Mehrsprachiges Ma nagement-System für einheitliche Standards
Seit über 150 Jahren ist Marabu Partner von Handel und Anwendern in Siebdruck, Tampondruck, Digitaldruck und Kreativfarben. In der Marabu-Gruppe arbeiten über 500 qualifizierte Mitarbeiter, die Kunden weltweit mit einem breiten Farbsortiment beliefern und damit einen Jahresumsatz von 100 Mio. Euro realisieren.
Marabu produziert an zwei Standorten in der Region Stuttgart hochwertige Spezialfarben für industrielle und grafische Anwendungen oder Hobby, Kunst und Freizeit. Im Rahmen einer strategischen Neuorientierung erfolgte in den vergangenen Jahren sukzessive eine en-gere Anbindung der Tochterunternehmen an das Mutterhaus. Dieses gibt die Standards für Qualitäts- und Umweltmanagement, Arbeits-sicherheit und Gesundheitsschutz vor, die für alle Tochterunternehmen gelten. Die Stamm-werke in Tamm (Firmenzentrale) und Bietig-heim-Bissingen sind seit 1995 nach ISO 9001 und seit 2003 nach ISO 14001 zertifiziert und haben mit der Zertifizierung nach OHSAS 18001 (seit 2012) und dem damit verbundenen Gütesiegel «Sicher mit System» zusätzlich den Arbeitsschutz in ihren Unternehmensstan-dards verankert.
Das integrierte Marabu Management System (MMS)
Im Zuge der neuen Organisationstruktur der Marabu Gruppe und dem damit verbundenen Standardisierungsbedarf sowie aufgrund der bestehenden Kundenforderungen fiel 2012 die Entscheidung, das bestehende MMS global zu erweitern und zunächst die Niederlassungen in Frankreich, China und den USA nach ISO 9001 bzw. 14001 zertifizieren zu lassen. Dafür suchte die Unternehmensgruppe eine neue integrierte Managementsystemsoftware, die zunächst in den ausländischen Werken ausge-rollt werden sollte. An den deutschen Stand-orten war zu diesem Zeitpunkt bereits ein rechnergestütztes System im Einsatz, das aber nicht multi-site-fähig war und kein integrier-tes Tool zur Prozessmodellierung bereitstellte. Prozess-Flussdiagramme mussten dement-sprechend noch separat und aufwendig mit einer anderen Software erstellt und dann bei jeder Revision via«copy-and-paste» neu in das bestehende MMS übertragen werden.
«Der grosse Masterplan, der dahinter-stand, war eine zukünftige Multi-Site-Zertifi-zierung der Marabu Gruppe durch den TÜV SÜD. Diese bietet sich für Unternehmen mit mehreren Standorten an. Die Multi-Site-Zerti-fizierung ist möglich, wenn die verschiedenen Niederlassungen mit einem gemeinsamen QM-/UM-System arbeiten, die Management-system-Planung und -Steuerung zentral er-folgt und die verschiedenen Standorte einem gemeinsamen jährlichen Auditprogramm un-terliegen. Dann erfolgt die Multi-Site-Auditie-rung im Headquarter (Tamm) im jährlichen Turnus, an den anderen beteiligten Orten nur stichprobenartig. Das reduziert insgesamt den Zertifizierungsaufwand deutlich und spart Zeit sowie Zertifizierungskosten», erläutert Klaus Cee, Vice President Quality Environ-ment Safety bei der Marabu GmbH & Co. KG.
Da für 2013 erste Zertifizierungen anstanden, wurde mit Hochdruck nach einem Tool ge-sucht, mit dem das Qualitätsmanagement an den verschiedenen Standorten auf eine ge-meinsame Basis gestellt werden konnte. Zu den konkreten Anforderungen von Marabu zählten neben Mehrsprachigkeit und Multi-Site-Fähigkeit auch eine einfache Bedienung des Systems: Prozessverantwortliche sollten in der Lage sein, Prozesse selbst zu erstellen und zu verwalten. Die zentrale Kontrolle sollte je-doch in der Hand des Headquarters liegen.
Mehrsprachige QM-Software erleichtert Harmonisierung
Fündig wurden die Verantwortlichen von Ma-rabu bei der Aachener ConSense GmbH. Diese hat sich auf besonders anwenderfreundliche und intuitive Software für Prozess- und Quali-tätsmanagement spezialisiert und entwickelt seit 2003 innovative Lösungen zur vollständi-gen elektronischen Unterstützung der DIN EN ISO 9001 sowie zahlreicher weiterer Normen. Zu den Besonderheiten der ConSense Soft-ware zählen unter anderem ein praxisnahes Mehrsprachenkonzept sowie die Abbildung standortspezifischer Abweichungen, die eine behutsame Harmonisierung unternehmens-weiter Standards unterstützt.
Die Einführung des Integrierten Ma-nagementsystems ConSense IMS erfolgte nach «sportlichem» Zeitplan: 2013 fiel die Entschei-dung für das System, im Juni 2013 wurde be-reits Marabu Frankreich mit damals insgesamt vier Standorten und im Oktober 2013 der Standort China damit zertifiziert. Dazu beglei-tete ein Team von mehreren Mitarbeitern aus dem Zentralbereich Qualität Umwelt Sicher-heit jeweils für ca. ein halbes Jahr die französi-schen und chinesischen Kollegen. Die Prozess-landschaft wurde in Workshops erarbeitet und mit ConSense konfiguriert. «Hier war der integrierte Flowchart-Manager sehr hilfreich, mit dem sich Prozesse schnell und einfach modellieren lassen», findet Klaus Cee. Die ho-he Geschwindigkeit der Einführung des neu-en Systems setzte sich fort: Nach China fand im November 2013 die Zertifizierung des US-amerikanischen Werkes statt, 2014 folgten Brasilien und Schweden, 2015 Italien und schliesslich Marabu UK. Alle Zertifizierungen wurden erfolgreich abgeschlossen. Seit 2014 wird ConSense IMS auch an den deutschen Standorten eingesetzt.
Wie die erfolgreiche Einführung des neuen Managementsystems in so kurzer Zeit in weltweit verteilten Werken möglich war, erläutert Klaus Cee anhand der projektspezifi-schen Vorgehensweise:«Wir haben eine Pro-zesslandkarte auf Konzernebene erstellt. Auch die Struktur der Handbücher ist überall gleich. So nutzen wir z. B. eine weltweit einheitliche Prozessnummerierung. Bei Einführung an ei-nem Standort wurden erst einmal die Hälfte bis Dreiviertel der Prozesse erstellt und auf die lokalen Anforderungen adaptiert. Dafür wa-ren die lokalen Qualitätsbeauftragten zustän- dig. In Workshops haben wir Prozesslandkar-ten erstellt und Prozesse modelliert. Das Er-gebnis und die Umsetzung in die betriebliche Praxis wurden anhand interner Audits über-prüft. An den deutschen Standorten, an denen das alte QM-System u. a. mithilfe von Visio an-gelegt war, konnten wir über eine Schnittstelle vorhandene Flowcharts in ConSense impor-tieren. Auf Basis dieser ‹Rohversionen› haben wir dann die Prozessdarstellungen für die deutschen Werke überarbeitet.»
Abbildung globaler Gemeinsamkeiten und lokaler Varianten
Ein Vorteil von ConSense, der Klaus Cee und seinem Team dabei zugutekam, ist die Mehr-sprachigkeit der Software, die mittlerweile vierzehn Sprachen umfasst. Daneben erlaubt die Software die Verwendung zweier ver-schiedener Arten von Sprachkonzepten für Dokumente und Prozesse: Entweder werden identische Inhalte in unterschiedlichen Spra-chen hinterlegt oder Varianten mit abwei-chenden Inhalten in unterschiedlichen Spra-chen genutzt. Das Variantenkonzept ist dann notwendig, wenn – wie bei Marabu – eine rei-ne Übersetzung von Prozessen nicht ausrei-chend ist, weil lokale, regionale oder nationa-le Besonderheiten inhaltliche Abweichungen erfordern.«Unsere Software stellt in diesem Fall sicher, dass im Zuge der Veränderung ei-ner zentralen Vorgabe auch sofort eine An-passung der dazugehörigen Varianten ange-stossen wird», erläutert Dr. Iris Bruns aus der Geschäftsführung der ConSense GmbH.
Bei Marabu wird das System nun in den Oberflächensprachen Deutsch, Englisch, Fran-zösisch, Italienisch, Chinesisch (Mandarin), Spanisch, brasilianisches Portugiesisch und Schwedisch genutzt. Es gibt acht standortspe-zifische Management-Handbücher an derzeit elf Standorten, in denen bestimmte Prozesse und Abläufe variieren.«Zu den lokal gültigen Normen zählen unter anderem die Prüfanfor-derungen je nach Markt. In unserem Werk in den USA gibt es z. B. mehr unterschiedliche Prüfungen, da hier die einzelnen Farben nicht nur aus Standardfarben gemischt, sondern auch lokal eigene Flüssiglaminate hergestellt werden. Standardfarben werden zentral in Deutschland geprüft. Ausserdem haben wir Standorte ohne ERP-System, was ebenfalls zu Abweichungen führt. Auch lokale gesetzliche Anforderungen, z. B. im Brand- oder Arbeits-schutz mit den entsprechenden zu erstellen-den Dokumenten, machen Varianten notwen-dig. Wichtig ist jedoch, dass wir für Standard-prozesse Mindestanforderungen definiert ha-ben, die überall bei Marabu gelten», unter-streicht Klaus Cee.
ConSense IMS ist damit die einzige Soft-ware, die an allen Standorten der Marabu-Un-ternehmensgruppe eingesetzt wird. Sie über-nimmt die Dokumentenlenkung inklusive automatischer Prüfungs- und Freigabe-Work-flows, Kontrolle und Archivierung. Die Pro-zessdokumentation erfolgt auf Englisch und in den lokalen Sprachen. Dazu hat Marabu ei-ne einheitliche Prozessnummerierung einge-führt, die für jedes Werk gilt. Das erleichtert die Suche im System, zu dem alle Mitarbeiter Zugang haben: Tagesaktuell und personali-siert sind alle für sie relevanten Informatio-nen, z. B. Arbeitsanweisungen, aktuelle Ände-rungen und weltweite Unternehmensneuig-keiten, zugänglich.
Mehr Transparenz über alle Standorte
Am Hauptstandort Tamm laufen alle Fäden bei Klaus Cee zusammen, der als Corporate-Ma-nagementsystem-Beauftragter zusammen mit seinem Team das gemeinsame System im In-und Ausland überwacht. Das neue Manage-mentsystem erleichtert seine Arbeit durch mehr Transparenz. Er kann jetzt weltweit auf alle Standorte zugreifen. Enorm wertvoll für das Corporate QES-ISO-Team ist auch die Übersetzungsfunktion, die ConSense IMS bei-spielsweise für Prozesse und Dokumente bie-tet. So lassen sich auch Dokumente bei Audits von internationalen Standorten, die in der Lan-dessprache verfasst sind, rückübersetzen. «Da-mit sehen wir schnell, wenn wir uns irgendwo von den vorgegebenen Standards wegentwi-ckeln und können sofort gegensteuern», freut sich Klaus Cee. «Durch das einheitliche System haben wir erreicht, dass es keine lokalen Ab-spaltungen im Qualitäts- und Umweltmanage-ment gibt. Jeder Mitarbeiter hat Einsicht in die Prozesse der anderen. So sind die verschiede-nen Tochterunternehmen in der Lage, sich ge-genseitig zu unterstützen. Das spart Zeit und Ressourcen, denn Prozesse oder Abläufe, die sich an den verschiedenen Standorten glei-chen, müssen nicht neu erfunden werden.»