Praxis-Erfahrungen mit dem NPO-Label

NPO dienen in erster Linie gesellschaftlichen, sozialen oder umweltorientierten Zielen. Und sie sind nicht direkt profitorientiert. Sie bauen in aller Regel auf die Unterstützung Dritter – Staat, Klienten, Spender, Gönnermitglieder, Mäzene. Nicht profitorientierte Organisationen sind in hohem Mass auf Goodwill angewiesen.

Praxis-Erfahrungen mit dem NPO-Label

 

 

 

Goodwill erntet nur, wer verantwortbar und vertrauenswürdig handelt. Dieses Vertrauen will verdient sein, etwa durch die Qualität der erbrachten Leistungen, durch die Zufriedenheit von Mitgliedern, Spendern, Begünstigten und Mitarbeitenden, durch die Wahrung der vorgegebenen Mission, durch sorgfältigen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen, durch die Sicherstellung des finanziellen Gleichgewichts u. a. m. Wer sagt da, Nonprofit habe nichts mit Betriebswirtschaft zu tun? Das Gegenteil trifft zu, gerade, weil die Erwartungshaltung gegenüber NPO so hoch ist, bedürfen diese Institutionen einer betriebswirtschaftlich soliden Führung, welche Bedacht und Weitsicht in sich vereint. Denn: NPO-Management ist immer Arbeit an der eigenen Reputation, eine gute Reputation wiederum begründet Vertrauen, und erst Vertrauen macht voll handlungsfähig.

Freiburger Management- Modell als Basis

 

Erfahrene NPO-Manager wenden diesen Zyklus kontinuierlich auf der Basis eines speziellen betriebswirtschaftlichen Ansatzes an – dem NPO-Label für Management Excellence – das gemeinsam von der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management- Systeme (SQS) in Zusammenarbeit mit dem Verbandsmanagement- Institut (VMI) der Universität Fribourg geschaffen worden ist. Abgeleitet ist das NPO-Label aus dem «Freiburger Management-Modell für Non-Profit-Organisationen» (FMM), dem am weitesten entwickelten und am besten dokumentierten Managementsystem für NPO. Es berücksichtigt deren spezifische Management-Anforderungen und gründet auf den Prinzipien der Führung mit Zielvereinbarung und nach dem Ausnahmeprinzip (MbO/MbE Management by Objectives/Management by Exception). Das NPO-Label bildet diese Freiburger Führungslehre in praxistauglicher Art und Weise ab.

 

Drei Managementfelder sind definiert und vernetzt aufeinander abgestimmt:

 

  • System-Management: Führung, Organisation, Steuerung, Innovation.
  • Marketing-Management: Marketing- Planung, Dienstleistungsmarketing, Interessenvertretung, Eigenmarketing und Kommunikation.
  • Ressourcen-Management: Hauptamt, Ehrenamt, Freiwillige, Mitgliedschaft und Finanzen.

NPO-Label unterstützt in der Führung

 

Wer sein soziales Unternehmen nach NPO-Label führt, belegt damit, dass er integrierte und umfassende Management-Instrumente einsetzt, die den langfristigen Erfolg sichern können. Dabei sind die Forderungen des NPO-Labels auf die Bedürfnisse der verschiedenen Organisationen anpassbar. Einrichtungen für Menschen mit Behinderung zum Beispiel haben neben den erwähnten Themenfeldern auch die Möglichkeit, ihre spezifischen Fragen zu integrieren, wie beispielsweise der Umgang mit Klienten und deren Angehörigen, die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand im Rahmen von Leistungsverträgen, das Spendenwesen und Sponsoring, die Rekrutierung und Pflege von Ehrenamtlichen und Freiwilligen. Und nicht zuletzt erfasst das NPOLabel auch Kriterien bezüglich der gesellschaftlichen Bedeutung der Einrichtung und ihrer Rolle in der Gesellschaft. Das NPO-Label ist also primär ein Instrument für das Management von Strategien, Struktur und Kultur einer Non- Profit-Organisation. Umsichtig implementiert, wird deren Funktionieren im Dienste ihrer Anspruchsgruppen dadurch verbessert.

Beispiel 1: Stiftung MBF im Fricktal

 

Die Stiftung MBF hat das NPOLabel im Jahr 2009 eingeführt und seither zahlreiche und sichtbare Verbesserungen realisiert. Auf Basis des Freiburger Management- Modells wurde ein Geschäftsreglement erarbeitet. Dieses legt klare Strukturen zwischen der strategischen und operativen Ebene fest, definiert Aufgaben, Kompetenzen und Strukturen des operativen Bereichs und fixiert einen einheitlichen Führungsrhythmus. Nach zwei Jahren Laufzeit lässt sich feststellen, dass der neue Führungsrhythmus merklich Ressourcen freigesetzt hat und durch klarere Aufgaben- und Kompetenzzuteilung die Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der Führungspersonen aller Stufen gefördert wird. Geführt wird nach dem Konzept «Führung durch Zielvereinbarung und nach dem Ausnahmeprinzip» (MbO/MbE). Dadurch werden Handlungs- und Anpassungsfähigkeit sowie Zufriedenheit der Angestellten gestärkt, was wiederum das Klima positiv prägt.

 

Im Marketing-Konzept sind der Umgang und die Zusammenarbeit mit allen Anspruchsgruppen definiert. Dies betrifft, neben vielen weiteren, vor allem die Zusammenarbeit mit den Menschen mit Behinderung, aber auch deren gesetzliche Vertretung sowie Behörden und Öffentlichkeit.

 

Definiert wurde eine klare Positionierung mit der Feststellung, dass diese für die Sozial- und Wirtschaftsmärkte differenziert ausfallen muss. So kann nun mit den jeweiligen Zielgruppen adäquat kommuniziert und das Vertrauen beider Märkte in die Stiftung MBF gestärkt werden. Dank einem Fundraising-Konzept − inklusive der dafür notwendigen Prozesse − wurde die Mittelbeschaffung professionalisiert und das Vertrauen bestehender, aber auch potenzieller Spender gestärkt.

 

Nach den Anforderungen des NPO-Labels wurden auch die HRProzesse entsprechend gewichtet. So investierte man in Aus- und Weiterbildung und stellte die Zusatzleistungen für die Angestellten transparent dar, was sich positiv auf die Professionalität und die Attraktivität als Arbeitgeberin ausgewirkt hat. Die Stiftung MBF bezieht den Hauptteil ihrer Einnahmen aus öffentlichen Geldern. Durch die Einführung des NPO-Labels und der Rechnungslegung nach Swiss GAAP FER 21 ist ein verantwortungsbewusster Umgang mit den finanziellen Ressourcen gesichert.

 

Der eigentliche Mehrwert des Labels besteht in den folgenden Aspekten:

 

  • Sich anhand eines definierten Massstabs mit anderen Organisationen vergleichen können (Benchmarking).
  • Einen gewissen Druck auf dem ständigen Verbesserungsprozess aufrechterhalten durch jährliche Assessments.
  • Anschlussfähig sein und kompatibel bleiben bezüglich klassischer Normen (z. B. ISO 9001) oder Fachlabel (z. B. INSOS Q, SODK Ost+).
  • Systematische und aktuelle Dokumentation der Prozesse und Hilfsmittel, substanzielle Reduktion des Suchaufwandes und damit Realisieren von Kosten- und Zeitersparnissen.
  • Loslösen der Kenntnisse von Leistungs- und Arbeitsprozessen und den dafür verantwortlichen Angestellten. Verbessern und Erleichtern von Übergaben bei Personalwechsel oder Personalausfall.
  • Schaffen von Transparenz auf allen Ebenen innerhalb und ausserhalb der Einrichtung für alle Anspruchsgruppen.
  • Aufbau von Image, Vertrauen und Akzeptanz bei Klienten und ihren Angehörigen, bei Angestellten, aber auch bei Kunden, der öffentlichen Hand, bei Vertragspartnern generell und in der Öffentlichkeit.

Beispiel 2: Stiftung Kinderdorf Pestalozzi (SKP), Trogen

 

Das NPO-Label wurde im Jahr 2009 eingeführt mit dem Ziel, ein integriertes Managementsystem umzusetzen, welches die Anforderungen aller Label und Akkreditierungen (ZEWO, NPO-Code, DEZA, Glückskette) koordiniert und erfüllt. Innere und äussere Einflüsse boten Anlass zur Einführung des Labels: Extern nahm der Druck von Geldgebern, Vergabestiftungen, Institutionen, Behörden und auch vom Gesetz her (IKS, EKAS etc.) stetig zu bezüglich Professionalität, Transparenz und Sicherheit einer NPO. Und auch der Wettbewerb unter den Hilfswerken intensivierte sich. Durch die Komplexität und die Vielfalt von Abläufen und Kommunikationsprozessen entstand bei den Mitarbeitenden da und dort eine innere Unzufriedenheit. Sie hegten den Wunsch nach mehr Orientierung, Effektivität und Effizi-enz, nach striktem Ressourcen-management und wollten bei der Gestaltung der SKP-Kultur lö-sungsorientiert mitwirken.

 

Zuerst musste ein gemeinsames Verständnis für «Qualität und Prozesse» entwickelt werden. Dies gelang; es trägt heute we-sentlich zur kontinuierlichen Verbesserung bei. Prozesse und Regelungen sind klarer festgehal-ten, und Fakten stehen über den subjektiven Einschätzungen von Abläufen. Zudem wurde ein Glos-sar für geltende Begriffe in den Fachbereichen geschaffen, um intern und extern mit einer ge-meinsamen Sprache auftreten zu können, die von den unterschied-lichsten Partnern im Umfeld der Stiftung richtig verstanden wird. Einheitliche und abteilungsüber-greifende Definitionen von Pro-zessen (Projektmanagement, Be-schaffung, Wirkungsmessung etc.), welche früher individuell festgelegt wurden, erleichtern jetzt das Zusammenwirken. Sys-temsteuerung und Koordination aller Zertifizierungsanforderun-gen erfolgen durch den Verant-wortlichen Managementsysteme, welcher als Stabsstelle in der Di-rektion eingegliedert ist.

 

Die Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Labels bei der Einführung hat zu mehr Ownership von Geschäftslei-tung, Prozessverantwortlichen und Mitarbeitenden geführt, was sich positiv bemerkbar macht in der Identifikation sowie in der Verantwortungsübernahme und im Auftreten als Vorbild. Zudem ist das Label auch Anreiz zur Ver-besserung des Systems, welches nie als abgeschlossen und erle-digt wahrgenommen wird, da die SKP als lernende Organisa-tion mit den Prozessen laufend in Bewegung ist. Die Planung und das Reporting auf allen Ebenen – strategisch und ope-rativ – dienen sichtbar der Transparenz. Eine Kommunika-tionsplattform fördert den Dia-log über Ziele und Ergebnisse der Stiftung.

 

Im Vordergrund der Innenwir-kung stehen die folgenden fünf Vorteile:

 

  • Sensibilisierung der Gesamt­ organisation für Prozessdenken
  • proaktive Identifikation von potenziellen Problemen
  • effizientere Abläufe
  • Verminderung von Risiken so-wie
  • mehr Effizienz durch die Bün-delung in der Stelle Manage-mentsysteme

 

In der Aussenwirkung profitiert die Stiftung dank dem klaren Auf-tritt in der Kommunikation und der professionellen Stiftungsar-beit von den guten Rückmeldun-gen seitens der Geldgeber.

 

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