Patientensicherheit über alles

Die Qualität der Leistungserbringer im Schweizer Gesundheitswesen gilt seit jeher als unbestritten hoch. Dennoch ist das Interesse an Qualitätsfragen in der Öffentlichkeit und Politik in den letzten Jahren stark gewachsen. Mit der Einführung der Fallpauschalen 2012 ist das Bedürfnis weiter gestiegen, die Qualität von Behandlungsergebnissen zu messen und zu vergleichen.

Patientensicherheit über alles

 

 

 

Die Schweizer Spitäler und Kliniken erbringen qualitativ hochstehende Arbeiten. Das Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen und die Qualitätssicherung gewinnen im wachsend kompetitiven Gesundheitsmarkt zunehmend an Bedeutung. Zwischen den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen und den Spitälern und Kliniken bestehen unterschiedliche Vorstellungen, was unter den Begriff der Qualität fällt. So spielt auch der gesetzliche Rahmen, in welchem das Spital agiert, eine zentrale Rolle in Bezug auf den Aufbau eines qualitätsfördernden Umfelds.

Vermehrte Transparenz gefordert

 

Gemäss dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) sind Spitäler und Kliniken beauftragt, ihre Qualität zielgerichtet und systematisch zu sichern und zu fördern. Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes von 2007 legen Spitäler und Kliniken die Wirtschaftlichkeit und Qualität ihrer Leistungen dar. Mit der Einführung der Fallpauschalen erhöht sich die Transparenz im Gesundheitswesen. Patienten können für Wahleingriffe die Leistungen der einzelnen Spitäler und Kliniken besser vergleichen und sich dann entscheiden, wo sie sich behandeln lassen wollen. Dies schafft neue Voraussetzungen für den Qualitätswettbewerb.

Transparenz und Vergleichbarkeit von Daten

 

Die Qualitätsberichterstattung und die Veröffentlichung von Messergebnissen und Qualitätsindikatoren stehen in enger Beziehung mit der Transparenz. Doch mit der Transparenz ist vorsichtig umzugehen. Reaktionen der Medien und der Politik geben Grund zur Sorge, dass eine vermehrte Transparenz die Öffentlichkeit verunsichert und die Gefahr von missbräuchlichen Interpretationen birgt. Bei den Spitälern und Kliniken steigt zudem die Angst vor unbegründeten Sanktionen oder Rechtsstreitigkeiten.

 

So sind z.B. Sterberaten keine Qualitätsindikatoren per se, obwohl sie der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung dienen. Die Sterberaten sagen bezogen auf einen einzelnen Betrieb jedoch nichts über die Qualität der erbrachten Leistungen aus und können auch nicht miteinander verglichen werden. Das BAG publiziert die Mortalitätszahlen und berücksichtigt zwar Alter und Geschlecht der Patientinnen und Patienten, womit man eine gewisse Risikobereinigung erreicht, unterscheidet jedoch nicht zwischen krankheits- und unfallbedingten Todesfällen und den vermeidbaren, fehlerbedingten Todesfällen. Aus diesem Grund sind die öffentliche Publikation der Mortalitätszahlen von ausgewählten Behandlungen und das Heranziehen dieser Sterberaten als Qualitätsindikator irreführend, da je nach Spital und Patientenmix die Mortalität unterschiedlich ausfallen kann und daher ein direkter Vergleich unter den Spitälern und Kliniken nicht zulässig ist. Eine hohe Mortalität für eine bestimmte Behandlung lässt nicht zwangsläufig auf eine schlechte Behandlungsqualität schliessen. Die Ergebnisse der Mortalitätsstatistiken müssen deshalb differenziert und mit der notwendigen Vorsicht interpretiert werden.

Die Rolle von H+

 

Als Interessenvertreter der Spitäler und Kliniken versteht sich H+ auchbei Qualitätsthemen als Teil eines Netzwerkes (siehe Kasten). H+ setzt sich für die Offenlegung von zuverlässiger Ergebnisqualität ein. Spitäler, Versicherer und Kantone einigten sich innerhalb des Nationalen Vereins für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) auf einen Messplan für die stationären Bereiche in der Akutsomatik, der Rehabilitation und der Psychiatrie. Einheitlich eingesetzte Messinstrumente ermöglichen es, Qualitätsvergleiche zu machen. H+ ist mit sechs Vertretern im ANQ-Vorstand und koordiniert die Vernehmlassung der Auswertungs- und Publikationskonzepte bei den Mitgliedern.

 

Ausserdem unterstützt H+ seine Mitglieder mit der Branchenlösung Qualität und bietet jährlich eine Vorlage zur Qualitätsberichterstattung an. Mittlerweile veröffentlichen über 220 Spitäler und Kliniken ihre Qualitätsberichte auf dem von H+ betreuten Spitalportal www.spitalinformation.ch

 

Mit dem Spitalportal www.spitalinformation.ch trägt H+ zu mehr Transparenz in der Spital- und Klinikbranche bei. Das Portal beinhaltet Suchfunktionen für die Akutsomatik, die Psychiatrie, die Rehabilitation und für Notfallstationen (Abb. 1). Die Website ist für Patientinnen und Patienten sowie Zuweiser eine wertvolle Hilfe bei der Spitalsuche. Dank spitalinformation.ch findet man schnell und einfach das passende Spital, abgestimmt auf die eigenen Bedürfnisse. Die Website wird durch die kostenlose Mobile-App «Spitalinformation» für Smartphones ergänzt. Dank dieser Lösung kann man auch unterwegs nachschlagen, wo sich das nächstgelegene Spital mit einer Notfallstation befindet. Im Weiteren finden sich Tipps, wie man in einer Notfallsituation richtig reagiert.

Kein Papierdschungel, sondern Mehrwert für den Patienten

 

Neben der Unterstützung innerhalb nationaler Bestrebungen zur Qualitätssicherung setzt sich H+ auch für den unternehmerischen Freiraum seiner Mitglieder ein. Denn die Spitäler und Kliniken streben aus eigenem Interesse eine hohe Qualität an, u.a. in den Bereichen Hygiene und Medikamentensicherheit. Sie überprüfen diese regelmässig, z.B. in Form von Audits oder Zertifizierungen.

 

Mit Fokus auf die Patientensicherheit unterstützt H+ das Votum «so viele Vorgaben wie nötig, so wenige wie möglich». Eine Informationsflut und unnötiger Dokumentationsaufwand sind zu vermeiden. Doppelspurigkeiten sind zu bekämpfen. Im Gesundheitswesen sind die primären Qualitätsmerkmale – Behandlungserfolg und Sicherheit – oft schwer oder nur mit grossem Aufwand messbar. Das Ziel eines effizienten Quality-Management-Systems ist es, die Dokumentation auf das Notwendige zu beschränken und die Grundlage von Verbesserungsmassnahmen zu schaffen, um letztendlich einen Patientennutzen zu generieren.

Patientensicherheit als wichtiger Bestandteil der Qualitätssicherung

 

Fehler geschehen überall, wo Menschen arbeiten – so auch in der Medizin. In der Chirurgie zum Beispiel sind Operationsfehler wie Seiten- oder Eingriffsverwechslungen, Infektionen oder vergessene Fremdkörper ein Tabu, können jedoch auch in der Schweiz vorkommen. Der Schlüssel zur Verbesserung liegt nicht in Appellen an die Sorgfalt und in Schuldzuweisungen, sondern in der Entwicklung einer konsequenten und konstruktiven Sicherheitskultur. Die Stiftung patientensicherheit schweiz bietet Hand in der Einführung und Umsetzung von Sicherheitskonzepten. Aktuell koordiniert sie ein Pilotprogramm, das zu einem besseren Sicherheitsmanagement in der Chirurgie beitragen soll. Kernstück ist die WHO-Checkliste, die für die Schweiz adaptiert wurde (Abb. 2). Die systematische Anwendung einer chirurgischen Checkliste kann Zwischenfälle verhindern oder rechtzeitig auffangen. Ein weiteres nationales Projekt im Bereich der Medikationssicherheit folgt.

Qualität der Schweizer Spitäler im internationalen Vergleich

 

Die Qualität der Leistungen des schweizerischen Gesundheitswesens ist – verglichen mit OECDStaaten – unbestritten hoch. Dies zeigt sich in traditionellen Indikatoren für den Gesundheitszustand der Bevölkerung, wie am Beispiel der überdurchschnittlich hohen Lebenserwartung bei der Geburt, aber auch beim Umfang und der Erreichbarkeit der Leistungen, dem Zugang zu Medikamenten sowie bei Rechten und Informationen der Patienten.

 

Im stationären Bereich ermöglicht der ANQ bereits erste Aussagen. Die Messergebnisse der Prävalenzmessung zu Sturz und Dekubitus (Wundliegen) zeigen, dass die Schweizer Spitäler und Kliniken in der Dekubitusprävention international sehr gut sind. Im direkten Vergleich mit Messungen in andern Ländern liegen die Schweizer Dekubitusraten (mit und ohne Kategorie 1) erfreulicherweise tief.

 

Für die optimale Behandlung der Patientinnen und Patienten arbeiten Spitalärzte, Pflegefachkräfte und alle andern Berufsgruppen in den Spitälern und Kliniken partnerschaftlich und eng zusammen. Die Qualitätssicherung betrifft letztendlich alle, die am Patienten arbeiten.

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