Perfektion als Langzeitprojekt
Jeder Qualitätsleiter weiss: Nach einem Audit sinkt Qualität tendenziell, bis sie vor dem nächsten Audit wieder steigt. Das Ziel interner Verbesserungsprozesse ist daher ein möglichst geringes Absinken zwischen den Audits und ein übers Ganze ständig steigendes Qualitätslevel. Unser Rückblick auf zwei Dekaden der Qualitätsarbeit beim IWAZ in Wetzikon.
Ein Sozialunternehmen als Vorreiter seiner Branche: Das Schweizerische Wohn- und Arbeitszentrum für Mobilitätsbehinderte (IWAZ) stellt Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten, Aus- und Weiterbildungsprogramme sowie Integrationsmassnahmen für Menschen mit Handicap bereit. Man arbeitet marktorientiert und bietet 131 geschützte Arbeits- und 14 Ausbildungsplätze sowie 63 Wohnplätze für Menschen, die Betreuung und Pflege benötigen. Qualitätsmanagement mithilfe eines elektronischen Assistenten kennt man hier bereits seit 20 Jahren.
Eine Herausforderung gelöst, neue Möglichkeiten entdeckt
Hans Peter Waffenschmidt, Bereichsleiter Ausbildung und Agogik am IWAZ, erinnert sich: «Ich war gerade am Aufbau unseres QM-Systems und suchte für die Werkstatt eine Prüfmittelverwaltung. Excel wollte ich so nicht nutzen. Da kam einer meiner Mitarbeiter von einer Messe und empfahl IQSoft.» IQSoft war damals noch eine kleine Nummer und kaum bekannt: «Ich liess mir das Programm vorführen, war beeindruckt von seiner damaligen Einfachheit, den Möglichkeiten der Kalibration und vom guten Preis. Es wurde angeschafft.» Der Rest ist eine klassische Erfolgsstory, auf die Waffenschmidt gerne zurückschaut: «IQSoft war für mich eine Art Turngerät in Sachen Qualität. Vom Modul für Prüfmittel kam ich zur Dokumentenverwaltung und dann zum Kontinuierlichen Verbesserungsprozess KVP. Die Pendenzenliste, die ich damals entwarf, führe ich noch heute.» Im Unterschied zu vielen Berufskollegen seiner Zeit betrachtete Waffenschmidt IQSoft nicht als reines Werkzeug zur Qualitätssicherung, sondern nutzte es von Beginn weg als Führungssystem. IQSoft sollte ihm nicht nur die Arbeit erleichtern, sondern auch Zeitgewinn bringen, denn sein damaliger Chef verlangte viel: «Er meinte, ich könne ja dann gleich beides aufbauen: die Ausbildungsgänge der Lernenden im Rahmen der IV-Vorgaben und unser QM-System.»
Qualitätsverbesserung statt Qualitätssicherung
Gesagt, getan. Waffenschmidt: «Natürlich ging es um Qualitätssicherung, basierend auf den damals gültigen, eher starren, kapitelorientierten Vorgaben. Das entsprach dem Zeitgeist. Man wollte Audit-Zertifikate sichern. Vielerorts ein Müssen und ein Nachvollziehen. Uns war aber klar: Bund und Kantone werden uns in allen anderen Abteilungen bald auch Qualitätsvorgaben machen. Also entschieden wir uns, mit der Hilfe von IQSoft als Führungswerkzeug sofort den ganzen Betrieb zu zertifizieren und wählten als eine der ersten Institutionen einen prozessorientierten Ansatz.» Mit diesem weitsichtigen Entscheid und nachfolgender Sorgfalt bei der Umsetzung baute man beim IWAZ eine solide Grundlage für viele Jahre. Zwar gab es Evolution – im IWAZ und auch auf Software-Seite – aber das Bedürfnis, wieder einmal einen Riesenschritt zu wagen, akzentuierte sich erst ab 2013: Das IWAZ stellt um auf webbasierte IT. IQSoft wurde für SQL eingerichtet.
Ein Neubeginn und Grundlagenarbeit
Der Weg war frei für webbasiertes Arbeiten. Dann sah Hans Peter Waffenschmidt ISO 9001:2015. Ihm gefiel, was er las: «Ich finde diese Norm gut. Und wir standen als Institution ohnehin vor der Aufgabe, unsere Struktur und Strategie zu überdenken. Also haben wir letztes Jahr alles aufs Mal umgestellt.»
Was nach einem schnellen Schritt tönt, war in Tat und Wahrheit eine mehrmonatige Phase intensiver Grundlagenarbeit. Die Führungsstruktur des Unternehmens wurde überdacht, die Geschäftsleitung schlanker. Und nach 18 Jahren «fast ohne Probleme» wurde auch die gesamte Prozesslandschaft unter IQSoft einer eingehenden Neubewertung unterzogen: «Ich war nicht extrem scharf darauf, etwas zu ändern. Wir hatten mit unserer Software 21 SQSAudits auf Anhieb bestanden. Aber aus technischen Gründen war der webbasierte Relaunch einfach besser.»
Mammutprojekte sind erst einmal Chefsache
Werner Betschart, Assistent und Projektleiter der Geschäftsleitung beim IWAZ: «Hans Peter Waffenschmidt definierte die inhaltlichen Normen, ich betreute das Re-Design des Systems mit den Verantwortlichen aller Bereiche wie Wohnen, Ausbildung und Produktion und arbeitete eng mit Colin Kost von der IQS AG.» Betschart und Waffenschmidt schmunzeln: «Der Herr Kost hat uns vermutlich schon etwas speziell gefunden. Wir hatten ganz präzise Vorstellungen, wie das Programm für die Mitarbeitenden aussehen sollte – bis hin zur Darstellung und Schriftart. Und manchmal wollten wir Lösungen, die an die Grenze bisher möglicher Funktionen gingen. Aber Kost merkte wohl: Hier kann man was bewegen und hat sich dann immer gleich hingesetzt und weiterentwickelt.»
Die Chefetage bei IWAZ forderte nicht nur, sie leistete auch, denn allen Beteiligten war klar: Das alte System wird erst abgeschaltet, wenn das neue rund läuft. Um diesen Wechsel vorzubereiten, zog sich die Projektleitung für fünf Tage aus dem Alltagsgeschäft zurück. Sämtliche bestehenden Dokumente wurden angeschaut.
Weniger Prozesse
Betschart: «Unter anderem fragten wir uns, ob wirklich alle 120 Prozesse weiterleben sollten. Heute haben wir noch 90 und die Zahl der Dokumente sank von 650 auf unter 600. Aber aufgepasst: So eine Entschlackung muss man voll im Griff behalten. Es darf ja keinesfalls ein wichtiges Prozesselement gelöscht werden! Deshalb war es auch sehr wertvoll, dass ich die Zeit bekam, die Verantwortlichen unserer Abteilungen wochenweise bei ihrer Arbeit zu begleiten. Ich wollte erleben, worauf es ankam.»
Werner Betschart spricht damit ein Kernthema rund um alle prozessorientierten Qualitätsbemühungen an – ob mit oder ohne elektronische Unterstützung: Vorarbeiten müssen auf jeder Management-Ebene sauber erledigt werden, sonst führt der Start zum Desaster. Und Hans Peter Waffenschmidt ist überzeugt: «Der Qualitätsleiter und seine Leute brauchen 100% Rückendeckung von ihrer Geschäftsleitung. Anders funktioniert das nicht.»
Klarheit übers weitere Vorgehen
Waffenschmidt betont zudem den Wert sorgfältiger Aufgabenverteilung: «Wir fanden heraus, was zu tun war und konnten anschliessend die anstehenden Aufgaben präzis an die Qualitätsverantwortlichen unserer Abteilungen delegieren. Ich bin ja als Qualitätsleiter für das System zuständig, aber nicht für eine Abteilung. Wie sollte ich beispielsweise Kriterien in der Pflege definieren? Unsere Bereichsleiter haben ihre Arbeit wirklich gut gemacht. Dank ihrer Vorschläge konnten wir als Projektbetreuer alle Prozessabläufe sauber definieren.»
Rückblickend ist man sich beim IWAZ sicher, dass eben diese solide Vorbereitung gewährleistete, dass die Auditoren der Rezertifizierung im November 2015 mit grosser Gelassenheit begrüsst werden konnten. Waffenschmidt und Betschart: «Wir hatten uns entschieden, alle Dokumente neu zu nummerieren und zu verlinken, sowie Kopf- und Fusszeilen anzupassen. Wohlgemerkt: Wir konnten 80% des alten ins neue System übernehmen, aber das alles war ein schönes Stück Arbeit.»
Anwendung ohne langes Einarbeiten
Und wie schnell findet sich ein Erstanwender in IQSoft zurecht? Waffenschmidt: «So schnell wie auf der Homepage von Ricardo. Wenn ich unser Qualitäts- und Führungssystem vorstelle, rede ich gar nicht über IQSoft. Ich mache auch keine Powerpoints, sondern starte das Programm und los geht’s. Was dann passiert: Die Leute klicken ein paar Mal und sind da, wo sie hinwollen. Das Management des IWAZ ist sich bewusst, dass der Neubeginn für manche Beteiligten etwas unbequem war: «Es riss uns alle aus dem Alltagstrott. Aber wir erlebten sehr erfreut, dass danach ein Ruck durch die Firma ging. Die Motivation, im Team das Beste zu erreichen, ist spürbar gestiegen.»
Und die Zukunft? Die Perfektionisten beim IWAZ haben sich bereits entschieden, 2016 sämtliche Abläufe in einem Kaderseminar ein weiteres Mal unter die Lupe zu nehmen. Und das nicht etwa, weil sie unzufrieden wären: «Unsere Mitarbeitenden geben uns sehr positive Rückmeldungen. Sie kommen auch mit kleinen Wünschen, die wir ihnen sehr gerne erfüllen. Und für grössere Aufgaben wenden wir uns ans Team der IQS AG. Dort haben wir in 20 Jahren nie ‹unmöglich› gehört. Kurz: Wir haben hier wirklich ein tolles System, eine gute Software und wollen nun weiter feilen. Das ist das Wesen kontinuierlicher Verbesserung. Man ist nie fertig.»
Rezertifizierung
Aus dem vor 20 Jahren von Hans Peter Waffenschmidt als persönliches Qualitäts-Turngerät empfundenen IQSoft ist durch den umfassenden Relaunch eine topfitte Unterstützung für alle Mitarbeitenden geworden. Das alte System wurde vor der Neu-Zertifizierung vom 20. November 2015 unwiderruflich abgeschaltet. Die SQS-Auditoren applaudierten: Das IWAZ ist eine der ersten sozialen Institutionen in der Schweiz, das nach der überarbeiteten Norm ISO 9001:2015 zertifiziert wurde. Und zwar mit Bestnoten