Unfällen im Büro vorbeugen

Das Risiko, im Büro zu verunfallen, wird stark unterschätzt: In Realität ereignet sich mehr als die Hälfte aller Berufsunfälle in Dienstleistungsbetrieben. Grund genug für Personalverantwortliche und Geschäftsführende, sich auch in Bürobetrieben mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu befassen

Helme, Schutzbrillen und schwere Stiefel mit Stahlkappen – so schützen sich Bauarbeiter vor Verletzungen durch Geräte, herabfallende Gegenstände und Funken. Vorschriftsgemäss, denn auf Baustellen sind die Gefahren offensichtlich. In Dienstleistungsbetrieben sind die Gefahren dagegen oft weniger offensichtlich und werden daher auch oft unterschätzt. Dabei ist das Büro keineswegs eine unfallfreie Zone – im Gegenteil: Rund 55 Prozent aller Berufsunfälle ereignen sich in Dienstleistungsbetrieben. Am Büroarbeitsplatz selber kommen zudem Beschwerden hinzu, die spezifisch mit der sitzenden Tätigkeit zu tun haben, so etwa Rückenbeschwerden, Verspannungen sowie Sehnen- und Muskelleiden. In der Schweiz gehen rund 1,6 Millionen Arbeitstage pro Jahr allein durch Muskel-Skelett-Leiden verloren. Und Ausfälle von Mitarbeitenden wiegen vor allem für KMU schwer, denn vielfach bleibt die Arbeit liegen, es muss ein Ersatz eingestellt oder Überzeit durch andere Mitarbeitende geleistet werden. Diese Ausfalltage belasten Betriebe und Volkswirtschaft jährlich mit geschätzten 2,5 bis 3 Milliarden Franken. Den Arbeitgeber selbst kostet ein Ausfalltag rund 600 Franken.

Versteckte Gefahrenquellen

 

Der Dienstleistungssektor ist mit 2,8 Millionen Vollbeschäftigten mit Abstand der grösste Wirtschaftszweig. Dennoch werden Unfälle in Bürobetrieben – im Vergleich zu Branchen wie Bau oder Landwirtschaft – häufig bagatellisiert. Zu Unrecht, denn oft lauern Gefahren da, wo man sie nicht erwartet. Ein Drittel aller Verletzungen in Bürobetrieben entsteht durch Stolper- und Sturzunfälle. Die Gründe dafür sind vielfältig: So können lose Kabel, offene Schubladen und Schranktüren, glatte oder nasse Böden, defekte Bodenbeläge, unerwartete Schwellen oder Stufen, abgestelltes Material auf Treppen, fehlende Handläufe, schlechte Beleuchtung oder unachtsam abgestellte Aktenkoffer zu tückischen Stolperfallen werden. Auch fahrlässiges Verhalten der Mitarbeitenden führt immer wieder zu Unfällen: Wer etwa auf einen Bürostuhl mit Rollen steigt, um im obersten Fach einen Ordner zu greifen, riskiert tatsächlich Kopf und Kragen. Auch Fluchtwege oder Notausgänge müssen stets unbehindert begehbar sein – sie können sonst unter Umständen zu tödlichen Fallen werden. Mangelnde Bewegung, schlecht eingestellte Bürostühle und Pulte, falsch platzierte Bildschirme und eine nicht den Verhältnissen angepasste Organisation der Arbeit führen zunehmend zu muskuloskelettalen Beschwerden, Stress oder gar Burn-out.

Gesundheit am Arbeitsplatz ist Chefasche

 

In der Schweiz ist der Arbeitgeber vom Gesetz her verpflichtet, die Verantwortung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu übernehmen. Der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz wird im Arbeitsgesetz in Artikel 6 geregelt. Die Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz konkretisiert diese Anforderungen und umschreibt im Grundsatz in Art. 2: «Der Arbeitgeber muss alle Massnahmen treffen, die nötig sind, um den Gesundheitsschutz zu wahren und zu verbessern und die physische und psychische Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten.» Der Gesundheitsschutz ist dabei ein weitreichendes Thema und umfasst verschiedenste Themen wie Luftqualität, Raumklima, belästigenden Lärm, muskuloskelettale Beschwerden, psychische Belastungen sowie Arbeitsorganisation.

Risiken erkennen und vorbeugen

 

Eine wichtige Basis für Sicherheit und Gesundheit am Büroarbeitsplatz sind das Erkennen von möglichen Gefährdungen und Risiken im Betrieb sowie der Vorbeugung dieser. In Bürobetrieben gibt es beispielsweise die folgenden Gefahrenquellen:

  • Stolperstellen: Verletzungen durch Stolpern und Stürze, verursacht durch Kabelsalat, schlechte Beleuchtung, verstellte Gänge, nasse oder feuchte Böden
  • Rutschgefahr Böden: Verletzungen durch Ausrutschen und Stürze wegen nassen Bodenbelägen (Reinigung, Nässe oder Glatteis) 
  • Glastüren und Türen mit Glaseinsatz: Prellungen, Gehirnerschütterung oder gar Kopf- und Schnittverletzungen durch Hineinlaufen in Glastüren wegen schlechter Erkennbarkeit
  • Fluchtwege/Notausgänge: Verstellte, verriegelte oder nicht alssolche zu erkennende Fluchtwege/Notausgänge können zu Sackgassen und tödlichen Fallen werden
  • Treppen: Verletzungen durch Stürzen, Ausrutschen und Stolpern
  • Bildschirmarbeitsplätze: vorzeitige Ermüdung der Augen durch Blendung/Reflexion, Rücken-, Nacken- und Schulterbeschwerden durch Abdrehhaltung zum Bildschirm, einseitige Sitzgewohnheit, zu hoch aufgestellte Bildschirme oder durch schlecht eingestellte oder nicht einstellbare Stühle und Tische

 

Eine umfassende Liste zur Gefährdungsermittlung sowie Massnahmen, um den Gefährdungen vorzubeugen, bietet die Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS in ihren Broschüren «Gefährdungsermittlung» und «Unfall – kein Zufall» (abrufbar unter www.praevention-im-buero.ch).

Unterstützung für Unternehmen

 

Die Aktion «Prävention im Büro» der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS macht auf die oft unterschätzten Risiken in Unternehmen des Dienstleistungssektors mit Büroarbeitsplätzen aufmerksam. Sie unterstützt die Arbeitgeber dabei, ihre Verantwortung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz wahrzunehmen. Denn meist reicht ein kleiner Aufwand, um viel Nutzen zu schaffen.

 

Der Einsatz für mehr Sicherheit und Gesundheit im Büro lohnt sich.

 

Die EKAS hat dafür die notwendigen Präventionsinstrumente. So bietet beispielsweise die interaktive EKAS-Box (www.ekas-box.ch), ein gratis Online-Präventionsinstrument, Führungskräften und Mitarbeitenden auf unterhaltsame Weise praktische Tipps zu den Themen Ergonomisches Arbeiten, Unfallverhütung, Büroeinrichtung, Büroplanung, Arbeitsorganisation, Gebäude/Unterhalt und Selbstmanagement. In zahlreichen KMU, Grossunternehmen und öffentlichen Verwaltungen wird die EKAS-Box den Mitarbeitenden bereits als Präventionsinstrument zur Verfügung gestellt oder für interne Schulungen verwendet. Und der Einsatz für mehr Sicherheit und Gesundheit im Büro wird belohnt: mit leistungsfähigen Mitarbeitenden und weniger Absenzen.

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