Privatbanken auf dem Prüfstand
Während im Schweizer Bankenwesen Stellen gestrichen werden, zeigen sich ebenso grössere Probleme, was den Schweizer Bankenplatz anbetrifft. Die Schweizer Privatbanken stehen besser als vor zwei Jahren da, wie eine Studie der Beratungsfirma KPMG aufzeigt. Doch nur ein Teil der Branche hat Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken, wie ebenso der aktuelle «EY Bankenbarometer» unterstreicht.
Die Risikoabwägung einer Bank sollte nie hypothetischer Prägung sein. Im Folgenden geht es auch nicht um eine starke Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro und/oder dem US Dollar. Es geht generell um den Stand Schweizer Privatbanken, die sich zusehends digitalen Marktmodellen hingeben respektive unterordnen müssen. Eine SNB muss markttechnische Schwankungen und Verbiegungen auf dem Aktienmarkt ausstehen können, ein kleines Finanzinstitut, das zu einseitig auf ausländische Devisen, Euro-Aktien und Anleihen oder volatile Überflieger setzt, könnte schnell einmal ins Straucheln geraten. Dabei stehen nicht wenige Jobs von hiesigen Bankangestellten auf dem Spiel.
Die Banken sind sich einig, dass der Zahlungsverkehr (47 Prozent; minus 8 Punkte) gefolgt von der Anlageberatung (17 Prozent; minus 3 Punkte) sowie dem Kreditgeschäft (14 Prozent, plus 6 Punkte) nach wie vor am stärksten vom Strukturwandel betroffen ist. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Schweizer Banken vor allem Marktplätze bzw. Plattformen (37 Prozent; plus 18 Punkte) und Blockchain (28 Prozent; unverändert) als grösste Bedrohung für ihr Geschäft ansehen (Quelle: EY Bankenbarometer 2019).
Immer weniger Traditionshäuser
Nicht nur der Wegfall des Bankgeheimnisses sei schuld, dass es immer weniger Schweizer Finanzinstitute gibt. Wie man seitens Bankinsidern vernimmt, sind nicht nur die «fetten Jahre» vorbei, die Bankspezialisten müssen auf die «Zähne beissen», was ihre Zukunft anbetrifft. Seit 2012 seien gegen 12 000 Jobs im Bankensektor gestrichen worden (Quelle: insideparadeplatz.ch).
Oben genannte Studien zeugen jedoch von einem weit grösseren Stellen- und Reputationsverlust. Seit 1996 seien rund 150 von einst 400 Geldinstituten vom Markt verschwunden. Renommierte Häuser wie Bank Wegelin, die im vergangenen Jahr an Vontobel verkauft wurde, sowie unbekanntere Finanzinstitute fallen darunter. Auch der Bankenanteil an der Wertschöpfung sei gesunken – obwohl sich seit dem Millennium das Hypothekenvolumen verdoppelt hat.
Die Wertschöpfung betrifft heute die Hälfte mit 4,8 Prozent (Quelle: KPMG), allenfalls die Hälfte des Volumens vor 20 Jahren. Tendenz seit fünf Jahren in Folge abnehmend!
Alarmierend daran ist auch der Umstand, dass die geringe Wertschöpfung unter den grössten Bankhäusern aufgeteilt wird. Selbst die Schweizer Grossbanken gehörten im vergangenen Jahr zu den Verlierern an der Börse. So sei beispielsweise der Wert von Julius Bär im Leitindex SMI um 41 Prozent gesunken, Credit Suisse musste einen Verlust von 38 Prozent, UBS von 32 Prozent verbuchen.
Outsourcing durch Digitalisierung?
Denise Chervet, Geschäftsführerin beim Schweizerischen Bankpersonal-Verband SBPV, sieht noch weitere Probleme, was den Bankenstandort Schweiz anbetrifft: «Vor allem UBS und CS haben in den letzten zehn Jahren Tausende Jobs in Billiglohnländer verschoben.» Für François Degeorge, Direktor des Swiss Finance Institute, ist hingegen die Digitalisierung «der grösste Treiber»:
«Computer machen heute einen Teil der Arbeit. Das ist für die Betroffenen schmerzhaft, für die Branche aber gut, weil sie effizienter wird.» Studienleiter des «EY Bankenbarometers» meinen, dass die digitalen Marktplätze mehr Konsumkredite bieten – «Unternehmenskredite und Hypotheken teilweise zu günstigeren Preisen anbieten» – was schliesslich die Transparenz im Markt steigere. Zudem würden auch die Eintrittsbarrieren für Versicherungen und Pensionskassen in den Hypothekarmarkt begünstigt. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Strukturwandel zuerst das Retail Banking treffen wird», meint Olaf Toepfer, EY Partner und Leiter Banking & Capital.
Ebenso informiert das Financial-Services- Team der Beratungsfirma KPMG anlässlich einer neu veröffentlichten Performance- Studie über Schweizer Privatbanken. Ihre Studie über die schwindende Anzahl der der-zeit 107 Institute kursiert in English unter dem Titel «Clarity on Performance of Swiss Private Banks.
Die der Studie unterliegende Prognose: «Sie werden in den nächsten Jahren auf 70 oder gar 60 Prozent» der jetzigen Menge schrumpfen.
23 Banken im roten Bereich
Für Schweizer Privatbanken scheint die Lage nicht mehr allzu rosig. Wie die KPMG-Experten schon vor fünf Jahren zeigten, strauchelt die Private-Banking-Industrie. Seit 2013 sind knapp ein Drittel namhafter Player von der Bildfläche verschwunden. Die KPMG-Experten kommentieren die Lage denn auch kritisch.
«Die einzelne Positionierung der von uns befragten Privatbanken ist brutal», meint Philipp Rickert, Head of Audit Financial Services bei KPMG, aufgrund vorliegender Statistiken. Rickert verweist auf Unterschiede von 20 und mehr Prozent zwischen den einzelnen Banken bei wichtigen Entwicklungskennzahlen. Die Konsequenzen untermauerten die Berater etwa mit der Darstellung der Entwicklung des «Kosten-Ertrag-Verhältnisses» (CIR) für die 90 in der Studie untersuchten Privatbanken.
Von den von KPMG 90 untersuchten Instituten finden sich 23 Banken auf Basis der CIR-Kriterien sowie der Eigenkapital-Rendite in der Kategorie «weak performers». 31 Banken figurierten in der Kategorie «lower mid performers». Eine zu diversifizierte Privatbank, die schon jetzt gegen globale Grossanbieter konkurrenziert, wird nicht «überleben » können, so der KPMG-Experte.
Einzelne der mittelmässigen Performer schafften es ebenfalls nicht, wenn sie sich nicht auf Kerngeschäfte konzentrierten. Die Berater stützten ihre Prognose dabei auf längerfristig zusammengetragene Zahlenreihen.
Nur die wenigsten Banken hätten in den letzten Jahren positive Entwicklungen gezeigt. So einige kleine Privatbanken würden weiter in den roten Zahlen auf der Stelle treten, eine sehr schwache Profitabilität unter einem Prozent des Jahresertrags zeigen. Die Finanzberater zeigen sich hinsichtlich der schwächeren Performer sehr pessimistisch.
Die Zukunft der Schweizer Privatbanken liegt, so scheint es, in der fortlaufenden Konsolidierung einzelner Geschäfte und in einer nüchternen Branchenübersicht. Für die bereits angeschlagenen Banken haben die KPMG-Experten nur einen Ratschlag. Philipp Rickert, Head of Audit Financial Services bei KPMG: «Der Verkauf einer Bank empfiehlt sich, solange es noch möglich ist.»
Private Banking extrem kompetitiv
Insgesamt – so das Fazit der KPMG-Studie – steht das Swiss Private Banking derzeit so gut da wie seit zehn Jahren nicht mehr. Eine Kennzahl verdeutlicht dies: Der kumulierte Nettogewinn der untersuchten Banken – UBS und Credit Suisse unterliegen nicht in der KPMGStudie – hat sich zwischen 2015 und 2017 auf 2,8 Milliarden Franken beinahe verdoppelt.
Die «besten» Privatbanken würden jedoch auch den grössten Umsatz machen. Die Experten zeigen jedoch interessante Tendenzen auf. Etwa, dass viele mittelgrossen Privatbanken mit verwalteten Vermögen zwischen 5 und 25 Milliarden Franken festsitzen würden. Unter den «weak performers» befänden sich gar vier grosse (über 25 Milliarden Franken), vier mittlere und 15 kleine Banken.
Werden jetzt die ohnehin soliden Institute unter den Schweizer Privatbanken den Markt regieren?
Die KPMG-Experten sehen zwei suboptimale Entwicklungen: «Viele, und vor allem die grösseren Institute, liessen im Jahr 2017 die Kostenkontrolle schleifen», oder, wie Hintermann betonte, investierten die meisten Privatbanken in Personal und Team-Schulungsprogramme, ohne effizientere Arbeitsprozesse zu schaffen. «Gesamthaft stieg ihr Aufwand um 7,7 Prozent, während die Erträge um 9,7 Prozent zunahmen.»
Die zweite Sorge gilt der Wachstumsschwäche. 2017, in einem der operativ besten Jahre für die Schweizer Privatbanken, schafften es die 90 Schweizer Institute, just 21 Milliarden Franken an Neuinvestitionen von Kunden zu kommen. Christian Hintermann, KPMG-Partner und Advisory Financial Services: «Viele Privatbanken schaffen es nicht mehr, Kunden zu akquirieren.» Viele Wachstumsoffensiven seien quasi bis jetzt versickert.
«Für sämtliche Geschäftsbereiche sehen die Banken heute im Vergleich zum Vorjahr weniger gute Zukunftsaussichten», meint Olaf Toepfer bei EY Schweiz. Am stärksten trifft diese Entwicklung auf das das Investment Banking (minus 26 Prozentpunkte) und das Asset Management (minus 13 Prozentpunkte) zu. Zudem gehen 63 Prozent der befragten Banken davon aus, dass die Wertschöpfung vieler Schweizer Banken weiter abnimmt.