Über die Rolle des Schweizer Notengelds

Die Schweizer Notenbank SNB brauchte über zwölf Jahre, um die neunte Notenserie zwischen Sicherheitsdruckerei, Notenschaltern und Automaten in die Wege zu leiten. Ebenso komplex war es für die zuständige Grafikerin, Manuela Pfrunder, mit der Schweizer Notenbank zu definieren, welche Details und Symbole schliesslich auf der neuen Notenserie Platz finden sollten.

Über die Rolle des Schweizer Notengelds

 

 

An sich sollten die neuen Noten 2015 verbrei-tet werden. Es brauchte jedoch eine ganze Weile für die Herstellung und Streuung der neuen Serie. Die Firma Orell Füssli Sicher-heitsdruck AG liess sich zeitweise durch «Pro-bleme» mit Lieferanten entschuldigen.

 

Seit einiger Zeit kursieren nun farben-frohe 50er-, 20er- und 10er-Noten. Die neun-te Serie soll nicht nur «blütensicher» sein, sie vermittelt die «Schweiz» als gut organisiertes, facettenreiches Land.

 

Die Produktion einer neuen Bank­ notenserie soll «jeweils stets moderner wir-ken als diejenige, die ersetzt wird. Gleichzei-tig wird jedoch erwartet, dass sich die Gestal-tung neuer Banknoten an althergebrach-ten und eben nicht-modernen Traditionen und Konventionen orientiert», beschreibt Manuela Pfrunder einen Wesenszug ihres langjährigen Projekts.

 

13 Jahre lang arbeitete die Designerin Manuela Pfrunder an der ganzen Produktion, bis die Schweizer Banknoten den letzten Schliff erhielten. Am Tag der Schweizer Qua-lität referierte sie über Redesign von Noten-geld und gegebene Richtlinien, die einen fort-schrittlichen Sicherheitsdruck erfordern.

 

Eidgenössische Tugenden
Einmal von logistischen und sicherheitsspe-zifischen Punkten abgesehen, war es schon schwierig, eine neutrale und dennoch ein-deutige Serie zu konzipieren. Manuela Pfrunder überzeugte die SNB mit ihren De- signs; doch stand sie vor einem inhaltlichen Paradoxon, was die Forderungen der Noten-bank anging:

 

«Nachbildungen von Passagen sollen unmöglich sein. »

 

«Jede Note muss reproduziert, generell in hohen Auflagen produziert werden kön-nen. Andererseits soll die Herstellung so schwierig sein, dass Nachbildungen von Pas-sagen beinahe unmöglich sind», gibt Manue-la Pfrunder Einblicke in ihre Arbeit. Trotz-dem stellte sich die junge Luzernerin mit 26 Jahren der Herausforderung, «etwas Neues zu machen – ohne etwas Neues zu machen», wie die SNB-Leitung sie 2005 bei der Ansicht ih-rer ersten Entwürfe briefte.

 

Allerdings, «Gestaltung ist ein Prozess», führte sie am Tag der Schweizer Qualität 2018 in ihre Arbeit ein. Bis der Bankrat der Schwei-zerischen Nationalbank sie mit der Weiter-entwicklung ihrer Entwürfe unter kapriziö-sen Bedingungen beauftragte, verstrich noch viel Zeit. Vom Ideenwettbewerb für eine Bank-notenserie zum Thema «weltoffene Schweiz», bei dem Manuela Pfrunder am 23. November 2005 zuerst mit dem 2. Preis ausgezeichnet wurde, bis zum Entscheid, Pfrunders beson-ders geeignete, eher kartografische Symbolik zu berücksichtigen, dauerte es noch weitere Monate.

 

Erst ab Februar 2007 erhielt die Desi­ gnerin und ein dreiköpfiges Grafik- und Tex-ter-Team den endgültigen Auftrag, sich der Konzipierung der neunten Notenserie wid- men zu können

 

Keine Persönlichkeiten
Wie es scheint, ist besonders eidgenössisches Papier geduldig. Allerdings, die SNB geht da-von aus, dass spätestens eine Note, die sonst auch Heiss-Wasch-Programmen standhält, nach 15 Jahren aus dem Verkehr gezogen wer-den muss. Je nach dem dient eine Note nur drei Jahre (siehe auch Box unten).

 

Die gegenwärtige Notenmixtur – wie sollte es denn auch anders sein – kennen nur drei Personen. Deshalb erhalten auch noch so investigative Köpfe keine weiteren Angaben darüber, welche Sicherheits-Elemente und -Details eigens für die Schweizer Scheine kombiniert wurden. Pfrunders Arbeits-gruppe setzte sich jedoch mit diversen An-wendungsmöglichkeiten, so auch mit den Sicherheitsmerkmalen der Banknoten «in ihrer ganzen Vielfalt und Breite», auseinan-der.

 

Die Designerin offenbart im Interview mit Management & Qualität: «Wir nutzten zum Beispiel den Hintergrund gleichsam als Anleitung, wie ein Sicherheitsmerkmal zu lesen ist.» Vordergründig sei es quintessen-ziell, dass die Notenstruktur nicht einfach von einem Geldfälscher von einer Stelle zur anderen kopiert werden könne.

 

«Daher weist der Hintergrund an je-der Stelle eine andere Strichzeichnung in einem Mikrokosmos auf», wie die Designe-rin ein Notencharakteristikum beinahe schon philosophisch beschreibt. «Solche De-tails haben wir auf die gesamte Notenfläche eingeflochten», erklärt sie.

 

Darüber hinaus lässt sich die Echtheit einer jeden Note durch entsprechende Effek-te überprüfen.

 

Auch andere schwieriger scheinende Grundvoraussetzungen beherrschten ihre identitätsstiftende Arbeit. «Nicht Personen, sondern Werke aus der Schweiz waren ge-sucht.» Die SNB begründet dies damit, dass Personen immer mit einem Rückblick in die Vergangenheit verbunden seien. Stattdessen wollte die SNB ein zukunftsorientiertes Bild der Schweiz als Ganzes vermitteln.

 

Globale Themen
«Zeit, Licht, Wind, Wasser, Materie und Spra-che – diese Protagonisten stellen allesamt gro-sse Themen dar, die sich nicht allein auf die Schweiz beschränken, sondern die ganze Welt umspannen», erläutert Manuela Pfrunder ein Konzept hinter den Schweizer Banknoten. Schliesslich sollte diese Idee mittels eines symbolischen Elements wie dem schimmern-den Globus Note um Note in die Welt hinaus-getragen werden.

 

Die Papierbögen, die jeweils an die Orell Füssli Sicherheitsdruck AG geliefert wer-den, erhalten erst in der Sicherheitsdruckerei das Antlitz einer eidgenössisch-strukturierten Note. Zuerst verarbeitet werden in der seit 2017 der SNB zugehörigen Firma LandQart Baumwollelemente. LandQart produziert mit-unter Spezialpapiere für Pässe.

 

Die Baumwollteilchen vermischt man mit weiteren Füll- und Farbstoffen und ei-nem Leim. Darauf hin werden Wasserzei-chen und Faden und das «dreischichtige Banknotensubstrat» (Sicherheitsmerkmale) in die Note eingefügt.

 

Die verwendeten Spezialfarben und -lacke in den Noten müssen gegen Strahlen und Säuren resistent sein. Daher waren so-wohl die sicherheitstechnische als auch die gestalterische Seite bei der neuen Notenserie bedeutend. Letztlich werden aus Ressourcen wie Baumwollresten, den sogenannten Kämmlingen, sowie aus typografischen Zei-chen hochbegehrte Noten.

 

«Somit ist Zeit Geld geworden»
Eigentlich liegt der Wert jeder Note in den Augen des Notenzahlers. Gleichwohl zeigen die Schweizer Noten eindeutige Charakteris-tika. Pfrunder schwebte bei den Notenen-würfen das Konzept einer «Welt als Bühne» (siehe z.  B. 20er-Noten-Ausschnitt oben) vor.

 

Beispielsweise ist auf der 10er-Note eine Zeit-zonenkarte, welche die Zeit in einen globalen Kontext rückt, und auf der 50er-Note werden gar weltweite Windverhältnisse veranschau-licht.

 

Auf jeder Notenvorderseite schwebt eine Weltkugel. Sie entspricht nicht nur einer karto-grafischen Darstellung, sondern dient weiteren Notentests. Kippt man nämlich eine Note von links nach rechts, ist ein schimmernder Schweif darüber zu sehen (eines von acht Sicherheits-merkmalen der neunten Serie). So rückte die Designerin einige symbolische Elemente in ei-nen globalen Kontext, um nicht nur Rück-schlüsse auf die Schweizer Geschichte zu schliessen.

 

Zum Thema Zeit bei der 10er-Note gerät die Designerin leicht ins Schmunzeln: «Zeit ist Geld. Dadurch, dass wir die Zeit bildlich auf der 10er-Note zum Thema machten, ist Zeit nun wirklich Geld geworden.»

 

Wenngleich die Relevanz von Geld in allen Industrieländern abnimmt, bleiben Schweizer Banknoten renommierte Zahlungs-und Wertmittel. Sie zeigen im internationalen Vergleich einen hohen Umlauf, obgleich Fak-toren wie Teuerungen sowie gesamtwirt-schaftliche Entwicklungen (Schweizer Fran-ken als Wertanlage, geringere Kassenhal-tungskosten, alternative Investments und Cryptowährungen etc.) mitspielen.

 

Trotz der Nutzung von Kreditgeld oder Bezahl-Apps möchten Herr und Frau Tout-le-monde nicht ohne Bargeld auskommen. Wel-chen Wert sieht eigentlich Manuela Pfrunder, seit 2007 Unternehmerin, in den von ihr ge-prägten Noten? «Ob nun viele Noten in Um-lauf sind oder nicht: Persönlich gesehen, bie-tet mir Bargeld Unabhängigkeit und Freiheit. Neuere Zahlungsmittel sind immer auch an Strom und weitere technische Eigenheiten gebunden. Eine Banknote halte ich in meinen blossen Händen.»

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