungspotenziale des An￾bieters wie seiner sachlichen, organisato￾rischen oder persönlichen Fähigkeiten
  2. Anhand des eigentlichen Erstellungspro￾zesses bzw. der dabei relevanten Quali￾tätsmerkmale (wie beispielsweise Ge￾schwindigkeit oder Präzision)
  3. Anhand des Ergebnisses nach Abschluss der Dienstleistungserstellung

 

Diese drei Dimensionen – Potenzial, Prozess und Ergebnis – zeigen, dass die Dienstleis￾tungsqualität einen unmittelbaren Bezug auf die individuelle Erwartungshaltung des je￾weiligen Kunden hat. Daher machen Quali￾tätsbemühungen insbesondere da Sinn, wo der Business Value entlang der User Journey maximiert werden kann.

Qualitätssicherung bei hybriden Produkten
In fast allen Branchen sind mit zunehmender Häufigkeit Bündel an Sach- und Dienstleis￾tungen anzutreffen: Bei Produkt-Service￾Kombinationen werden physische Produkte um einen fest integrierten Dienstleistungsbe￾standteil ergänzt. Damit kann der Kunden￾nutzen durch die umfassendere Lösung des Kundenproblems maximiert werden (Servi￾tization). Mit dem Leasing eines Autos sind beispielsweise häufig neben der eigentlichen Nutzung des Fahrzeuges weitere immateriel￾le Leistungen wie Services und Versicherun￾gen eingeschlossen. Die Ergänzung des physi￾schen Produktes um Dienstleistungen integ￾riert somit die Dimensionen der Dienstleis￾tungsqualität in das physische Produkt. Auf diese Weise wird die vom Kunden wahrge￾nommene Qualität und der Nutzen über den Nutzungszyklus des Autos optimiert.

 

Noch einen Schritt weiter gehen hybri￾de Produkte. Diese ergänzen Produkt-Ser￾vice-Kombinationen um IT-Komponenten. IT-Soft- und Hardware sind gewissermassen der Klebstoff, welche das physische Produkt mit den Dienstleistungen komplementär ver￾bindet. Der kundenindividuelle Mehrwert im Sinne von Servitization lässt sich in vielen Fällen erst mit IT effektiv erreichen: Statt lo￾kal und analog kann global und digital auf das Produkt und das Kundenerlebnis Einfluss ge￾nommen werden.

 

In Bezug auf die Qualitätssicherung bieten hybride Produkte bzw. deren IT-Kom￾ponenten die Möglichkeit, die Qualität wäh rend der Nutzung punktuell, sequenziell oder durchgängig zu mes￾sen und allenfalls Massnahmen zu deren Sicherung einzuleiten. Da￾mit wird Qualität und Instandhaltung inhärenter Bestandteil des Wertangebotes eines Produktes.

Qualitätssicherung und Instandhaltung in klassischen Geschäftsmodellen
Mit einer digitalen Komponente und abgestimmten Dienstleistun￾gen lassen sich physische Produkte zu hybriden Produkten transfor￾mieren. Sensorik, Konnektivität und softwareseitige Auswertung sind Voraussetzungen für Geschäftsmodelle, in welchen die Quali￾tätssicherung einen zentralen und wertgenerierenden Anteil haben soll.

 

Klassischerweise werden Instandhaltungsstrategien – als Bün￾del der nachgelagerten Qualitätssicherungsmassnahmen – der Di￾mension «Wertschöpfungskette» eines Geschäftsmodelles zugeord￾net. Die Wertschöpfungskette bezeichnet jene Aktivitäten, Ressour￾cen und Fähigkeiten, die notwendig sind, um ein Produkt oder eine Dienstleistung herzustellen und zu warten.

 

Neben Produktivitätssteigerungen und Kostenoptimierungen in dieser Dimension, beispielsweise aufgrund eines effektiveren und effizienteren Einsatzes von Anlagen, Fahrzeugen oder Personal, eröff￾nen sich aus der Wertschöpfungskette auch direkte Umsatzpotenziale in Zusammenhang mit quantitativen Angebotserweiterungen auf￾grund erhöhter Verfügbarkeit.

Instandhaltung als wertgenerierendes Kernelement von Geschäftsmodellen
Neben diesen grundlegenden Effekten kann Qualitätssicherung und Instandhaltung die Voraussetzungen für innovative Geschäfts￾modelle mit weitergehenden Nutzenversprechen und Ertragsme￾chaniken schaffen: Geschäftsmodelle, welche die tatsächliche Nut￾zung des Produktes («pay per use»/«usage based»), die tatsächlich erbrachte Leistung des Produktes («performance-based») oder die tatsächliche Verfügbarkeit des Produktes («guaranteed availability») im Fokus haben.

 

In diesen Geschäftsmodellen ist Qualitätssicherung und In￾standhaltung kein Randthema, sondern fester Bestandteil und Vor￾aussetzung für Umsetzbarkeit und Kundenakzeptanz. Instandhal￾tung sorgt dafür, dass die drei Dimensionen von Dienstleistungsqua￾lität – Potenzial, Prozess und Ergebnis – eine positive Auswirkung auf die Kompetenzvermutung des Kunden respektive das Kompetenz￾versprechen des Anbieters haben. Investitionsentscheide in bestimm te Instandhaltungsarten lassen sich damit anhand des potenziellen
Business-Values entlang der User Journey begründen.

Vorausschauende Instandhaltung und das Internet der Dinge
Mit seiner Eigenschaft, physische Dinge in die digitale Welt zu integ￾rieren und deren «Leistungen» zu maximieren, spielt das Internet der Dinge (IoT) für Geschäftsmodelle eine zentrale Rolle, welche auf der effektiven Nutzung, Leistung oder Verfügbarkeit von Produkten beru￾hen. Auch Predictive Maintenance als «Königsdiziplin der Instandhal￾tung» lässt sich erst mit der Bestückung oder Überwachung von phy￾sischen Dingen mit Sensoren sowie dem Einsatz von Konnektivität mit Software und digitalen Services in der Breite realisieren.

 

Jedoch gilt es, bei der Planung der nachgelagerten Qualitäts￾sicherung das Kosten-Nutzen-Verhältnis von vorausschauender War￾tung mit der reaktiven, der zeit-, nutzungs- oder zustandsabhängigen Instandhaltung zu vergleichen und zu bewerten. Investitionen in einen jeweils höheren Reifegrad der Instandhaltung lohnen sich nur, wenn die Qualitätssicherung in Bezug auf das Geschäftsmodell und die Sicherstel￾lung eines besseren Kundenerlebnisses genügend Wert generiert.

 

Für den Entscheid des richtigen Instandhaltungsmixes spielen also neben technologischen Überlegungen insbesondere die Einbet￾tung der Instandhaltung in das Geschäftsmodell und den unterstüt￾zenden Beitrag auf das Nutzenangebot und die Gewährleistung der Kundenerlebniskette eine zentrale Rolle.

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