Public Corporate Governance in der Bundesverwaltung

Gewisse öffentliche Aufgaben werden nicht mehr durch die zentrale Bundesver­ waltung wahrgenommen, sondern durch rechtlich selbstständige Unternehmen und Anstalten des Bundes erfüllt. Dadurch hat sich die öffentliche Hand vom Leistungs­ staat zum Gewährleistungsstaat verändert. Die Verantwortung bleibt zwar beim Staat, der Vollzug wird jedoch Dritten übertragen.

Public Corporate Governance in der Bundesverwaltung

 

Bei der Public Corporate Governance geht es um die Ausgestaltung und Steuerung von Un- ternehmen und Organisationen durch den Staat. Oft entsteht dabei der Eindruck, dass diese Unternehmen per se sicher sind. Erfah- rungen in der Vergangenheit auf kantonaler Ebene – beispielsweise die Solothurner oder Berner Kantonalbank – widerlegen jedoch diese Grundhaltung. Es stellt sich deshalb ne- ben dem Auslagerungsentscheid die Frage, wie eine erfolgreiche Steuerung dieser Unter- nehmungen zu erfolgen hat.

 

Der Bundesrat hat im Jahr 2006 mit dem Corporate-Governance-Bericht gemein- same Grundsätze für die Steuerung dieser Organisationen festgelegt und einheitliche Kriterien für die Beurteilung der Auslagerung von Bundesaufgaben geschaffen. Im Kern werden dabei drei zentrale Fragen für die Eig- nerpolitik des Bundes beantwortet:

 

-Welche Aufgaben eigenen sich für eine aus- gelagerte Erfüllung?
-Wie sollen die mit der Erfüllung solcher Aufgaben betrauten Organisationen recht- lich ausgestaltet und gesteuert werden?
– Wie soll sich der Bund bei der Wahrung sei- ner Eignerinteressen intern organisieren?

Welche Aufgaben eignen sich zur Auslagerung?
Der Auslagerungsentscheid ist das zentrale Element der Corporate Governance. Ob Bun- desaufgaben zur Auslagerung geeignet sind, hängt ab von der Art und vom Typ der Aufga- be. Der Bund hat dazu fünf Kriterien festge- legt: Hoheitliche Tätigkeit, Intensität der poli- tischen Steuerung, Marktfähigkeit, Bedarf an verwaltungsinterner Koordination sowie Be- darf an Visibilität und Autonomie. Daraus er- gibt sich eine Aufgabentypologie, die unten tabellarisch aufgeführt ist.

 

Eine Herausforderung stellt insbeson- dere die Weiterentwicklung und Diversifizie- rung der Unternehmen dar, welche Dienst- leistung am Markt erbringen. Um erfolgreich in die Zukunft zu gehen, benötigen die Unter- nehmungen einerseits Freiheiten und müs- sen in neue Geschäftsfelder investieren. Hier muss sich aber anderseits der Staat die Frage stellen, ob er Risiken an Unternehmensteilen (mit-)tragen darf, die grundsätzlich keine öf- fentlichen Aufgaben mehr erfüllen.

 

Ein aktuelles Beispiel in der Schweiz ist der staatliche Rüstungs- und Industriekon- zern RUAG. Die RUAG entstand 1998 aus den ehemaligen Unterhalts- und Produktions- betrieben der Schweizer Armee. Die Aktien- gesellschaft befindet sich zu 100 % im Eigen-tum der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Verdiente das Unternehmen früher neun von zehn Franken mit Staatsaufträgen, sind es heute nur noch drei. Der Bundesrat hat des- halb vor Kurzem entschieden, eine Entflech- tung der RUAG in zwei Teile vorzunehmen. Weiterhin in Staatshänden wird eine Unter- haltsfirma für die Armee sein. Der grössere Teil der RUAG wird privatisiert und soll sich dadurch zu einem weltweit tätigen Aerospace- Technologiekonzern entwickeln können.

Wie steuert der Bundesrat die ausgelagerten Unternehmungen?
Ist der Auslagerungsentscheid gefällt, stellt sich die Frage, wie die Unternehmungen ge- steuert werden können. Der Bundesrat hat in der Corporate-Governance-Politik dazu 37 Leitsätze definiert. Es handelt sich um ei- ne systematische Sammlung, welche in einer verbindlichen Richtlinie die rechtliche Kon- zeption, Steuerung und Kontrolle von aus- gelagerten Einheiten vorgibt.

 

Die Steuerungsmöglichkeiten finden auf drei Stufen mit einer lang-, mittel- und kurzfristigen Ausrichtung statt. In Gesetzen und Ausführungsbestimmungen wird lang- fristig festgehalten, was beispielsweise der Versorgungsauftrag einer Unternehmung ist, die Wahl der Rechtsform sowie die Organ- struktur. Diese grundlegenden Steuerungs- elemente werden auf lange Sicht festgelegt und sind statisch. Als dynamisches und mit- telfristiges Instrument gelten die strategi- schen Ziele des Bundesrates, welche er für vier Jahre erlässt. Hier werden betriebliche Entwicklungen der Unternehmen sowie auf- gabenseitige Ziele vereinbart. Die Steuerung konzentriert sich auf strategische Vorgaben und nicht auf die operative Ebene. Über die Erfüllung der Ziele wird jährlich ein Bericht erstattet an den Bundesrat, welcher danach das Parlament informiert. Um kurzfristig über aktuelle Fragen und Herausforderungen informiert zu sein, finden regelmässig insti- tutionalisierte Gespräche mit den Organen der bundesnahen Betriebe statt. Diese Eig- nergespräche dienen als kurzfristiges, dyna- misches Steuerungselement.

 

Weiter hat der Bundesrat bei Aktien- gesellschaften die Möglichkeit der Einfluss- nahme durch die Generalversammlung oder durch einen Staatsvertreter im Verwaltungsrat.

 

Wer ist zuständig in der Bundesverwaltung für die ausgelagerten Einheiten?

Die Aufgaben des Bundes sind vielseitig und bergen Zielkonflikte. So ist er verantwortlich für die Erfüllung der Versorgungsziele, muss die Fachaufsicht sicherstellen, tritt als Bestel- ler von Leistungen oder als Marktregulator auf. Diese Rollenvielfalt birgt Spannungsfelder, welche kaum vermeidbar sind. Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe der Corporate Gover- nance, potenzielle Ziel- und Interessenkon – flikte zu erkennen und transparent darzustel- len. Dadurch sollen Entscheide in Kenntnis der verschiedenen Interessenlagen unter be- wusster Prioritätensetzung getroffen werden.

 

Damit dies geschieht, ist eine konse- quente Rollenteilung notwendig. Die Eigner- politik muss organisatorisch unabhängig von Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht sein und übt nicht gleichzeitig Aufgaben der Fach- aufsicht bzw. der Leistungsbestellung aus.

 

Der Bundesrat hat sich für Unterneh- mungen, die Dienstleistungen am Markt er- bringen, für das duale Modell entschieden. Das Fachdepartement und die Eidgenössi- sche Finanzverwaltung teilen sich die Ver- antwortung. Während das Fachdepartement den Gewährleistungsauftrag vorgibt und kontrolliert, ist die Eidgenössische Finanz- verwaltung für die finanzpolitischen Eck- punkte verantwortlich. Dieses Modell hat den Vorteil der erhöhten Effizienz und Sach- kunde, als Nachteil kann hingegen die geteilte Verantwortung erwähnt werden.

 

Der Bundesrat hat sich für Unterneh- mungen, die Dienstleistungen am Markt er- bringen, für das duale Modell entschieden. Das Fachdepartement und die Eidgenössi- sche Finanzverwaltung teilen sich die Ver- antwortung. Während das Fachdepartement den Gewährleistungsauftrag vorgibt und kontrolliert, ist die Eidgenössische Finanz- verwaltung für die finanzpolitischen Eck- punkte verantwortlich. Dieses Modell hat den Vorteil der erhöhten Effizienz und Sach- kunde, als Nachteil kann hingegen die geteilte Verantwortung erwähnt werden.

Schlussbemerkungen
Der Bundesrat wurde vom Parlament und den Medien in den letzten Jahren mit verschiede nen Fragen zur Corporate Governance kon- frontiert. Der Subventionsbetrug bei Postauto warf zusätzlich die Frage auf, ob die Steuerung und Kontrolle der verselbständigten Einhei- ten durch den Bundesrat optimal wahr- genommen wird. Der Bundesrat beauftragte in der Folge ein Expertenteam mit der Über- prüfung des Corporate-Governance-Systems. Dabei stehen folgende Fragen im Zentrum: Sind die Steuerungsinstrumente richtig kon- zipiert und werden sie effizient umgesetzt? Erfolgt der Informationsaustausch zwischen den Unternehmungen und dem Eigner zeitge- recht und systematisch? Ist die Arbeitsteilung innerhalb der dualen Aufsicht in der Bundes- verwaltung optimal? Die Überprüfung ist auf die vier Unternehmen Post, SBB, Swisscom und RUAG konzentriert. Der Bundesrat wird in nächster Zeit eine Aussprache zum Exper- tenbericht führen. Man kann gespannt sein, wie das bisherige System weiterentwickelt wird.

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