Von GRI G4 zu den GRI-Standards
Die Nachhaltigkeit hat sich in den letzten Jahren zum relevanten Aspekt der Unternehmensberichterstattung entwickelt. Anspruchsgruppen erwarten heute, dass Unternehmen Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung übernehmen und einen angemessenen Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen wie Klimawandel, Migration, demographische Entwicklung, Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung leisten.
Dass die Unternehmen versuchen, den Ansprüchen an mehr Verant-wortung gerecht zu werden, zeigt auch die steigende Anzahl publi-zierter Nachhaltigkeitsberichte. Lag diese noch im Jahr 2000 bei we-nigen hundert Berichten, stieg sie bis 2015 auf über 5000, wie es Gra-fik 1 eindrücklich zum Ausdruck bringt.
In der Schweiz berichteten 2015 142 Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsleistung (BSD 2016). Im deutschsprachigen Raum fol-gen 68 % der Unternehmen den Richtlinien der Global Reporting Ini-tiative (GRI), sieben Prozent halten sich teilweise an GRI und lediglich 25 % der Berichte haben keinen GRI-Bezug. Fazit: Der Grossteil der berichterstattenden Unternehmen nutzt GRI.
Die Global Reporting Initiative (GRI)
Die Global Reporting Initiative hat die Nachhaltigkeitsberichterstat-tung so stark geprägt wie keine andere Organisation weltweit. Seit 1997 erstellt sie in einem globalen Multi-Stakeholder-Dialog das in-ternational am weitesten verbreitete Rahmenwerk zur Nachhaltig-keitsberichterstattung. Mit G4, der vierten Generation ihrer Be-richtsleitlinien, hat sie im Mai 2013 die bis anhin aktuellste Fassung ihres Leitfadens vorgelegt. Im Zentrum stand damals die Anforde-rung, dass Unternehmen über jene Themen Auskunft geben, bei de-nen sie die grössten sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen haben und bei denen hohe Stakeholdererwartungen bestehen. Mit dieser sogenannten Wesentlichkeitsanalyse, die jedem Bericht zugrunde liegen soll, wurde damals die strategische Bedeu-tung des Berichtsprozesses gestärkt. Nun hat GRI im Oktober 2016 die jüngste Weiterentwicklung der Richtlinien veröffentlicht. Aus den GRI-G4-Leitlinien zur Berichterstattung werden die GRI-Stan-dards.
Der neue Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Schon die Namensgebung bringt zum Ausdruck, dass neben dem Ruf nach Vergleichbarkeit und einer allgemeinen Stärkung der Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch jenem nach einer Standar-disierung nachgekommen werden soll. Die Entwicklung der neuen Standards wurde vom neu gegründeten, unabhängigen Global Sustainability Standards Board geleitet. Ziel war eine flexible und zu-kunftsfähige Struktur. Statt der bisherigen zwei Dokumente bestehen die GRI-Standards aus einer Vielzahl einzelner, untereinander ver-knüpfter Standards, die es ermöglichen, in Zukunft Anforderungen einzeln aktualisieren und erweitern zu können.
Die Konzepte, Prinzipien und die meisten Angaben haben sich nicht geändert. Der Inhalt hingegen wurde neu in einer modularen Struktur angeordnet: Drei universelle Standards beinhalten die An-forderungen an die Offenlegung für alle Unternehmen, die nach GRI berichten. Insgesamt 33 themenspezifische Standards bieten die kon-kreten Angaben, mit denen das Unternehmen seine Nachhaltigkeits-leistung messen und berichten kann.
Was bedeutet dies für berichtende Unternehmen?
Unternehmen, die nach GRI berichten, kommen nicht umhin, sich mit den neuen Standards auseinanderzusetzen. Auch wenn vieles gleich bleibt und das neue Format neben der Flexibilisierung wei-tere Vorteile bringt, sind es die Details (siehe Kasten), die in der Umstellung Beachtung erfordern. Für Unternehmen, die bereits nach GRI berichten, empfiehlt sich die Durchführung einer Analy-se der Lücken (Gap-Analyse), um zu prüfen, inwiefern die bereits berichteten Angaben angepasst oder erweitert werden müssen. Die Gap-Analyse ermöglicht es, einen informierten Entscheid zu treffen, ob und wann die Umstellung auf die neuen GRI-Standards stattfinden soll und welche Ressourcen diese benötigt. Als Frist zur Umstellung von G4 auf die neuen Standards gilt der 1. Juli 2018.
Das Feld der Nachhaltigkeitsberichterstattung bleibt in Bewegung
Die Standardisierung der GRI-Vorgaben zur Nachhaltigkeitsbericht-erstattung geschieht in einem sehr dynamischen Umfeld. Zunehmend verpflichten neue Regulierungen die Unternehmen dazu, über ihre nicht-finanziellen Kennzahlen zu berichten. Dies birgt das Risiko, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu einer Compliance-Übung verkommt. Gleichzeitig wird jedoch der Ruf nach einer ver-besserten Berichtsqualität und einer höheren strategischen Relevanz der Nachhaltigkeitsberichte lauter. Zahlreiche weitere Initiativen un-terstützen diese Trends, so zum Beispiel das Rahmenwerk zur integ-rierten Berichterstattung des IIRC, das Rahmenwerk der Sustainable Development Goals der UN oder die Methoden für Science Based Tar-gets (WRI/WWF, UNGC, CDP), mit denen Unternehmen ihre Klima-ziele wissenschaftsbasiert aus den globalen Klimazielen ableiten kön-nen. In diesem Kontext ist GRI ein wichtiges Element, das erlaubt, die Berichterstattung systematisch aufzubauen und das gleichzeitig an-schlussfähig ist an die anderen Initiativen.
Durch die Standardisierung gewinnt GRI weiter an Relevanz. Der Standard der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird also zum Standard. Für diejenigen, welche sich mit der Erstellung eines ers-ten Nachhaltigkeitsberichtes befassen, empfiehlt es sich, direkt mit der Berichterstattung gemäss den neuen GRI-Standards zu begin-nen. Wer hingegen bereits jetzt über einen Nachhaltigkeitsbericht nach GRI verfügt, tut gut daran, im Rahmen einer Gap-Analyse sorgfältig zu prüfen, was die Umstellung für das Unternehmen be-
deutet.