Vertrauen ist gut, Kontrolle besser

Zur Qualitätssicherung ist die Einhaltung von Standards nicht nur im technischen Bereich erforderlich. Auch für Verwaltungs-arbeiten bedarf es klarer Normen und der üblichen Toleranz-grenzen. Sowohl Mitarbeiter als auch Kunden müssen aber darüber informiert werden.

Vertrauen ist gut, Kontrolle besser

 

 

Das Wort «Kontrolle» hat für Mitarbeiter meist einen negativen Beige-schmack. Es bedeutet «Fehlersuche, Misstrauen, Überwachung». Mit-arbeiter klagen gelegentlich, dass sie zu häufig kontrolliert werden und betrachten das als Einmischung in ihr Aufgabengebiet. Besonders die qualifizierten Mitarbeiter fühlen sich überkontrolliert, während jüngere Mitarbeiter in der Einarbeitungsphase mehr Verständnis für Kontrollmassnahmen des Vorgesetzten haben und eine Rückmel-dung für ihre berufliche Weiterbildung sogar begrüssen. Ein positives Verständnis erreicht der Vorgesetzte, wenn er die Vorteile der Kont-rollen betont (Best Case) und diese den Nachteilen bei Nicht-Kontrol-le (Worst Case) gegenüberstellt. Bei der Kontrolle geht es im Rahmen des Qualitätsmanagements vielfach um die Einhaltung festgelegter Abgabetermine. Nicht nur abgeschlossene Arbeiten, auch Zwischen-ergebnisse werden kontrolliert, damit man bei erkennbaren Verzöge-rungen gleich aktiv werden kann. Kontrollen sind ein Signal, dass die Arbeit des Mitarbeiters einen gewissen Wert hat, denn was nicht überprüft wird, hat auch keine besondere Bedeutung, wird weniger ernst genommen. Der Prüfvorgang gibt dem Mitarbeiter das Gefühl, etwas Wichtiges zu tun und er wird sich entsprechend einsetzen. Kennt er die Kontrollpunkte und weiss, was wann geprüft wird, kann er sich einen eigenen Check-up erstellen.

Was erlaubt ist und was nicht
Vorgesetzte können zwar ihre Mitarbeiter kontrollieren oder prüfen, ob sie sich an die arbeitsvertraglichen Regeln halten, allerdings setzt ihnen das Arbeitsrecht Grenzen. Im Schweizer Arbeitsgesetz (Art. 26 ArGV 3) heisst es:

 

  • Überwachungs- und Kontrollsysteme, die das Verhalten der Arbeit-nehmer am Arbeitsplatz überwachen sollen, dürfen nicht einge-setzt werden.
  • Sind Überwachungs- oder Kontrollsysteme aus anderen Gründen erforderlich, sind sie insbesondere so zu gestalten und anzuordnen, dass die Gesundheit und die Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer dadurch nicht beeinträchtigt werden.

 

Kontrollen, die nicht erlaubt sind, dürfen nicht zum Beweis des Fehl-verhaltens, zur Kritik oder Abmahnung eines Mitarbeiters genutzt werden. Ausnahmen können etwa dann bestehen, wenn es um die Aufdeckung von Straftaten geht.

Eigen- oder Fremdkontrolle?
«Fremdkontrolle» heisst, dass der Vorgesetzte die Kontrolle selbst vornimmt. Bei der «Eigenkontrolle» kontrolliert der Mitarbeiter an-hand bestimmter Vorgaben sich selbst, dies stärkt seine Eigenver-antwortung und erhöht sein Engagement. Wer selbst sein Arbeitser-gebnis anhand festgelegter Kriterien prüft, kann Mängel selbst fest-stellen und sie in Ordnung bringen, bevor es zur Kritik vom Vorge-setzten kommt. Andererseits setzt Eigenkontrolle voraus, dass man einen Fehler selbst erkennt und weiss, wie er beseitigt wird. Wer diese Verantwortung übernimmt, steht unter Druck. Wie intensiv Kontrollen erfolgen, hängt vom Leistungspotenzial des einzelnen Mitarbeiters ab. Zur Mischform zwischen Eigen- und Fremdkontrol-le kommt es, wenn die Arbeiten der Mitarbeiter miteinander ver-zahnt sind, ineinander übergreifen. Der Vorgesetzte kann nach Ab-sprache vereinbaren, dass der Mitarbeiter ihm Informationen über den Zwischenstand der Arbeiten gibt. Markante Kontrollpunkte zwischendurch (sogenannte «Meilensteine») werden dem Mitarbei-

 

«Kontrollen sollen dem Mitarbeiter die Verantwortung nicht entziehen, ihn nicht entmündigen.»

 

ter mitgeteilt, damit er schnell erkennt, ob er Grenzwerte bei Termi-nen, Arbeitszeiten, Materialverbrauch und Qualitätsanforderungen überschreitet. «Eigenkontrolle» verlangt viel Vertrauen in die Mitar-beiter, die ihre Arbeitsergebnisse selbst kontrollieren und die Ver-antwortung für ihr Tun alleine tragen. Wer eigenverantwortlich ar-beitet, überprüft seine Ergebnisse auch anhand eines Zeitplans und der Vorgaben.

 

Kontrollen sollen dem Mitarbeiter die Verantwortung nicht entziehen, ihn nicht entmündigen. Am besten betrachtet er seinen Chef als Coach, der ihm zur Seite steht. Spürt er das Vertrauen seines Vorgesetzten, werden die sonst so unangenehmen Kontrollen eher akzeptiert.

Zu wenig Kontrolle – zu viel Kontrolle?
Für Vorgesetzte ist Kontrollieren genauso unangenehm wie für die Mitarbeiter. Denn das Unterordnungsverhältnis kommt dabei unab-sichtlich zum Ausdruck, die Oberen als Kontrolleure und die Unteren als die Kontrollierten.

 

Aber wer sagt denn, dass bei Kontrollen immer Missstände auf-gedeckt werden, dass es zu Kritik und Beschwerden kommt? Sollten Kontrollen zu positiven Resultaten führen, erwartet jeder eine kurze Bestätigung, vor allem dann, wenn jemand seine Leistung im Vergleich zu früher deutlich gesteigert hat. Insoweit wird bei Kontrollen auch das Bedürfnis der Mitarbeiter nach Anerkennung berücksichtigt.

 

Art und Häufigkeit der Kontrolle richten sich nach dem Entwick-lungsstand und den Fähigkeiten des Mitarbeiters. Kontrollen erfolgen idealerweise zu vereinbarten Zeiten und in Anwesenheit des Mitarbei-ters. Bewährt hat sich auch die Methode AUGE: A=Abweichung von Vorgaben feststellen, U=Ursache ermitteln, G=Gespräch zur Verbesse-rung führen, E=Erreichen des Zieles prüfen. Gibt es längere Zeit keine Fehler, kann man die Kontroll-Intervalle ändern oder nur Stichproben machen. Wo Initiative und Eigenständigkeit bei Mitarbeitern spürbar sind, kann man auf lückenloses Kontrollieren verzichten. Der Auf-wand einer Kontrolle muss auch vertretbar sein, wenn man Verständ-nis vom Team haben will.

Ergebnis- oder Verhaltenskontrolle?
Erfahrungsgemäss lassen sich Mitarbeiter nicht so gerne während der Arbeit beobachten. Das führt bei jüngeren Mitarbeitern zu Lampen-fieber und kann verunsichern. Die Mitarbeiter machen sich auch un-tereinander auf z.B. umständliches Arbeiten aufmerksam oder bei Terminüberschreitung. Bemerkt ein Mitarbeiter den Fehler des Kolle-gen, greift er gleich ein und wartet nicht ab, bis die Arbeit vollendet ist. Die Kollegen schalten sich ein und geben Tipps. Dies ist eine Art Ver-haltenskontrolle, die anders wirkt, als wenn der Vorgesetzte sie vor-nimmt. Verhaltenskontrolle wird akzeptiert, wenn die umständliche Arbeitsweise dem Mitarbeiter selber auf die Nerven geht. Trotzdem kann aber auf Verhaltenskontrolle «von oben» nicht immer verzichtet werden, wenn sich der Kollege uneinsichtig zeigt.

 

In den meisten Betrieben werden nur Arbeitsergebnisse kont-rolliert. Je mehr Freiheit der erfahrene Mitarbeiter in der Wahl seiner Verhaltensweisen hat, umso mehr Initiative und Leistungsbereit-schaft wird er entwickeln. Vorteile der Ergebniskontrollen: Sie för-dern Initiative und Kreativität

Gerechtigkeit
Oberstes Prinzip ist die Gleichbehandlung aller im Team, sodass jeder in gleichem, angemessenem Umfang beobachtet wird. Leistungs-schwache dürfen nicht durch auffällig häufiges Einmischen blossge-stellt, und abgewertet werden. In solchen Fällen ist es besser, einen Kollegen zur Mithilfe aufzufordern. Bei der Einarbeitung eines Neuen ist Kontrolle als «Einweisung, Anleitung, Hilfestellung» zu sehen.

 

Werden Fehler bei der Kontrolle festgestellt, besteht Handlungs-bedarf und der Einstieg in ein Feedbackgespräch beginnt. Im Gegen-satz zur Kritik wird beim Feedback der Fehler nur beschrieben, nicht bewertet. Ein konstruktives Feedback ersetzt das Kritikgespräch und erleichtert den Mitarbeitern die Einsicht, dass Kontrollen nötig sind und sie sich verbessern müssen. Zuerst wird der Tatbestand des fest-gestellten Fehlers bei der Kontrolle benannt. Dann werden die Ursa-che geklärt und Lösungsmöglichkeiten besprochen. Folgen eines nachgewiesenen Fehlverhaltens können je nach Ausmass zur Kritik oder Abmahnung führen.

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