Neue Steuerbelastungen für Schweizer KMU?
Die in den Medien viel diskutierte Unternehmenssteuerreform III (UStR III) nimmt langsam Form an. Als KMU stellt sich die Frage, ob und wann steuerplanerische Massnahmen anzusetzen sind.
Das hiesige Unternehmenssteuerrecht hat viel zur Standortattraktivität der Schweiz beigetragen und einige, teilweise auch prominente Unternehmen zum Umzug in die Schweiz bewogen. Seit mehreren Jahren steht aber genau dieses Zugpferd des Standortes Schweiz unter enormem internationalem Druck. Insbesondere die EU und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) drängen die Schweiz dazu, die internationalen Standards zu übernehmen.
Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen hauptsächlich die kantonalen Steuerprivilegien für Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften, welche teilweise in- und ausländische Erträge ungleich behandeln und so attraktive steuerliche Bedingungen für multinationale Unternehmen schaffen. Auf politischer Ebene und bei Wirtschaftsverbänden wird seit Längerem über mögliche und notwendige Anpassungen des Unternehmenssteuerrechts diskutiert, damit die Attraktivität des Steuerstandortes Schweiz erhalten, international akzeptiert und gleichzeitig gestärkt wird. Am 5. Juni 2015 hat der Bundesrat die Botschaft zur UStR III verabschiedet, womit die Reform bereit für die parlamentarische Beratung ist.
Inhalt der Unternehmenssteuerreform III
Die UStR III setzt ihren Fokus auf drei Hauptziele: Gewährleistung einer weiterhin kompetitiven Unternehmenssteuerbelastung, Wiederherstellung der internationalen Akzeptanz sowie die Sicherung der finanziellen Ergiebigkeit der Gewinnsteuern für Bund, Kantone und Gemeinden. Um diese Ziele zu erreichen, schlägt der Bundesrat verschiedene Massnahmen vor. Einerseits sollen die kantonalen Sonderregelungen für Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften abgeschafft, und andererseits neue attraktive Regelungen für mobile Erträge eingeführt werden. Zusätzlich sind kantonale Gewinnsteuersatzsenkungen sowie verschiedene Massnahmen zur Verbesserung der Systematik des Unternehmenssteuerrechts vorgesehen. Im nachfolgenden werden die drei Elemente der UStR III kurz zusammengefasst und erläutert.
Patentbox und Förderung von Forschung & Entwicklung (F&E)
Für forschungsintensive Unternehmen soll auf kantonaler Ebene eine Patentbox eingeführt werden. Zudem soll es den Kantonen ermöglicht werden, erhöhte Abzüge für F&E-Aufwendungen vorzusehen. Das Grundkonzept der Patentbox sieht vor, dass juristische Personen bis zu 90 Prozent ihrer Ergebnisse aus Patenten, welche im Eigentum oder zur
Nicht in die Botschaft zur UStR III geschafft hat es die zinsbereinigte Gewinnsteuer.
Nutzniessung gehalten werden, auf kantonaler Ebene steuerlich in Abzug bringen können. Dadurch kann, je nach Kanton, ein effektiver Gesamtsteuersatz auf solchen Einkünften von ca. 10 Prozent erreicht werden. Leider sieht der momentane Gesetzesentwurf eine relativ enge Auslegung des Begriffs «Patente» vor. Vorgesehen ist, dass lediglich Erträge aus angemeldeten Patenten qualifizieren. Andere Immaterialgüter wie zum Beispiel Markenrechte, Handelsnamen oder nicht angemeldete Erfindungen sind von der steuerlichen Privilegierung ausgenommen. Neben der Patentbox soll den Kantonen die Möglichkeit eingeräumt werden, auf Kantonsebene einen erhöhten Abzug für F&E-Aufwendungen einzuführen. Die Eckwerte eines solchen erweiterten F&E-Abzuges werden den Kantonen überlassen, wobei die Förderung ausschliesslich auf im Inland betriebene F&E-Tätigkeiten beschränkt ist.
Gewinnsteuersatzsenkungen
Die kantonalen Gewinnsteuersatzsenkungen sind formell nicht Teil der Reform, da diese in den Kompetenzbereich der Kantone fallen. Das Reformpaket der UStR III sieht jedoch vor, dass der Bund den Kantonen durch vertikale Ausgleichsmassnahmen finanzpolitischen Handlungsspielraum verschaffen soll, damit die Kantone in der Lage sind, die ordentlichen Gewinnsteuersätze auf durchschnittlich 16 Prozent zu senken und so den Wegfall der kantonalen Steuerprivilegien auszugleichen.
Verbesserung der Systematik des Unternehmenssteuerrechts
Das dritte Element der Reform dient vor allem der Vereinheitlichung bestehender Regeln und zielt auf eine ausgewogene Steuerbelastung im Bereich der Kapitaleinkünfte.
–Einführung einer einheitlichen Regelung zur Aufdeckung stiller Reserven
Neu soll eine Aufdeckung von stillen Reserven nicht nur bei Wegzug oder Wegfall der Steuerpflicht, sondern auch bei Zu-zug bzw. Beginn der Schweizer Steuerpflicht stattfinden. Damit können stille Reserven (inkl. selbst geschaffenem Mehrwert/ Goodwill) unabhängig von der handelsrechtlichen Aktivierungsfähigkeit bei Beginn der Steuerpflicht in der Steuerbilanz aufgedeckt werden. Die steuerlich aufgewerteten Aktien sind dabei gemäss den üblichen Abschreibungssätzen abzuschreiben, wobei die Abschreibungsdauer bei einem Goodwill nicht länger als zehn Jahre dauern darf.
Ein Augenmerk ist auf die neue explizite Erwähnung zu richten, dass bei Wegfall der Schweizer Steuerpflicht auch ein bestehender Mehrwert (zum Beispiel bei Verlagerung von Verkaufs- oder Dienstleistungsfunktionen ins Ausland) besteuert wird. Für Unternehmen, welche vom Wegfall eines kantonalen Steuerprivilegs betroffen sind, werden entsprechende Erleichterungen geschaffen. Die im Zeitpunkt des Wegfalls eines solchen Steuerprivilegs bestehenden stillen Reserven können während fünf Jahren, sofern realisiert, gesondert und reduziert besteuert werden. Die anzuwendenden Steuersätze werden dabei durch die Kantone festgelegt.
– Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital
– Anpassungen beim Teilbesteuerungsverfahren
Die privilegierte Besteuerung von Dividendeneinkünften soll kantonal vereinheitlicht werden. Einerseits wird die Entlastung nur noch über die Bemessungsgrundlage möglich sein (Teilbesteuerungsverfahren) und andererseits wird die Entlastung auf einheitlich 30 Prozent beschränkt. Die minimale Beteiligungshöhe für die Geltendmachung der privilegierten Dividendenbesteuerung wurde bei 10 Prozent belassen, nachdem in der Vernehmlassungsvorlage noch eine Ausweitung auf alle Beteiligungen vorgesehen war.
– Anpassungen bei der pauschalen Steueranrechnung (Motion Pelli)
Schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen, welche ordentlich besteuert werden, sollen für mit ausländischen Steuern belastete Erträgnisse, unter bestimmten Voraussetzungen, die pauschale Steueranrechnung beanspruchen können.
Im Vorfeld viel diskutiert, aber schliesslich nicht in die Botschaft zur UStR III geschafft haben es die zinsbereinigte Gewinnsteuer, die geplanten Anpassungen bei der Kapitalsteuer sowie die Tonnage Tax, welche die Hochseeschifffahrt steuerlich fördern sollte. Hinsichtlich der Tonnage Tax wurde angemerkt, dass diese nicht verfassungskonform sei, da keine explizite verfassungsrechtliche Grundlage zur Förderung der Hochseeschifffahrt bestehe. Weiter blieben die Anpassungen beim Beteiligungsabzug (Änderung von der indirekten zur direkten Freistellung) sowie bei der Verlustverrechnung unberücksichtigt. Besonders erfreulich ist, dass die Einführung einer Kapi-
Die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer fand im Vernehmlassungsverfahren keinen Anklang.
talgewinnsteuer im Vernehmlassungsverfahren keinen Anklang fand und ebenfalls ersatzlos gestrichen wurde.
Auswirkungen für Schweizer KMU
Die Abschaffung der kantonalen Steuerprivilegien wird nicht nur multinationale Konzerne, sondern auch zahlreiche Schweizer KMUs mit Schweizer Holdingstrukturen betreffen. Wenn der Holdingstatus erfüllt ist, dann wird auf kantonaler Ebene der Gewinn nicht besteuert. Damit sind nicht nur die Dividendenerträge, sondern auch Zins- und Lizenzerträge, Entschädigungen für Managementfunktionen etc. steuerbefreit. Durch die Abschaffung der Privilegien wird auch die steuerliche Privilegierung auf diesen Nicht-Dividendenerträgen aufgehoben. Planungsbedarf besteht somit insbesondere für Holdingstrukturen, welche heute die reduzierte Besteuerung von übrigen (Nicht-Dividenden-)Erträgen in Anspruch nehmen können. Die reinen Dividendenerträge werden auch künftig durch den Beteiligungsabzug entlastet.
Alles in allem wird die UStR III für ausschliesslich national tätige KMUs keine signifikanten Auswirkungen haben. Die gewichtigsten Effekte werden die Senkung der Gewinnsteuersätze sowie die Verschlechterung bei der privilegierten Dividendenbesteuerung mit sich bringen. Nicht zu übersehen ist jedenfalls, dass die UStR III mittels Patentbox und erhöhten F&E-Aufwendungen insbesondere die Investitionstätigkeit in der Schweiz fördern will. Wann und in welcher Form die UStR III schlussendlich eingeführt wird, ist heute noch ungewiss. Dennoch sollten sich Schweizer KMUs auf die Veränderungen vorbereiten und auf einen Steuerberater vertrauen können, welcher sie durch diesen steuerlichen Wandel führt.