Qualität ist, wenn die Erwartung erfüllt wird
Weiterbildungsanbieter bekennen sich grundsätzlich zur Qualität, so das Resümée über die erste nationale Tagung über Qualität in der Weiterbildung. Gleichwohl bringt nicht nur das neue Weiterbildungsgesetz Schwierigkeiten mit sich.
Gesetze sind dazu da, Dinge zu regeln und Zuständigkeiten festzulegen. Doch zuweilen schaffen sie zunächst weiteren Klärungsbedarf. Das ist der Fall im Zusammenhang mit dem neuen Weiterbildungsgesetz, das seit dem 1. Januar in Kraft ist. Dieses erste nationale Gesetz legt die Rahmenbedingungen für die Steuerung und Förderung der Weiterbildung durch Bund und Kantone fest. Es äussert sich auch zur Qualität.
Grundsätzlich legt das Gesetz die Verantwortung für die Qualität in die Hände der Anbieter. Bei öffentlich geförderter Weiterbildung verlangt das Gesetz indes, dass Bund und Kantone die Qualität in den Bereichen Information, der Qualifikation der Ausbilderinnen und Ausbilder, der Lernprogramme sowie der Qualifikationsverfahren sicherstellen. Was das jedoch bedeutet, bleibt schwammig. Der Bund hat bisher darauf verzichtet, die Umsetzung des Grundsatzartikels mit einer Verordnung zu regeln und die Koordination zwischen Bund, Kantonen und Anbietern in Angriff zu nehmen.
Föderaler Wildwuchs
„Das führt nun dazu, dass jeder Kanton wieder seine eigene Suppe kocht“, klagte eine Schulinhaberin anlässlich der ersten nationalen Tagung über Qualität in der Weiterbildung, die am 2. Oktober in Bern stattfand. Und sie war nicht die einzige, die an der Tagung ihrem Unmut über die Entwicklung Luft machte. Die Furcht, dass mit dem Weiterbildungsgesetz die föderale Lust an Einzellösungen erwache, sorgt vor allem bei Kursanbietern mit Angeboten in mehreren Kantonen für Besorgnis.
Tatsächlich muss die Detailarbeit jetzt erst noch angegangen werden. Dafür machte sich auch der Direktor des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung, Bernhard Grämiger, in Bern stark. Punkto Koordination sprach er direkt die Vertreterinnen des zuständigen Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) an. Diese sahen indes in der Tagung den ersten Schritt dazu.
Auch Kantone wollen Klärung
Klärungsbedarf haben allerdings nicht allein die Anbieterinnen und Anbieter oder der Verband, sondern auch die Kantone. Deren Sicht vertrat Hanspeter Steiner vom Bildungsdepartement des Kantons St. Gallen. Das allerdings Qualitätskontrollen über Angebote wirkungsvoll vom Bund ausgeübt werden könnten, bezweifelte er. Bei der Höheren Berufsbildung wird dies ab kommendem Jahr aber der Fall sein, wenn Absolventen von vorbereitenden Kursen direkt vom Bund unterstützt werden. Dann entfällt die Aufsicht über diese Kurse durch die Kantone und der Bund ist für die Qualitätskontrolle zuständig. Ein Konzept, wie er diese wahrnehmen will, fehlt bisher.
„Wir sehen dem mit Schrecken entgegen“, sagte Hanspeter Steiner. Für ihn sind Nähe zur und Überblick über die Szene wesentliche Voraussetzungen, um „schwarze Schafe“ auszusortieren. Eine Kontrolle beispielsweise anhand von Durchfallquoten auszuüben, wie Theres Kuratli vom SBFI ins Spiel brachte, halten selbst die Anbieter für unzureichend. Für den SVEB, der bereits vor der Tagung zum Problem Stellung genommen hat, verstösst der Bund gar gegen das Weiterbildungsgesetz.
Die Tagung warf also ein Schlaglicht auf die Problemfelder. Sie brachte gleichzeitig die entscheidenden Akteure in der Qualitätsdiskussion in einer ersten Runde zusammen, private Anbieter, Vertreterinnen und Vertreter von Hochschulen, Kantonen, des Bundes, Labelträger und Qualitätsexperten sowie verschiedene Verbände – insgesamt mehr als 100 Personen. Nebst den gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Qualität und zur Qualitätssicherung beschäftigte sich die Tagung mit dem Thema Qualität auf der Ebene der Organisationen, der Angebote und der Ausbildenden.
Dabei wurde klar, dass Qualität für die Weiterbildungsanbieter mehrheitlich Chefsache ist. Dies ging auch aus den Resultaten der Bildungsstudie 2016 zum Thema Qualität hervor. Sie basiert auf einer Umfrage unter 337 Weiterbildungsanbieter aus allen drei Landesteilen, die vom SVEB zwischen September und November 2015 durchgeführt wurde. Caroline Meyer-Quevedo, Mitglied der SVEB-Geschäftsleitung, präsentierte ihre Kernaussagen an der Tagung.
Kunden und Mitarbeiter stehen im Zentrum
Im Zentrum der Qualitätsbemühungen der Weiterbildungsanbieter stehen vor allem Kunden und Mitarbeitende. Die Qualität stimme dann, wenn die Kundinnen und Kunden zufrieden seien, so das Fazit einer Mehrheit der Befragten. Qualitätssicherung lohnt sich denn in der Regel auch. Der Nutzen wird von einer Mehrheit deutlich höher als der Aufwand eingeschätzt. Geht es um Labels und Zertifizierung sieht man positive Effekte zwar nicht im Bezug auf Kundenbeeinflussung. Dafür befördere ein Zertifizierungsprozess die organisationsinterne Auseinandersetzung mit Qualitätsfragen.
Als wichtigstes Instrument der Qualitätssicherung nannte die Mehrheit der Organisationen die Evaluation. Doch nach der Evaluation müsse gehandelt werden, um effektive Verbesserungen umzusetzen, mahnte Hans-Peter Karrer an, der als Tagungsmoderator wirkte und gleichzeitig selbst als Unternehmer und Berater Organisationen in der Qualitätsentwicklung unterstützt. Er vermisste einen stärkeren Einsatz von Coaching bei der Umsetzung von Verbesserungen, das auf die Evaluation folgen müsse.
Sekundiert wurde er dabei von Ruth Meyer Junker. Sie hat als Auditorin zahlreiche Zertifizierungen durchführt. Qualität, so meinte sie in ihrer Keynote, könne nicht einfach gesichert werden, sie müsse vielmehr ständig entwickelt werden. Die Herausforderung besteht darin, dass sich Weiterbildungsanbieter in einem unablässigen Prozess befinden, bei dem im Grunde alles in Bewegung ist. Während die Digitalisierung auf Lerninhalte ebenso wie auf Lernformen Einfluss hat und nicht zuletzt die Administration von Weiterbildungsanbietern herausfordert, verändern sich von Generation zu Generation die Anspruchs- und Wertehaltungen sowohl von Kundinnen und Kunden wie auch von Angehörigen des Managements und des Lehrkörpers.
Der Prozess der Qualitätsentwicklung
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eines „ständig sich wiederholenden Zyklus“ von Qualitätsmassnahmen, deren Durchführung, Evaluation und wiederum Verbesserung. Dies alles muss im Zusammenspiel von Führung, Lernumgebung, Angebot und Unterricht geschehen. Dass dabei vor allem ein einheitliches Qualitätsverständnis und eine einheitliche Sprachreglung vom Management bis zu den Dozierenden wichtig sei, betonten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unisono. Gleichzeitig gibt es nicht DIE Qualität. Qualität sei ganz einfach, wenn das herauskomme, was man gewollt habe, fasste Ruth Meyer Junker zusammen. Eine durchaus salomonische Definition.