Produkte optimieren – wenn beobachten besser als fragen ist

Durch Beobachten lernt man mehr als durch simples Befragen. Der Grund: In gestellten Situationen reagieren die Menschen nicht wie im wahren Leben. Befragungen erzeugen sozial erwünschte oder verzerrte Antworten beim Kunden – und zudem Interpretationsverzerrungen auf Unternehmensseite. Darüber hinaus werden Marktforschungsaufgaben von den damit beauftragten Instituten nicht selten verkompliziert – meint Anne M. Schüller, Buchautorin.

Touchpoint Management heisst beobachten und koordinieren, meint Anne M. Schüler. (Bild: Anne M. Schüler)

Im Handel „verfolgt“ man den Konsumenten oft unbemerkt, um ihr Einkaufsverhalten zu studieren. „Shadowing“ ist das Fachwort dafür. Der Konsumentenforscher Paco Underhill hat so herausgefunden, dass vor allem Frauen schnell das Weite suchen, wenn sie angerempelt werden, weil die Gänge zu eng oder vollgestellt sind.

Ferner hat Underhill entdeckt, dass die Menschen mehr einkaufen, wenn man ihnen Einkaufskörbe in die Hand drückt oder wenn diese in mindestens einem Meter Höhe an mehreren Stationen im Geschäft bereitgestellt werden. Meistens braucht man ja nur schnell ein paar Dinge, denkt man sich so. Und geht ohne Korb los.

Hilti, Starbucks, Bizerba: Beispiele gibt es genug

Software-Hersteller und Internetanbieter haben längst damit begonnen, ihren Kunden über die Schulter zu schauen, wenn sie am Computer hantieren. Und Markenartikelriesen halten via fest installierter Videokamera das Koch-, Ess- und Putzverhalten in Haushalten fest. Beim Liechtensteiner Werkzeughersteller Hilti sind die Entwickler regelmässig auf den Baustellen anzutreffen, um die Handwerker bei der Arbeit zu beobachten.

Bei Bizerba, einem Hersteller von Wägetechnik, gehen die Ingenieure bei der Erstinstallation mit zum Kunden. Dabei lernen sie, wie der Bediener mit den Geräten hantiert und welche Schwierigkeiten es womöglich noch gibt. Vor Ort hat man so zum Beispiel erkannt, wie wichtig Piktogramme sind, wenn Aushilfskräfte mit den Kassensystemen arbeiten.

Von Howard Schultz, dem Starbucks-Gründer, wird erzählt, dass er bei einer Reise durch Italien auf seine Geschäftsidee kam. Er beobachtete nämlich, dass sehr guter Kaffee dort zum täglichen Leben der Menschen gehört. So entwickelte er sein Konzept des „dritten Ortes”, an dem sich die Leute zwischen Wohnung und Arbeit treffen, um einen kleinen Kurzurlaub einzulegen und sich mit etwas Luxus verwöhnen.

Beobachten bei technischen Produkten besonders wichtig

Eine Gruppe aus Marketern, Ingenieuren und Designern der Healthcare-Sektion von General Electric (GE) ging mit Kameras in die Operationssäle, um die Zusammenarbeit zwischen Anästhesisten, Chirurgen und OP-Schwestern besser verstehen zu lernen. So wurden Probleme und Ärgernisse aufgedeckt, die schon niemandem mehr auffielen, weil man sich an die Umstände im OP gewöhnt und sie in seine Routinen integriert hatte. Aus diesen Beobachtungen heraus wurden schliesslich optimierte Lösungen entwickelt.

Bei solchen Beispielen wird ganz schnell klar, wie wertvoll Beobachtungen sind. Manche Ergebnisse mögen eine Bestätigung sein. Andere können frustrierend sein. Wieder andere möchte man gar nicht wahrhaben, so desaströs fallen sie aus. Doch wer den Kopf in den Sand steckt, sieht seine Feinde nicht kommen.

Schauen Sie also sorgfältig hin. Beobachtungen kreisen immer um folgende Fragen:

  • Welche Rolle spielen unsere Produkte beziehungsweise Services im Leben unserer Kunden – und wie gehen diese damit in Wirklichkeit um?
  • Wie können wir an allen Touchpoints dazu beitragen, dass das Leben unserer Kunden angenehmer respektive ihr Business erfolgreicher wird?

Weitere Themen wie „Touchpoints“, Interaktionspunkte zwischen Anbieter und Kunde, oder Kundenzufriedenheit finden sie im Buch „Touch.Point.Sieg.“ von Anne M. Schüller.

http://www.anneschueller.de

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