Schweizer Gefahrguttag im Verkehrshaus Luzern
Rund 230 Fachpersonen trafen sich zum jährlichen «Branchentreffen», dem Schweizer Gefahrguttag, im Verkehrshaus in Luzern. Neben vielseitigen Präsentationen bietet der Schweizer Gefahrguttag auch genügend Raum zu persönlichen Gesprächen und vertieften Diskussionen.
Der Präsident des VAG, Ernst Winkler, begrüsste die Teilnehmenden des Gefahrguttags aus der ganzen Schweiz und dem benachbarten Ausland zum «Klassentreffen» und informierte über den Ablauf des Tages. Die Vortragsreihe wurde eröffnet von Dieter Zaugg, EcoServe International AG, mit seinen Erläuterungen über Sonderabfälle im Gefahrgutrecht – Wege aus der Grauzone.
Es gibt praktisch kein Gewerbe, das keinen Sonderabfall hat, aber handelt es sich dabei auch um Gefahrgut? Diese Frage kann nur durch die Klassifizierung beantwortet werden. Ist der Sonderabfall auch ein Gefahrgut, so muss einerseits der Abfallcode gemäss VeVA zugeordnet
werden aber auch eine UN-Nummer und das ist gar nicht so einfach. Denn oft können einer Abfallart mehrere UN-Nummern zugeteilt werden oder umgekehrt.
Entscheidend dabei ist die Zusammensetzung und die Art der gefährlichen Inhaltsstoffe. Gefahrgutrechtlich sind die Abfälle zwar gleich zu behandeln wie Neuprodukte, dennoch kennt das ADR einige Befreiungen bzw. Erleichterungen. Nach der Kaffeepause wurden die Anwesenden mit den kommenden Änderungen des ADR und der SDR 2021 konfrontiert. Von David Manuel Gilabert, Bundesamt für Strassen (ASTRA), gab es bereits diverse Informationen dazu.
Gefährliche Güter in Geräten
Es kommen neue Vorschriften für «Gefährliche Güter in Geräten, die während der Beförderung verwendet werden (…)». Betroffen hiervon sind z.B. Container, welche zur Identifizierung/ Verfolgung mit Detektoren ausgerüstet sind, die wiederum Lithiumbatterien enthalten. Im
Zusammenhang mit der Beförderung von Lithiumbatterien wird es noch weitere neue Vorschriften (Verpackungsanweisungen, Sondervorschriften, Kennzeichnung) geben. Weiter kommen neue UN-Nummern für programmierbare, elektronische Sprengkapseln hinzu oder auch für medizinische Abfälle der Kategorie A. Wir dürfen also gespannt sein, wie das ADR 2021 im Detail aussehen wird.
Vor dem Mittagessen erläuterte Peter Hari, vom Schweizerischen Nutzfahrzeugverband ASTAG, seine Erfahrungen zur neuen ADR Fahrerausbildung.
Bereits seit dem 1. April 2017 sind keine Schulungsunterlagen mehr an der Prüfung erlaubt, lediglich noch Tabellen und die schriftlichen Weisungen. Ob dies nun praxisnah ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Zumal ein Nicht-Bestehen der Prüfung beinahe einem Berufsverbot gleichkommt. Dadurch sind die heutigen Kurse so ausgerichtet, dass die Teilnehmenden die Prüfung bestehen. Aber eigentlich müsste das Ziel sein, dass im Kurs die Inhalte sinnvoll erarbeitet werden können.
Mit einem sehr erfrischenden und zum Mitmachen animierten Vortrag, ging es nach dem Mittagessen weiter. Jürgen Werny, Ingenieurbüro Werny, ging auf die Änderung ADR 2019 ein und wollte jeweils vom Publikum wissen, nachdem nun Erfahrungen gesammelt worden sind,
ob es sich dabei um Schwachstellen oder Sternstunden handelt.
Batterien im Verkehr
Noch keine wirklichen Erfahrungen konnte mit den neuen UN-Nummer für Gegenstände mit Gefahrgut gesammelt werden, da diese noch bis Ende 2022 freigestellt befördert werden können. Dann läuft die Übergangsfrist aus. Man kann jedoch gespannt sein, was dann passiert, denn ab 2023 müssten z.B. wärmeerzeugende Einlagen für Schuhe oder auch kleine Transistoren nach ADR transportiert werden. Ebenfalls spannend wird es bereits per 1.1.2020. Dann nämlich braucht es für den Nachweis des UN 38.3 -Test (Lithiumbatterien) nicht nur ein Zertifikat zur Bestätigung, sondern eine ausführliche Prüfungszusammenfassung und dies rückwirkend für alle Batterien
getestet nach 2003.
Man hofft nun auf eine Verlängerung dieser Frist, da ohne diese Dokumentation ein Beförderungsverbot besteht. Es steht die Frage im Raum, was ist, wenn der Batterielieferant nicht mehr existiert?
Interessant waren die Einblicke in die Kontrollen der Kantonspolizei Zürich, vorgetragen von Stefan Bachmann. Gemäss Strassenverkehrskontrollverordnung, Strassenverkehrsgesetz und Polizeigesetz, ist die Polizei verpflichtet Verkehrskontrollen durchzuführen. Diese dienen der Aufrechterhaltung bzw. Erhöhung der Verkehrssicherheit. Im Jahr 2018 wurden schweizweit 90’500 Last- und Lieferwagen kontrolliert. Dabei kam es zu 20’000 Beanstandungen, wovon 238 Gefahrgutverstösse waren. Im Kanton Zürich betreffen die meisten Beanstandungen das Beförderungspapier und die Ladungssicherung. Bedenklich ist auch, dass die Chauffeure teilweise sehr lange benötigen um die schriftlichen Weisungen zu finden, obwohl sie diese vor der Beförderung zur Kenntnis nehmen müssen. Man stelle sich vor, es passiert etwas. Da hat man keine Zeit zu suchen.
Gefährliche Fahrmanöver
Es wurden Bilder aus der Praxis von mangelhaften Fahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen, nicht oder nur mässig gesicherter Ladung und gefährlichen Fahrmanövern auf der Autobahn gezeigt. Man ist froh, dass selten etwas Schlimmeres geschieht und das die Polizei ihrer Pflicht nachkommt und solche Transporte sehr genau unter die Lupe nimmt.
Am Ende der Präsentation wurden in einem Film die Auswirkungen des Durchstechens eines IBC mit einem Gabelstapler gezeigt. Erfolgt nach dem Durchstich ein Zurücksetzen mit dem Gabelstapler, entleert sich der IBC schwallartig. Damit der Schaden möglichst gering bleibt, sollte man die Gabeln im IBC belassen und die nötigen Massnahmen zur Alarmierung treffen.
Nach dem letzten Referat schloss Ernst Winkler den Schweizer Gefahrguttag mit einem Dankeschön an die Referenten, die Fachaussteller und Organisatoren der Veranstaltung ab.
Die Referate im PDF-Format sowie einige Impressionen vom 20. September 2019 sind auf der
VAG Homepage www.vag-schweiz.ch aufgeschaltet.
Der nächste Schweizer Gefahrguttag findet am 18. September 2020 wiederum im Luzerner Verkehrshaus statt.