Mit dem Workshop on the highest level of the Benchmark

Die neuen Benchmark-Zahlen im anspruchsvollen B2B-Markt, in dem Hannes’ Unternehmen tätig ist, sind veröffentlicht. Die Zahlen werden vom CEO in der Wichtigkeit nur eine Haaresbreite hinter dem Gewinn eingeordnet. «Wir werden im kommenden Jahr den Benchmark anführen », ist längst zum Mantra geworden – seit fünf Jahren schon.

Mit dem Workshop on the highest level of the Benchmark

Jahr für Jahr setzt man sich nach der Bekanntgabe der Zahlen zusammen, klopft zuversichtlich-flotte Sprüche, macht die noch schöneren Powerpoints für die Mitarbeiterpräsentation und hängt noch edlere Papierplakate in die Flure mit dem Ziel «We are the Benchmark ONE».

 

Die neusten Zahlen wurden vergangene Woche an der Geschäftsleitungssitzung vorgestellt. Die Anzahl Sorgenfalten des CEOs nahm linear zur Lautstärke und Vehemenz seines als Credo vorgetragenen Ausbruchs zu, dass oben nur Platz für uns sei. Denn statt endlich in die vordere Hälfte vorzustossen, bleibe man nun ein weiteres Mal wieder unter dem Strich. Das Ziel, die EINS zu werden, läuft Gefahr, zu entschwinden.

 

Also gibt’s jetzt eine Sofortmassnahme: Alle Mitarbeitenden müssen in den Workshop «ONE4Benchmark». Hannes ist als Produktionsleiter bereits im ersten solchen dabei.

 

Er nimmt im Plenum Platz. Das Halbrund ohne Tische soll nicht nur die neue Diskussionskultur fördern, sondern auch symbolisch erlebbar machen, dass wir uns rund um die Anliegen des Kunden kümmern und der Kunde den Service als abgerundet erlebt. «Round-aboutthe- client», präzisiert dies der eigens dafür eingeflogene Coach. Zwar hat vom Coach zuvor noch niemand gehört, er sei aber eine Koryphäe, meint der Chef. «Nun, man kann ja nicht alles wissen, es wird schon stimmen,» denkt sich Hannes.

 

Der Coach holt zur Eröffnungsansprache aus: «Wir sind heute eine Real-Community, die sich um den Benchmark im Business-to-Business- Market kümmert. Ja, es geht ums Grobe, ans Eingemachte, und wir sollten die Komfortzone verlassen.»

 

Die Gruppe wird zur Vorstellungsrunde eingeladen. Die Teilnehmenden kennen sich zwar, aber immerhin bedeutet das für den Coach, 30 Minuten weniger vorzubereiten, und für die Teilnehmenden, 30 Minuten weniger zu arbeiten.

 

Der Coach fordert alle auf, dieses Check-in im Stil von «who, why and where» zu betrachten, die Stichworte auf eine Pinnwandkarte zu schreiben und dann aufzuhängen. Man soll dabei auch ein klares Commitment zu einem Ziel abgeben. Kurze Individual-Time zum Vorbereiten, dann folgt ein Pitch jedes Teilnehmenden. Abgeschlossen wird jedes Mal mit den Worten «Check-in – ready to go».

 

Hannes ist diese Welt zwar etwas fremd, aber wenn’s gut für die Kundenzufriedenheit ist, soll es auch gut für die Laune des Chefs sein. Und das macht dann alles andere auch angenehmer.

 

Im Workshop geht es weiter. Mit einem Input lanciert der braun gebrannte Coach vom Typ «Triathlet-und-braucht-nur-4-Stunden- Schlaf» eine erste sogenannte Smart-learn-Round. «So, jetzt scannt die Gruppen-Members und sucht einen Partner zum Exchange-of-Experience. Bitte bereitet in einem Time-boxing einen weiteren Elevator-Pitch vor, wo ihr das Mind-Setting für die anschliessende Feedback-Runde elaboriert.»

 

Hannes hängt mit seinen Gruppenkollegen etwas im luftleeren Raum. Das alles ist ihm doch etwas gar viel der warmen Luft, aber sie schreiben in ihrem Gruppenzimmer drei Pinnwandkarten: «love it, change it, leave it». Hannes meint, das hätte er vor 20 Jahren schon mal gehört und das könnte doch immer noch passen. Die Gruppenkollegen sind einverstanden. Der Coach würdigt die Präsentation mit dem Ausruf «Wow – greatest – ihr seid echte Champs! Das sind die wahren Keywords für einen Amazing-Folk im Client-Prototype Space. Ja, good enough, life is a pitch, da bin ich glatt on fire.»

 

So verläuft der Tag animiert und nach der Eingewöhnung vertraut. Irgendwann erscheint dann auch die längst bekannte Folie mit der Hummel, deren Flügel zu gross sind, um fliegen zu können. Aber weil sie es nicht weiss, fliegt sie trotzdem.

 

Schliesslich leitet der Coach die Schlussrunde ein. Jeder soll einen letzten Pitch mit den Transfer-Fields performen und sein Statement mit den Worten «Check-out» abschliessen.

 

Nach zwölf «Check-outs» erklärt der Coach, dass sie eine supercrazy- tolle Gruppe waren, und Hannes geht ins Büro. Bevor er seine Mails checkt, bucht er noch rasch einen Englisch-Kurs in der Volkshochschule an seinem Wohnort – sonst wird das nie etwas mit der Kundenzufriedenheit.

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