Qualitätsmanagement am Zürcher Institut für Rechtsmedizin

Je länger, je lieber. Gut Ding will Weile haben. Oder vielleicht: Wer A sagt, muss auch B sagen? Es gibt eine Reihe geflügelter Worte, die den Weg zum elektronischen Qualitätsmanagement am Institut für Rechtsmedizin in Zürich umschreiben. Porträt einer Einführung mit Hindernissen.

Qualitätsmanagement am Zürcher Institut für Rechtsmedizin

 

 

Aktives Qualitätsmanagement bedeutet die bewusste Lenkung von Prozessen zum Zweck der kontinuierlichen Verbesserung. Lässt man sich bei dieser Arbeit von einem elektronischen Qualitätsmanager unterstützen, resultieren Zeitersparnis, Effizienzgewinn und im optimalen Fall die Fehlerquote Null.

 

Also, einfach zu lösen: Software- Optionen googeln, Produkt kennen lernen, kaufen und die Arbeit ist geregelt. Lorenz Rebmann, Informatik- Leiter am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRMUZH), weiss jedoch aus eigener Erfahrung: So einfach ist der Weg zum elektronischen QM dann doch nicht.

Methoden für Klarheit vor Gericht

 

Das IRM-UZH schafft als Institut der Universität Zürich Klarheit in gerichtlichen Fragestellungen. 160 Mitarbeitende an verschiedenen Standorten in Zürich, Winterthur und Luzern dienen der Justiz und Privatpersonen (zum Beispiel bei Vaterschaftsnachweisen) in den Bereichen Forensische Genetik, Forensische Pharmakologie & Toxikologie sowie Forensische Medizin & Bildgebung und Verkehrsmedizin & Forensische Psychiatrie.

 

Ende 2011 erhielt Lorenz Rebmann den Auftrag, das in die Jahre gekommene, papierbasierte IRM-Qualitätsmanagement zu digitalisieren. Als elektronischen Qualitätsmanager wählte Rebmann das Schweizer Produkt IQSoft. Erstes Ziel war die Re-Akkreditierung der Abteilung Forensische Genetik mithilfe der neuen Software. Rückblickend ist Lorenz Rebmann überzeugt von seinem damaligen Entscheid. Der Nutzen bezüglich Vollständigkeit und Zeitgewinn sei enorm. Doch die ersten Schritte waren mühevoll: «Wir hatten also plötzlich dieses Programm, das ich zunächst für die Dokumenten- und Datenlenkung einsetzen wollte. Ich wusste zudem, dass IQSoft noch weit mehr zu bieten hatte. Aber damit war erst einmal gar nichts gelöst.»

Ohne Konzept kein Erfolg

 

Rebmann drückt verdankenswerterweise offen aus, was viele Unternehmen bei der Einführung konsequenter QMs erleben, aber nur selten kommunizieren. Vor dem qualitativen Quantensprung steht Detailarbeit. Wichtige Schritte auf dem Weg zum Ziel: die Bestandsaufnahme der eigenen Situation und die Definition dessen, was man eigentlich will. Erst dann lassen sich Prozesse sauber definieren, modellieren und in Gang setzen. Hält der Anwender diese Reihenfolge nicht ein, mag der schnelle Kauf einer Software zwar als Motivator dienen. Doch die grundlegende Arbeit steht dann erst an.

 

Selbstverständlich hatte das IRMUZH auch vor 2011 Qualitätsmessmethoden. Aber die etwas antiquierte Bearbeitung und laufende Erneuerung auf Papier kostete viel Zeit. Die recht komplexe Struktur des Instituts – die verschiedenen Abteilungen waren nicht eben eng verknüpft – machte das System zudem fehleranfällig.

 

Rebmann erinnert sich: «Es war nicht möglich, einfach Bestehendes zu übernehmen. Dokumente waren teilweise nicht aktuell. Manche waren noch per Schreibmaschine verfasst. Auch auf Direktionsebene gab es keine abteilungsübergreifenden, einheitlichen Dokumente. Im Kleinen wurde gut gearbeitet, doch es fehlte die grössere Perspektive. Mein erster, experimenteller Versuch mit IQSoft brachte mir denn auch nichts ausser der Erfahrung: so nicht.»

Optimaler Neustart

 

Das Team des IRM-UZH erkannte: Es liegt nicht an der Software. Wir müssen besser planen. Man entschied sich für den Weg der kleinen Schritte. Die für 2012 vorgesehene Re-Akkreditierung der Forensischen Genetik mittels IQSoft wurde zurückgestellt. Ein gesunder Boden musste her. Also wurden erst einmal alle Stabsdokumente angeschaut, überarbeitet und in eine für sämtliche Abteilungen gültige Form gebracht. Danach war es Zeit für die direkte Arbeit mit den Abteilungen Genetik und Pharmakologie/Toxikologie.

 

Fabian von Kaenel, stv. Qualitätsleiter am IRM-UZH, blickt zurück: «Es lohnt sich, eine solche Einführung in aller Ruhe zu planen. Für das IRM-UZH bedeutete die bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Qualitätsansprüchen eine Kehrtwende in der «Firmenkultur». Abteilungen, die zuvor relativ unabhängig voneinander funktionierten, setzten sich an einen Tisch. Wir arbeiten heute viel enger zusammen, kennen uns besser. Das tut uns gut.»

Von Lern- und Erfolgsphasen

 

Gerne hätte Lorenz Rebmann für seine Kolleginnen und Kollegen eine gemeinsame IQSoft-Schulung in den Räumen des IRM-UZH organisiert. Doch es erwies sich als unmöglich, alle betroffenen Personen an einem Tag in Zürich zu versammeln. Also besuchten die Mitarbeitenden gruppenweise Schulungen bei der IQS AG in Zofingen. Diese Präsentationen weckten Tatendrang. Einige Kursteilnehmer verlangten nach ihrer Schulung umgehend die Freischaltung weiterer IQSoft-Module. Hans-Peter Kost, Verwaltungsratspräsident der IQS AG, beobachtet diesen Effekt seit Jahren: «Wer gutes elektronisches Qualitätsmanagement einmal für sich entdeckt, entwickelt neue Ideen und will bald noch mehr erreichen.»

 

Rebmann und von Kaenel empfehlen jedem Unternehmen, im Vorfeld klar zu definieren, was erreicht werden soll und was dafür zuallererst getan werden muss. Man erspare sich damit unnötige Zusatzrunden. Einig ist man sich auch bezüglich des Aufwands und des Nutzens: «Es war ein extremer Lernprozess, wie man Qualitätsmanagement umfassend gestaltet. Wir haben bei der Konzeption und auch bei der praktischen Einführung in der Direktion und der Forensischen Genetik zunächst gehörig Lehrgeld bezahlt. Doch davon profitieren nun alle beim weiteren Aufbau. Unter dem Strich: IQSoft hat uns laufend bewusst gemacht, was gegeben sein sollte – wie man die Mitarbeitenden früh und rechtzeitig informiert, inwiefern elektronisches Qualitätsmanagement zum Zuge kommt», erklärt Rebmann.

Neue Möglichkeiten

 

Erreicht hat das IRM-UZH mittlerweile viel: Alle Dokumente an allen Standorten sind immer tagesaktuell. 30 Ordner pro Labor, die von Hand gepflegt werden müssen? Vergangenheit. Mitarbeitende, die sich unbemerkt um Aktualisierungen foutieren? Ausgeschlossen. Und ja: Die Re-Akkreditierung der Forensischen Genetik und die Erstakkreditierung der Forensischen Pharmakologie & Toxikologie mit elektronischer Assistenz von IQSoft ging im Oktober 2014 erfolgreich über die Bühne.

 

Viele Betriebs- und Prüfmittel sind erfasst und erfolgreich mit Betriebsanleitungen, Zertifikaten oder Fotos verknüpft. Alle 160 Mitarbeitenden des Instituts nutzen IQSoft – auch unterwegs: «Unsere Ärzte im Einsatz greifen via iPad auf das Programm zu. Das klappt bestens.»Viele Betriebs- und Prüfmittel sind erfasst und erfolgreich mit Betriebsanleitungen, Zertifikaten oder Fotos verknüpft. Alle 160 Mitarbeitenden des Instituts nutzen IQSoft – auch unterwegs: «Unsere Ärzte im Einsatz greifen via iPad auf das Programm zu. Das klappt bestens.»

 

«Unsere Ärzte im Einsatz greifen via iPad auf das Programm zu. Das klappt bestens.»

 

Lorenz Rebmann freut sich als Informatiker über die erzielte Vereinheitlichung und plant bereits voraus: «Als nächstes grosses Projekt widmen wir uns nun der Forensischen Medizin & Bildgebung und der Verkehrsmedizin & Forensischen Psychiatrie. Zurzeit werden Checklisten zur Qualitätssicherung erstellt. Auch dort streben wir die Akkreditierung an. Was wir in diesem Bereich mithilfe von IQSoft als Qualitätsstandard einführen, wird in der ganzen Schweiz Einfluss haben. »

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