Neue KI-Methode kann giftige Chemikalien aufspüren
Schwedische Forscher der Chalmers University of Technology und der Universität Göteborg haben eine KI-Methode entwickelt, mit der giftige Chemikalien besser identifiziert werden können – und zwar allein auf der Grundlage der Kenntnis der Molekularstruktur. Die Methode kann dazu beitragen, die ständig wachsende Zahl der in der Gesellschaft verwendeten Chemikalien besser zu kontrollieren und zu verstehen und zudem die Zahl der Tierversuche zu verringern.
Chemikalien werden in der Gesellschaft in grossem Umfang verwendet, und sie kommen in allen Bereichen vor, von Haushaltsprodukten bis hin zu industriellen Verfahren. Viele Chemikalien gelangen in unsere Wasserwege und Ökosysteme, wo sie negative Auswirkungen auf Menschen und andere Organismen haben können. Ein Beispiel dafür sind PFAS, eine Gruppe problematischer Stoffe, die in jüngster Zeit in besorgniserregenden Konzentrationen sowohl im Grundwasser als auch im Trinkwasser gefunden wurden. Sie wurden zum Beispiel in Löschschaum und in vielen Konsumgütern verwendet.
Negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt treten trotz umfangreicher Chemikalienvorschriften auf, die oft zeitaufwändige Tierversuche erfordern, um nachzuweisen, wann Chemikalien als sicher gelten können. Allein in der EU werden jährlich mehr als zwei Millionen Tiere verwendet, um die verschiedenen Vorschriften zu erfüllen. Gleichzeitig werden in rasantem Tempo neue Chemikalien entwickelt, und es ist eine grosse Herausforderung, festzustellen, welche davon aufgrund ihrer Toxizität für Mensch und Umwelt eingeschränkt werden müssen.
Wertvolle Hilfe bei der Entwicklung von Chemikalien
Die von den schwedischen Forschern entwickelte neue Methode nutzt künstliche Intelligenz zur schnellen und kostengünstigen Bewertung der chemischen Toxizität. Sie kann daher eingesetzt werden, um toxische Substanzen in einer frühen Phase zu identifizieren und die Notwendigkeit von Tierversuchen zu verringern.
„Unsere Methode ist in der Lage, anhand der chemischen Struktur einer Substanz vorherzusagen, ob sie giftig ist oder nicht. Sie wurde entwickelt und verfeinert durch die Analyse grosser Datensätze von Labortests, die in der Vergangenheit durchgeführt wurden. Die Methode wurde so trainiert, dass sie auch für bisher nicht getestete Chemikalien genaue Einschätzungen abgeben kann“, sagt Mikael Gustavsson, Forscher am Fachbereich für mathematische Wissenschaften an der Chalmers University of Technology und am Fachbereich für Biologie und Umweltwissenschaften an der Universität Göteborg.
„Derzeit sind mehr als 100.000 Chemikalien auf dem Markt, aber nur ein kleiner Teil davon hat eine gut beschriebene Toxizität für Mensch und Umwelt. Die Toxizität all dieser Chemikalien mit herkömmlichen Methoden, einschliesslich Tierversuchen, zu bewerten, ist praktisch nicht möglich. Hier zeigt sich, dass unsere Methode eine neue Alternative bieten kann“, sagt Erik Kristiansson, Professor an der Fakultät für mathematische Wissenschaften in Chalmers und an der Universität von Göteborg.
Die Forscher sind der Ansicht, dass die Methode für die Umweltforschung sowie für Behörden und Unternehmen, die neue Chemikalien verwenden oder entwickeln, sehr nützlich sein kann. Sie haben sie daher öffentlich zugänglich gemacht.
Umfassender und genauer als die heutigen Berechnungsinstrumente
Computergestützte Instrumente zum Aufspüren giftiger Chemikalien gibt es bereits, aber bisher waren ihre Anwendungsbereiche zu eng oder ihre Genauigkeit zu gering, um Labortests in grösserem Umfang zu ersetzen. In der Studie der Forscher verglichen sie ihre Methode mit drei anderen, häufig verwendeten computergestützten Instrumenten und stellten fest, dass die neue Methode sowohl eine höhere Genauigkeit aufweist als auch allgemeiner anwendbar ist.
„Die Art von KI, die wir verwenden, basiert auf fortschrittlichen Deep-Learning-Methoden“, sagt Erik Kristiansson. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass KI-basierte Methoden bereits mit konventionellen Berechnungsansätzen mithalten können, und da die Menge der verfügbaren Daten weiter zunimmt, erwarten wir, dass sich die KI-Methoden weiter verbessern werden. Daher glauben wir, dass die KI das Potenzial hat, die rechnerische Bewertung der chemischen Toxizität deutlich zu verbessern.“
Die Forscher sagen voraus, dass KI-Systeme in der Lage sein werden, Labortests in immer grösserem Umfang zu ersetzen.
„Dies würde bedeuten, dass die Zahl der Tierversuche und die wirtschaftlichen Kosten bei der Entwicklung neuer Chemikalien verringert werden könnten. Die Möglichkeit, grosse und vielfältige Datenbestände schnell vorzuprüfen, kann daher die Entwicklung neuer und sicherer Chemikalien unterstützen und dazu beitragen, Ersatz für derzeit verwendete toxische Stoffe zu finden. Wir glauben daher, dass KI-basierte Methoden dazu beitragen werden, die negativen Auswirkungen der chemischen Verschmutzung auf den Menschen und die Ökosystemleistungen zu verringern“, sagt Erik Kristiansson.
Quelle: www.chalmers.se