Plattformökonomie im B2B-Bereich

Plattformökonomie ist in aller Munde – zumindest bei den grossen Konzernen. Doch wie können kleine und mittlere Firmen von den Vorteilen profitieren, ohne gleich selbst eine Plattform aufbauen zu müssen? Ein Ansatz ist, die Ideen der Plattformökonomie unter die Lupe zu nehmen und für sich zu nutzen.

Wer heute auf der Suche nach einem Produkt oder einer Dienstleistung ist, verlässt sich auf digitale Marktplätze. Hier bieten zahlreiche Verkäufer ihre Waren an und Kunden können diese dank des nutzerorientierten Aufbaus mit wenigen Klicks finden. Wer als Firma auf diesen Ansatz setzt, ist Teil der Plattformökonomie. Darunter sind internetbasierte Geschäftsmodelle zu verstehen, die Anbieter und Interessenten zusammenbringen. Im B2C-Bereich wird dieser Ansatz schon angewandt, wie Amazon, Uber und eBay eindrucksvoll zeigen. Aber auch im B2B-Sektor bietet Plattformökonomie zahlreiche Chancen. Mehr noch: Der Trend könnte auch hier eine neue Epoche einläuten und Mehrwerte anbieten, die über digitale Services und Geschäftsmodelle zur Verfügung gestellt werden.

Aufgrund des immensen Erfolges dieser Strategie überlegen viele Unternehmen, wie sie davon profitieren können. Dabei braucht es im ersten Schritt nicht gleich eine eigene Plattform – allein die Eigenschaften geben schon genügend Impulse, wie sich das eigene Geschäftsmodell, die Kollaboration und die Kundenbindung optimieren lassen.

Geschäftsmodell weiterentwickeln: mehrwertig und innovativ

Das eigene Geschäftsmodell kontinuierlich zu hinterfragen, ist heute und in Zukunft ein entscheidender Erfolgsfaktor. Plattformökonomie kann dabei helfen. Denn hier stellen sich Firmen die Fragen: Welche Mehrwerte muss ich meinen Kunden in Zukunft liefern und was lohnt es sich zu teilen? Das können Services sein, Abläufe, Dokumente, die interne und externe Kommunikation, Termine oder sogar ganze Projekte.

Im Anschluss bedarf es der Ermittlung der Datenquellen. Diese liegen oft im Enterprise Ressource Planning (ERP), Customer Relationship Management (CRM) oder im Produktionsplanungs- und Steuerungssystem (PPS). Darum sollte das Portal auch damit verknüpft oder sogar Bestandteil eines der Systeme sein. Lösungen aus der Cloud sind dafür ideal, da sie alle Module miteinander interagieren lassen und Daten in Echtzeit bereitstellen.

Ein Beispiel dafür aus dem Maschinenbau: Ein Werkzeughersteller überlegt sich, welchen zusätzlichen Mehrwert er seinen Kunden anbieten kann. Durch die Auswertung der letzten Kundenanfragen per Mail und über den Aussendienst kam raus, dass sich viele Firmen auch gleich den Wartungsservice wünschen. Durch das Teilen von Daten will der Hersteller nun diesen Service anbieten: Dazu integriert er Sensoren, die in Echtzeit den Abnutzungsgrad messen. Diese werden dann an den Hersteller geschickt, der damit noch vor dem endgültigen Defekt des Werkzeuges die Wartung anbietet oder selbstständig eine Nachbestellung auslöst. Zudem erhält der Hersteller neue Daten für die Produktentwicklung.

Kollaboration stärken: transparent und übersichtlich

Unternehmen aller Grössen sind heute gezwungen, ihre Produkte und Dienstleistungen agiler und schneller zu entwickeln. Um dieses Tempo zu halten, arbeiten sie mit internen Abteilungen und externen Dienstleistern zusammen. Diese unterschiedlichen Parteien gilt es auf einer Plattform zu bündeln – ähnlich wie es Amazon mit einer Vielzahl von Anbietern für seine Kunden macht. Folgende Potenziale lassen sich ausschöpfen:

  • Dienstleistungen: Durch die zunehmende Komplexität von Projekten ist der Einsatz von selbstständigen Experten unabdingbar. Der Kunde erwartet aber ein Team, das als Ganzes auftritt und in allen Fragen abgestimmt reagiert. Dafür braucht es eine Plattform, über die alle Aufgaben, Ressourcen und Informationen miteinander geteilt werden. So lassen sich zum Beispiel Zeiten pro Kunden und Projekt transparent erfassen, Materialdaten und Dokumente austauschen und die Kommunikation abwickeln.
  • Fertigung: Zahlreiche Produkte werden heute nur noch assembliert. Die Einzelteile stammen dabei von unterschiedlichen Lieferanten. Auch die sind über Portale noch besser ein- und angebunden. Hierüber lassen sich die Fertigung überwachen, Einkaufspreise abfragen und fehlerhafte Waren reklamieren. Der Hersteller hingegen ist in der Lage, Termine und Bestellungen zu bestätigen sowie Daten für die Warenauszeichnung mitzuschicken.

Kundenbindung vertiefen: individuell und frei

Gerade in der Plattformökonomie zeigen sich zwei Entwicklungen im Kundenverhalten. Zum einen wächst der Wunsch nach individuellen, selbst zusammenstellbaren Lösungen. Zum anderen wollen User im Internet selbst bestimmen, wann und wie sie mit einem Unternehmen in Kontakt treten. Beide Aspekte, Individualisierung und Emanzipation, spielen auch im B2B-Sektor eine grosse Rolle und fordern ihre Umsetzung:

  • Individualisierung: Die Nachfrage nach massgeschneiderten Lösungen und Produkten steigt. Dafür setzen einige Unternehmen auf Produktkonfiguratoren, die persönliche Anpassungen erlauben und Produkte genau auf die jeweiligen Bedürfnisse zuschneiden. Bei Geschäftskunden bietet sich dafür ein Portal an, das mit allen anderen Kundendaten verknüpft ist. Das hebt das Einkaufserlebnis und vereinfacht die Produktion.
  • Emanzipation: Neben Qualität entscheidet vor allem Zuverlässigkeit über den Erfolg eines produzierenden Betriebes. Um diese zu bieten, sollten KMUs auf Self-Service- Portale setzen, in denen der Austausch von Informationen im Vordergrund steht. Dabei lassen sich auch Dritte, zum Beispiel Zulieferer einbinden, die im Falle einer Produktkonfiguration direkt auf Kundenrückfragen antworten. Neben diesem direkten Kommunikationskanal können Kunden aber noch mehr: den aktuellen Status der Bestellung einsehen, Rechnungen runterladen, Reparaturaufträge prüfen, Ersatzteile bestellen oder Geräte-Updates downloaden. Hersteller oder Händler profitieren auf der anderen Seite von einer stärkeren Bindung, weniger «Admin-Aufwand» und von Daten, die bei der individuellen Angebotsentwicklung helfen.

Ein weiterer Aspekt von Plattformen ist Schnelligkeit. Dank Echtzeitprozessen sehen Kunden sofort, ob die Ware verfügbar ist und wann sie eintrifft. Auch diesen Impuls sollten Firmen aufgreifen und zum Beispiel im Aussendienst umsetzen. Dafür braucht es mobile Lösungen: Durch die zentrale Datenablage und mobile Geräte hat der Vertriebler beim Kunden genügend Zeit, um am Tablet zu beraten, individuelle Aufträge aufzunehmen und Bestellungen zu erfassen. Kunden sehen hingegen gleich das vor Ort konfigurierte Produkt und erhalten alle Infos (Lieferung etc.).

Fazit: Inspirationen nutzen und Daten verbinden

Ob Geschäftsmodell, Kollaboration oder Kundenbindung – Plattformökonomie bietet viele Ansätze, aus denen auch B2B-Unternehmen einiges ableiten und lernen können. Dabei ist der Aufbau einer Plattform im B2CSinne gar nicht nötig. Oft genügt es schon, bestehende Portallösungen zu nutzen und darüber Daten zu sammeln, auszuwerten und bereitzustellen. Wichtig dabei ist, dass alle bestehenden Systeme miteinander interagieren und Daten austauschen können. So entsteht ein reibungsloser Datenfluss, der für das Unternehmen und den Endkunden einen Mehrwert schafft – und das in Echtzeit, idealerweise über die Cloud.

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