Raus aus der Verschwendung im Führungsalltag
Verschwendung von Ressourcen schadet jedem Betrieb. Davon sind auch Führungs-kräfte nicht ausgenommen: Zu oft müssen sie ihre wertvolle Ressource Zeit für die verschiedensten Aufgaben in kleine Einheiten einteilen. Dies verunmöglicht effizientes Arbeiten. Der Autor zeigt auf, wie Lean Leadership Unternehmen voran-bringen kann.
Führungskräfte stehen in der heutigen hekti-schen Zeit unter grossem Druck. Die durch-schnittliche Wochenarbeitszeit liegt weit über der gängigen 42-Stunden-Woche und der Führungsalltag im Managementteam und in der Geschäftsleitung ist geprägt von unzähli-gen Meetings und Unterbrechungen, insbe-sondere in Form von E-Mails (Jürgens, 2000). Die Gründe dafür sind vielfältig: asynchrone Informationsverteilung (z.B. Abstimmungen und Informationsaustausch läuft ad hoc und nicht strukturiert), schlechte/unpraktikable Führungsinstrumente (z.B. keine Führungs-grundlagen vorhanden, falsche Anreize, feh-lende Visualisierung), keine oder schlechte Transparenz sowie viele unklare Verantwort-lichkeiten und Prozesse (Aufgaben, Kompe-tenzen und Verantwortungen sind seit Jahren ungeklärt) wie auch eine ungenügende Perso-nalentwicklung (dpa, 2013).
Darüber hinaus erhält die Führungs-kraft selten eine Reflexion bezüglich ihrer Führungsleistung und kann dadurch die eigene Arbeitsweise nur bedingt weiterent wickeln. Dies führt zu vielen Tätigkeiten, die eigentlich gar nicht im Stellenprofil der Füh-rungskraft sein sollten. Die Führungskraft be-findet sich im operativen Hamsterrad. Daraus resultiert die klassische Aussage: «Ich habe kei-ne Zeit.»
Die Realität ohne Lean Leadership
Hier setzt Lean Leadership an und unterstützt die Führungskräfte, sich auf die eigentliche Aufgabe eines Leaders zu konzentrieren: Die Entwicklung und Zukunftsgestaltung des Unternehmens. Folgende Zustände sind in Unternehmen ohne Lean Leadership oft zu beobachten:
- Das Managementteam und die Geschäftslei-tung sind mehr als vier Stunden pro Tag in Meetings.
- Die Führungskräfte erhalten mehr als 32 E-Mails am Tag.
- Der Arbeitsalltag der Führungskraft dauert mehr als 48 Stunden pro Woche.
- Während den Ferien und Absenztagen sind die Führungskräfte mit einem Bein im Be-trieb und bleiben per E-Mail und Mobil telefon mit dem Unternehmen verbunden. «Richtige» Ferien gibt es nur an Weihnach-ten am 25. und 26. Dezember.
- Die Mitarbeitendengespräche finden selten statt und die Weiterentwicklung des Perso-nals ist stark verbesserbar. Im Weiteren sind diese oft eine angeordnete Pflichtübung und bringen weder dem Vorgesetzten noch den Mitarbeitenden viel.
- Die Mitarbeitendengespräche finden selten statt und die Weiterentwicklung des Perso-nals ist stark verbesserbar. Im Weiteren sind diese oft eine angeordnete Pflichtübung und bringen weder dem Vorgesetzten noch den Mitarbeitenden viel.
- Die operativen Aufgaben prägen den Füh-rungsalltag.
- Die Planung bleibt oft auf der Strecke und/ oder die vorgenommenen Tagesaufgaben werden selten abgeschlossen. Stattdessen kommen immer nur neue Aufgaben hinzu.
Mehr qualitative Zeit
Durch den Einsatz der Lean-Leadership-Ansätze und -Methoden erhalten die Führungskräfte rund 20 bis 30% mehr «qualitative Zeit» und der Führungsaufwand kann sich durch die Reduktion der Verschwendungen im Führungsalltag weiter reduzieren. Lean Leadership ist kein Wundermittel, sondern setzt bei der Führungsleistung an. Dies bedeutet, dass das Führungsverhalten und der Führungsrhythmus sowie die Führungskultur angepasst werden. Die Veränderung beginnt zu aller erst bei der eigenen Person und endet im Führungsteam, welches die grösste Auswirkung auf alle anderen Mitarbeitenden in der Organisation hat. Lean Leadership ist eine Weiterentwicklung von bestehenden Leadership- Konzepten und zielt auf die «befähigen statt belehren»-Grundsätze ab (Liker and Convis, 2011). Dabei fokussiert Lean Leadership in einer ersten Phase auf die Reduktion der Verschwendungen im eigenen Führungsalltag. In einer zweiten Phase können Elemente aus Kata Coaching (Rother, 2009) integriert werden.
Unternehmen, welche die Führungsleistung weiterentwickeln und voranbringen, weisen eine deutlich höhere Leistungsperformance des gesamten Betriebes aus (Jones, Womack and Jones, 2006). Viel zu häufig werden grosse Lean-Initiativen gestartet, welche nach 6, 12 oder 24 Monaten wieder in der Talsohle versanden. Nun stellt sich die Frage, weshalb solche Entwicklungen zu beobachten sind? Wo ist der Zusammenhang zwischen Führungskraft und gelingender Projekte? Häufig können die Gründe auf ein paar wenige Punkte reduziert werden:
- Führungskräfte, die aufgrund von Überlastung ihre Vorbildfunk tion unzureichend ausfüllen (können) und die Disziplin nicht durchsetzen (können)
- Führungskräfte, die «keine Zeit» haben, um die Organisation zu entwickeln und dadurch die Etablierung neuer Routinen und Lean-Aktivitäten nicht genügend planen und strukturieren
- Bei Störungen oder nicht optimalen Veränderungen wird das Hand- tuch geworfen anstatt die Organisation mit diesen Inputs weiterzu-entwickeln
Durch den Einsatz von Lean Leadership werden diese Punkte direkt an-gegangen und bearbeitet.
Vorbildfunktion der Leader
Führungskräfte, die geforderte Werte und Standards nicht vorleben, haben im Betrieb wenig Wirkung: Wie soll ein Betrieb pünktlich seine Produkte ausliefern, wenn die Besprechungen und Meetings jeweils mit 10 Minuten Verspätung beginnen? Dazu kommt, dass die Füh-rungskräfte durch ihre offenen Kalender häufig fremdbestimmt sind und somit keine Zeit mehr haben, die Organisation weiterzuentwi-ckeln und an Verbesserungen für die Zukunft zu arbeiten. Durch den Einsatz eines zielorientierten Verbesserungsrhythmus, bspw. 10 % der totalen Arbeitszeiten im Betrieb für Verbesserungen reservieren, be-kommt das Unternehmen «Zeit», die Zukunft zu gestalten anstatt nur die Gegenwart zu verwalten. Dies ist ein langfristiges Investment und braucht auch Durchhaltewillen. Durch eine unzureichend strukturier-te Arbeitsweise – auch im Top-Management und in der Geschäftslei-tung – verliert das Unternehmen nicht nur wichtige Unternehmensres-sourcen, sondern hinterlässt auch frustrierte und somit erfolglose Mit-arbeitende. Mittels eines Transformationsplans oder einer Lean Road-map kann ein Betrieb auf mittlere und langfristige Sicht vorangebracht werden. Lean Leadership fungiert in diesem Zusammenhang als Kata-lysator und öffnet neue Chancen inner- und ausserhalb des Betriebes.
Take-home-message für die Führungskräfte
- Entstören Sie Ihren Arbeitsalltag, indem Sie bspw. feste E-Mail- oder Telefon-Zeiten definieren und sich daran diszipliniert halten.
- Entwickeln Sie einen zielorientierten Verbesserungsrhythmus für Ihre Organisation, bspw. jeder zweite Mittwoch ist ein Verbesse-rungstag oder jeden Tag zwischen 13 und 14 Uhr arbeiten alle Mitar-beitenden an Verbesserungen.
- Verfolgen Sie eine interne Zero-E-Mail-Strategie. Diese Vision wird Sie dazu anregen, die Verschwendungen durch E-Mails ernst zu neh-men und diese anzugehen, bspw. durch eine erste Analyse des Post-eingangs.
- Seien Sie geizig mit Ihrer Besprechungszeit und reduzieren Sie die Anzahl der Meetings um 50 %.
- Seien Sie Vorbild im und ausserhalb des Betriebes und entwickeln Sie mehrere störungsfreie Zonen während der Woche (Richtwert ca. 8 bis 16 Stunden).
- Gehen Sie bei den Verbesserungen voran und zeigen Sie ein grosses Commitment zur Entwicklung der Organisation und der Mitarbei-tenden. Stellen Sie bei Problemen die Weiterentwicklung in den Vor- dergrund und nicht das Verwerfen von Ideen.