Unternehmensqualität wirkt

Die Metaanalyse der aktuellen Strategischen Managementliteratur zeigt praktisch übereinstimmende Inhalte, die zum langfristigen Unternehmenserfolg beitragen. Doch wie steht es um die Erfolgswirksamkeit der Inhalte des EFQM Excellence Modells? Sind sie wissenschaftlich nachweisbar?

Unternehmensqualität wirkt

 

 

 

A llen Definitionen von Qualität ist gemeinsam, dass Qualität sich immer auf klare Anforderungen bezieht. In der Messung, Bewertung und Beurteilung von Qualität muss immer der Erfüllungsgrad der gestellten Anforderungen im Mittelpunkt stehen. Ähnliches gilt für den Begriff «Unternehmensqualität»: Anforderungen kommen von allen relevanten Interessengruppen: Mitarbeiter, Kunden, Eigentümer, Lieferanten/ Partner, Gesellschaft. Hohe Unternehmensqualität bedeutet somit ein umfassendes, langfristig orientiertes Erfüllen der Anforderungen aller Interessengruppen in ausgewogener Form.

TQM und Business Excellence

 

Der überwiegenden Mehrheit der Literatur entsprechend ist Total Quality Management (TQM) der Ursprung des heutigen Excellence Gedankens. Der Begriff Business Excellence stellt eine Weiterentwicklung des TQM-Gedankens bzw. einfach eine Umbenennung

 

TQM und EFQM – gleiche Basis

 

dar, denn die Grundgedanken (ganzheitlicher Ansatz, Stakeholderorientierung, aktive Mitwirkung der Führung etc.) blieben gleich. Unternehmensqualität ist die deutsche Übersetzung des englischen Begriffes Business Excellence. Das European Foundation for Quality Management (EFQM) Excellence Modell kann hierbei als Bindeglied bzw. als Veranschaulichung der Entwicklung gesehen werden, denn zu Beginn (90er-Jahre) wurde dieses als TQM-Modell definiert. Im Laufe der Zeit wurde es jedoch immer häufiger als Business Excellence Modell bezeichnet.

Einflussvariablen auf den «Unternehmenserfolg»

 

Das Ziel der diesem Artikel zugrunde liegenden Dissertation war die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Unternehmensqualität. Die zentrale Frage dieser Arbeit lautete: Welche Variablen stehen in einem positiven Zusammenhang mit Unternehmenserfolg?

 

Dazu wurde eine Metaanalyse der strategischen Management-Literatur durchgeführt. Eine Metaanalyse analysiert bestehende Studien und verwendet deren empirische Ergebnisse. Bei der Suche nach den Begriffen Erfolg und Unternehmen wurden weltweit 3455 wissenschaftliche Publikationen gefunden. Diese Studienanzahl wurde anhand von Kriterien wie zum Beispiel Journalqualität, empirische Daten, Publikationstermin auf 249 Artikel reduziert. Darin wurden 85 Variablen regelmässig verwendet. Von denen haben sich 25 Variablen als hoch signifikant im Zusammenhang mit Unternehmenserfolg herausgestellt (Grafik 1). Im Durchschnitt fliessen Daten von 8500 Unternehmen pro Variable in diese Analyse ein.

 

Diese 25 hoch erfolgsrelevanten Variablen sind in drei Gruppen aufgeteilt (Grafik 2). Die erste beschäftigt sich mit der Perspektivenklarheit des Unternehmens. Diese Erfolgsvariablen geben das Zielsystem des Unternehmens vor, also jene Leitlinien und Werte, an denen sich das operative Geschäft und die Abläufe im Unternehmen orientieren sollten. Ambidexterity zum Beispiel bedeutet, dass ein Unternehmen gleichzeitig effizient und innovativ arbeitet, also eine Balance zwischen diesen beiden Widersprüchen schafft. Bei der Strategieklarheit geht es darum, wie konsequent eine Strategie verfolgt wird.

 

Eine weitere Gruppe von Erfolgsvariablen bezeichnet die Fähigkeiten der Organisation. Ein Beispiel dafür ist die Aufnahmefähigkeit des Unternehmens, also die Fähigkeit, den Wert von neuem, externem Wissen zu erkennen, dieses neue Wissen im Unternehmen zu verarbeiten und daraus Nutzen für das Unternehmen zu gewinnen.

 

Als dritte Gruppe werden jene Erfolgsvariablen zusammengefasst, die Aktivitäten von Unternehmen bezeichnen. Darunter fallen Erfolgsvariablen, wie die Aktive Personalgestaltung, welche sich mit der Aufnahme beziehungsweise Auswahl der Mitarbeiter, dem Anreizsystem sowie Schulungs- und Weiterbildungsmassnahmen derzeitiger und zukünftiger Mitarbeiter auseinandersetzt.

 

Diese drei Gruppen dürfen dabei nicht separat betrachtet werden, denn sie stehen in Wechselwirkungen zueinander. Es besteht jedoch ein starker Unterschied zwischen den drei Gruppen sowohl in der zeitlichen als auch in der kausalen Ausprägung der Wirkung. Das bedeutet, dass jene Erfolgsvariablengruppe mit der höchsten Korrelation zu Erfolg (Perspektivenklarheit) in der Wirkung auch am langfristigsten orientiert ist. Jene Kategorie, die am schnellsten wirkt (Aktivitäten), hat auch die geringste Korrelation zu Erfolg.

Vergleich mit dem EFQM Excellence Modell

 

Beim Vergleich zwischen den mit der Metaanalyse ermittelten 25 Erfolgsvariablen und den Inhalten des EFQM Excellence Modells

 

ErfolgsrelevanteVariablen

 

(Version 2010) zeigen sich erstaunliche Überlappungen. So werden 22 dieser 25 Erfolgsvariablen explizit im EFQM Excellence Modell angesprochen und 3 davon implizit. Zu letzteren gehören die Aufnahmefähigkeit, Ambidexterity und Lernfähigkeit des Unternehmens. Wissenschaftliche Managementliteratur und EFQM Excellence Modell beschäftigen sich demnach mit sehr ähnlichen Inhalten. Dies ist sehr interessant (und auch ein wenig überraschend), da es bei der Gestaltung des EFQM Excellence Modells nicht das Ziel war, die Managementliteratur widerzuspiegeln, sondern es ist ein reines Praktikermodell (von Praktikern – für Praktiker).

Der wirtschaftliche Nutzen einer EFQM Implementierung

 

Zur Untersuchung des wirtschaftlichen Nutzen des TQM Ansatzes bzw. des EFQM Excellence Modells wurde eine weitere Literaturrecherche durchgeführt. Die Suche ergab 15 Studien, die sich einerseits mit TQM, EFQM etc. und anderseits mit Unternehmenserfolg auseinandergesetzt haben. Dabei konnte keine einzige dieser Studien einen negativen Zusammenhang (zwischen TQM und Unternehmenserfolg) und 10 Studien einen signifikanten positiven Zusammenhang feststellen. Einige Auszüge aus den Ergebnissen dieser Artikel sind:

  • Die Unternehmen konnten nach dem Gewinn eines Awards hinsichtlich operativen Ergebnisses und Umsatzes stärker wachsen als die Kontrollgruppe. Ausserdem liegen Hinweise vor, dass die Award Winner die Kosten erfolgreicher kontrollieren (Hendricks & Singhal, 1997).
  • Die langfristige Performance der Unternehmen, die TQM implementiert haben, ist klar verbessert (Easton & Jarrel, 1998).
  • Die Ergebnisse zeigen insgesamt eine positive Beziehung zwischen der Implementierung von TQM und der Performance von Unternehmen (Kaynak, 2003).

 

Des Weiteren zeigen einige Studien (siehe Grafik 3) auch quantitative Performanceunterschiede auf. So zeigt eine von York und Miree (2004) in den USA durchgeführte Studie bei einem Vergleich der dortigen Preisgewinner mit einer Kontrollgruppe, wie sich das EBIT und der ROA absolut über 5 Jahre entwickelt haben. Bei der Kontrollgruppe wuchs das EBIT innerhalb dieser 5 Jahre um 47 Prozent, bei den Preisgewinnern allerdings um 146 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim ROA. Bei der Kontrollgruppe gab es ein Wachstum von 35 Prozent, bei den Preisgewinnern um 135 Prozent.

 

Ein ähnliches Bild bestätigen auch die Ergebnisse einer europäischen Studie (Corredor & Goni, 2011). Grafik 3 zeigt hier das durchschnittliche Wachstum pro Jahr über 5 Jahre: Die Gruppe der Preisgewinner schneidet sowohl für Rendite- als auch für Produktivitätskennzahlen deutlich besser ab als die Kontrollgruppe. So hatten die Preisgewinner im Jahresdurchschnitt beim Cashflow on Investment einen um 14 Prozent, beim Added Value per Employee einen um 24 und beim ROA um 49 Prozent höheren Wert.

Studie in Österreich

 

Da es zum Standort Österreich zu diesem Thema keine dem Autor bekannte Studie gab, wurde eine eigene dazu durchgeführt. So wurde im Jahr 2011 ein Fragebogen an österreichische Unternehmen ausgesendet, um damit den jeweiligen Grad der Unternehmensqualität und den Unternehmenserfolg zu erheben. Insgesamt haben 218 Unternehmen einen vollständig ausgefüllten Fragebogen zurückgesendet. Dabei hatten die Unternehmen im Durchschnitt 206 Millionen Euro Umsatz pro Jahr und im Durchschnitt 814 Mitarbeiter.

 

Zur Messung des Unternehmenserfolges wurde ein subjektives Erfolgsmass verwendet, das heisst, die Unternehmen wurden gefragt, wie gut ihr Unternehmen im Vergleich zu den Mitbewerbern in ihrer Branche bezüglich Ergebnis, Liquidität und Umsatz performt. Der Grad der Unternehmensqualität wurde erhoben, indem das EFQM Excellence Modell operationalisiert (in 56 Fragen zerlegt) und mit Hilfe eines Fragebogens abgefragt wurde. Grafik 4 zeigt den Zusammenhang zwischen dem Grad der Abweichung und des Erfolgs. Ergebnis: Je geringer die Abweichung (also je höher die Übereinstimmung mit dem Ideal des EFQM Excellence Modells), desto höher ist der Erfolg des Unternehmens. Dieser Zusammenhang ist hoch signifikant und das Beta zwischen diesen beiden Variablen beträgt –0,415. Dieses Ergebnis bestätigt, dass der Einfluss einer Implementierung mit dem EFQM Excellence Modell auf den Unternehmenserfolg – statistisch nachgewiesen – positiv und hoch signifikant ist.

 

Fazit: Wir können davon ausgehen, dass die Erfolgswirksamkeit der Inhalte des EFQM Excellence Modells wissenschaftlich erwiesen ist. Noch klarer zeigen sich die Ergebnisse bezüglich des wirtschaftlichen Nutzens einer TQM (bzw. EFQM Excellence Modell) Implementierung. So

 

Klarer Einfluss auf den Erfolg

 

kommen 10 von 15 hochwertigen wissenschaftlichen Studien zu der Erkenntnis, dass es einen klaren positiven Zusammenhang zwischen einer TQM-Implementierung und dem Erfolg von Unternehmen gibt. Die vom Autor selbst in Österreich durchgeführte Studie mit den Daten von 218 Unternehmen kommt zum gleichen Ergebnis. Kurz: Die konsequente Gestaltung der Unternehmensqualität hat einen eindeutig positiven Einfluss auf den langfristigen Erfolg.

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