Normen für Industrie 4.0 werden international erarbeitet

Die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) delegiert Schweizer Expertinnen und Experten in internationale Gremien, damit diese ihr Know-how im Zusammenhang mit Industrie 4.0 einbringen.

Industrie 4.0
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Was regeln Normen? Um diese Frage zu beantworten, muss man den Normungsprozess kennen. Die SNV stellt für die Thematik Industrie 4.0 keine Schweizer Normen auf. Sie ist aber in ein internationales Netzwerk eingebunden und delegiert Schweizer Expertinnen und Experten in internationale Normenkomitees. Diese Fachleute bringen ihre Ideen und Expertise in weltweite Normungsorganisationen ein, etwa in die ISO, IEC, CEN, CENELEC sowie in weitere internationale Zusammenschlüsse. Gleichzeitig ermöglicht die Mitarbeit den Beteiligten, bereits früh von den neuesten Diskussionen und Entwicklungen Kenntnis zu haben und diese für die eigene Organisation zu nutzen. Denn Normen entwickeln sich aus der Praxis für die Praxis. Der Wissensvorsprung kann speziell auch im Bereich Industrie 4.0 dazu beitragen, dass sich ein Schweizer Unternehmen sehr früh auf die neuesten Entwicklungen ausrichten kann.

Die Normung steht für offene Systeme

Industrie 4.0 basiert auf dem rasanten Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologien. Entsprechend vielfältig und komplex ist dieses Gebiet. Damit wird auch klar, dass es kaum Normen gibt, die den gesamten Bereich der Industrie 4.0 abdecken. Zu verschieden sind benötigte Maschinenteile, Verbindungsstücke, Steuerungen oder andere digitale Elemente. Die Normung engagiert sich deshalb vor allem im Bereich des Datenaustauschs, damit einzelne Systeme miteinander kommunizieren können. Denn Industrie 4.0 soll letztlich zu einer effizienten und Ressourcen schonenden Produktion führen. So meldet beispielsweise das System, dass ein Bohrer nach weiteren 100 Bohrungen ersetzt werden muss. Da dieser rechtzeitig bereitgestellt werden kann, gibt es keine Ausfallzeiten. Auch Fehlproduktionen werden vermieden, weil der Bohrer ersetzt wird, bevor er fehlerhaft bohrt. Das Teil wird aber nicht wie früher beim routinemässigen Service ersetzt, sondern erst wenn es wirklich verbraucht ist. Mit Sensoren wird der Bohrer überwacht. Sobald ein Grenzwert überschritten ist, schickt dieser eine Meldung an den «digitalen Zwilling» der Maschine. Über Internet kann diese Information von überall abgerufen werden oder je nach System wird sogar eine automatische Bestellung ausgelöst.

Dieses Zusammenspiel, die Interoperabilität der einzelnen Elemente ist also zentral. Dafür braucht es professionelle Software, die auf standardisierten Schnittstellen basieren und so den Datenaustausch und dadurch die gewinnbringende Datennutzung ermöglichen. Es gibt zwar Unternehmen, die im Sinne eines One-Stop-Shop ihre Produkte bewusst so gestalten, dass sie nicht mit anderen kompatibel sind. Damit möchten sie Kundinnen und Kunden dazu bringen, nur ihre Produkte zu benutzen. Das mag seine Vorteile haben, schafft aber zugleich auch Abhängigkeiten oder schränkt die Möglichkeiten ein. Und wenn man davon ausgeht, dass im Bereich der Industrie oft individuelle Lösungen gesucht werden müssen, dann ist das Verknüpfen von standardisierten Elementen mit speziell gefertigten Komponenten nur mit offenen Systemen möglich, die über Schnittstellen verknüpft werden können. Die Normung zielt entsprechend darauf ab, vor allem bei diesen Schnittstellen eine möglichst gute Kompatibilität zu erreichen, um eine grösstmögliche Flexibilität zur erhalten. Weitere Themen der Normung im Bereich Industrie 4.0 sind Datensicherheit, Integration und Automation der Systeme, künstliche Intelligenz und Sicherheitsaspekte im Zusammenspiel von Maschinen und Mitarbeitenden.

Die Zukunft ist schon da

Unternehmen, ob klein oder gross, kommen langfristig kaum darum herum, sich mit Industrie 4.0 zu beschäftigen und in diese Richtung zu investieren. Tun sie es nicht, wird sich dies über kurz oder lang nachteilig auswirken. Denn Mitstreiter werden kostengünstiger produzieren können, da Industrie 4.0 zu einer effizienteren und ressourcenschonenderen Produktion führt. Normen ermöglichen, dass Anlagen zu einem späteren Zeitpunkt erweitert oder einzelne Komponenten modernisiert werden können.

Ansprechpartner für weitere Informationen:
Marcel Knecht, marcel.knecht@snv.ch, Tel: +41 52 224 54 27

Die wichtigsten Normen zum Thema Industrie 4.0

  • SN EN ISO/IEC 27001:2017 – Informationstechnik – Sicherheitsverfahren – Informationssicherheits-Managementsysteme – Anforderungen

  • IEC PAS 63088:2017 – Smart manufacturing – Reference architecture model industry 4.0 (RAMI4.0)

  • ISO/IEC 21823-Normenreihe – Internet of things (IoT) – Interoperability for IoT systems

  • ISO/IEC 30161:2020 – Internet of Things (IoT) – Requirements of IoT data exchange platform for various IoT services

 

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