Oberflächenqualität am Fraunhofer- Institut IFAM

Hinter der Bezeichnung Fraunhofer IFAM steckt ein wichtiger Forschungsbereich. Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM (Klebtechnik und Oberflächen) ist die europaweit grösste unabhängige Forschungseinrichtung auf dem Gebiet der industriellen Klebtechnik. Ein Blick hinter die IFAM-Qualitätssicherung.

Oberflächenqualität am Fraunhofer- Institut IFAM

Kleben, Lackieren und Beschichten sind Arbeitsschritte, die in sämtlichen Industriezweigen – beispielsweise Transportmittelbau, Maschinen- und Anlagenbau oder Elektroindustrie, aber auch Medizintechnik – zur Anwendung kommen. Nicht immer verlaufen sie problemlos: Bei der oft notwendigen Vorbehandlung der Materialoberflächen kann es zu Fehlern kommen, die zunächst unentdeckt bleiben.

 

Um daraus resultierende Schadensfälle zu vermeiden, empfiehlt sich eine durchgängige Überwachung der Oberflächenqualität im Fertigungsprozess.

Vorbehandlung wichtig und schwierig
Wenn Klebverbindungen aufgrund mangelnder Haftung versagen, sind erfahrungsgemäss in etwa 70 Prozent der Fälle verunreinigte Oberflächen die Ursache. Auch bei Lackierungen und Beschichtungen werden Mängel oft im Nachhinein entdeckt. Die Fehlerquelle ist hierbei überwiegend die Vorbehandlung der Materialien. Ihr kommt im Gesamtprozess eine Schlüsselfunktion zu:

 

Erst das Reinigen und Aktivieren von Oberflächen garantiert in vielen Fällen erfolgreiche Klebungen, Lackierungen und Beschichtungen. Die entscheidenden Vorgänge der teilweise mehrstufigen Vorbehandlungen spielen sich im Grössenbereich weniger Nanometer ab. Eine durchgängige Überwachung dieser Prozesse war bisher kaum möglich.

 

Die Qualitätssicherung wurde im Allgemeinen nur durch zerstörende Prüfungen an Stichproben nach Herstellung der Klebung, Lackierung oder Beschichtung durchgeführt. Verunreinigungen oder unvollständige Vorbehandlungen – beispielsweise Fingerabdrücke oder lückenhafte Aktivierungen – blieben bislang oft unentdeckt, weil sie nicht sichtbar sind.

 

Zusätzlich zu modernen Prüfverfahren der fertigungsintegrierten Qualitätssicherung (im laufenden Prozess) erarbeiten die Spezialisten an den Fraunhofer-IFAM-Forschungsstandorten auch Lösungen für die Bereiche der fertigungsbegleitenden Prüfung, Wartung und Reparatur, dies auch nach wie vor mithilfe von handgeführten Messgeräten.

Permanente Qualitätskontrollen
Das Tätigkeitsfeld «Klebtechnik» umfasst zum Beispiel die Entwicklung und Charakterisierung von Klebstoffen und Matrixharzen, die beanspruchungsgerechte konstruktive Auslegung und Simulation von Kleb-, Niet- und Hybridverbindungen sowie deren Charakterisierung, Prüfung und Qualifizierung. Ebenso stehen Planung und Automatisierung der industriellen Fertigung der einzelnen Verbindungen im Vordergrund.

 

Forschende am IFAM-Institut wissen um die Schwierigkeit: Grundlage, aber auch komplexe Herausforderung einer optimalen Qualitätssicherung von hochsensiblen Fertigungsprozessen bietet nur eine durchgängige Überwachung des Oberflächenzustands. In der laufenden Produktion ist dies jedoch sehr schwierig. Deshalb arbeitet das IFAM an Methoden, die eine verlässliche Fehlererkennung garantieren.

 

Die Arbeitsgruppe «Qualitätssicherung von Oberflächen des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM» bringt wiederum neue, hochmoderne Verfahren der permanenten Oberflächenüberwachung im Produktionsprozess zur Anwendungsreife. Hierzu werden für verschiedene Materialien und Anwendungen Vorgehensweisen entwickelt, die eine einfache, aber effiziente Überprüfung vorbehandelter Oberflächen «vor dem nächsten Prozessschritt » ermöglichen. Ein zentraler Ge-sichtspunkt ist dabei die Flexibilität der jeweiligen technischen Lösung. Damit lässt sich eine durchgängige Überwachung des Zustands von Bauteiloberflächen in die individuellen Fertigungsprozesse des Kunden integrieren.

 

Zwei Kontrollverfahren, welche an der IFAM eingesetzt werden:

 

Die OSEE (Optically Stimulated Electron Emission) nutzt zum Beispiel den photoelektrischen Effekt an Oberflächen zur Erfassung von Verschmutzungen oder Beschichtungen aus. Das Verfahren ist auf metallischen Oberflächen, aber auch auf CFK-Oberflächen, z. B. zur Erfassung von Restkontaminationen durch Fette auf Aluminiumdruckgussbauteilen einsetzbar.

 

Ein anderes Beispiel ist die Aerosol-Benetzungsprüfung, mit der die Qualität der Oberflächenvorbehandlung grossflächig überprüft werden kann. Speziell entwickelte Bilderfassungssysteme sowie Auswertungsroutinen ermöglichen sichere Aussagen und sind optimal in laufende Produktionsprozesse integrierbar.

Oberflächenkontrolle im Mittelpunkt
Am Institut beschäftigt man sich mit massgeschneiderten Oberflächenmodifizierungen. Derzeit bündeln über 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 21 Abteilungen ihr breites technologisches und wissenschaftliches Knowhow in sieben Kernkompetenzen: Metallische Werkstoffe, Polymere Werkstoffe, Oberflächentechnik, Kleben, Formgebung und Funktionswerkstoffe, Elektromobilität, Automatisierung und Digitalisierung.

 

Diese Kernkompetenzen – jede für sich und im Zusammenspiel – begründen die starke Position des Instituts am Forschungsmarkt und bilden die Basis für zukunftsorientierte Entwicklungen zum Nutzen der Gesellschaft.

 

Die Produkte und Technologien adressieren vor allem Branchen mit besonderer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit: Luftfahrt, Automotive, Energietechnik, Medizintechnik und Life Sciences sowie Maritime Technologien. Am Institut entwickelte Lösungen kommen aber auch in anderen Wirtschaftszweigen wie dem Maschinen- und Anlagenbau, der Elektronik und elektrotechnischen Industrie sowie dem Schiff- und Schienenfahrzeugbau oder der Verpackungs- und der Bauindustrie zur Anwendung.

 

In den jeweiligen Abteilungen wird das industrielle Einsatzspektrum vieler Werkstoffe deutlich gemacht. Die Adhäsions- und Grenzflächenforschung zum Beispiel arbeitet unter anderem an der Früherkennung von Degradationserscheinungen, der Validierung von Alterungsprüfungen und der prozessintegrierten Oberflächenkontrolle.

 

Der Institutsbereich Klebtechnik und Oberflächen ist nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert, das Werkstoffprüflabor und das Korrosionsprüflabor zusätzlich nach DIN EN ISO / IEC 17025 akkreditiert. Das Klebtechnische Zentrum ist über DVS-PersZert nach DIN EN ISO / IEC 17024 als akkreditierte Personalqualifizierungsstelle für die klebtechnische Weiterbildung international anerkannt. Es ist, wie übrigens auch das Kunststoff-Kompetenzzentrum Bremen, nach AZWV zertifiziert.

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