Mehr Zeit für Inhalte
Datentransparenz in Netzbetreiber- oder Energieversorgungsunternehmen – im kaufmännischen und technischen Bereich, und dies mit einem einzigen System und nie mehr mit Excel-Listen. Solche Wünsche können heute erfüllt werden. Ein Beispiel aus Deutschland zeigt, wie.
Die Arbeitsabläufe einer Netzgesellschaft sind bekannt. Da geht es unter anderem um die Kalkulation der Netznutzungsentgelte, um das Erlöspfadmanagement, um das Vorhalten der aktuellen Regulierungsdatenbank oder um das Management von EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland, garantiert den Erzeugern von erneuerbaren Energien deren feste Einspeisevergütungen, ähnlich der KEV in der Schweiz; Anm. d. Red.) und KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz in Deutschland, regelt die Einspeisung und Vergütung des Stroms aus Anlagen zur Kraft-Wärme- Kopplung; Anm. d. Red.). Alles sehr anspruchsvolle, zeitintensive und auch kleinteilige Aufgaben, die es gilt, frist- und vor allem auch budgetgerecht umzusetzen. Vor dieser Herausforderung stand auch die Netzgesellschaft der Stadtwerke Duisburg, die ihre jeweiligen Aktivitäten nicht nur sinnvoll planen, sondern auch systemgestützt abarbeiten wollte.
Nicht immer durchgängig aufschlussreiche Zahlen
Der Wunsch war es, zu jedem Zeitpunkt genau zu wissen, wo man mit jeder einzelnen, aber auch verdichtet mit allen Massnahmen steht, welche Budgets welcher Massnahme zugeordnet waren und ob alle Projekte wie kalkuliert nach Plan liefen. Wenn es um den reinen Budgetabgleich geht, arbeiten heute bereits viele Unternehmen mit ihren SAP-Lösungen und werten auf diesem Wege ihre Zahlen aus. Für die Euro-Zahlen werden dabei sicherlich sehr genaue Ergebnisse erzielt, aber Vorsicht: Die ausgewiesenen Zahlen sind nicht automatisch durchgängig aufschlussreich. Denn wenn man über ein Jahr verteilt 100 Massnahmen geplant hat, dafür 50 Mio. Euro budgetiert und zur Jahresmitte 25 Mio. ausgegeben wurden, dann könnte man meinen, man sei im Plan. Letztendlich aber hat der reine Budgetwert von 25 Mio. Euro keinerlei Aussagekraft, denn viel interessanter hinsichtlich der geplanten Massnahmen sind Zeit- und Ressourcenfaktoren. So könnte es sein, dass man bei einigen Projekten weit über Plan ist – auch, was das Budget angeht – dass dafür aber andere Massnahmen entgegen der ursprünglichen Planung noch gar nicht begonnen wurden. Und das könnte den Masterplan ganz schön durcheinanderbringen.
Kaufmännische und regulatorische Aspekte in gleicher Gewichtung
Michael Springer, Prokurist und Senior Sales Manager des BI-Anbieters prevero: «Hier geht es ganz konkret darum, alle erforderlichen Zahlen – also die technischen und die kaufmännischen Inhalte – in einem einzigen System vorzuhalten, genau das ist der Knackpunkt. Das System muss so gestaltet sein, dass sowohl der Meister, der technische Arbeiten an der Trafostation verrichtet, als auch der Projektmitarbeiter, der für den Materialeinkauf zuständig ist, mühelos darauf Zugriff haben. Und natürlich bringt das auch ein Umdenken mit sich, denn den Meister, der die Kabel verlegt, haben die monetären Auswirkungen seines Schaffens bisher nicht interessiert, es war auch gar nicht gefragt. » Um genau diese Brücke zu schlagen, führen viele Unternehmen eine Art technisches Controlling ein. Dies sei vielfach ein Mitarbeiter mit einem technischen Background, der auch die kaufmännischen Aspekte der jeweiligen Massnahmen durchleuchte und berücksichtige. Springer: «Es muss klargemacht werden, welche Auswirkung die Verschiebung einer Massnahme beispielsweise von Mai in den August in kaufmännischer, regulatorischer oder auch personeller Hinsicht hat. Regulatorisch kann ich gegen Gesetzesvorlagen verstossen, kaufmännisch könnte das Verschieben Auswirkungen auf den Cashflow haben, und was die Mitarbeiter betrifft, so könnten die im August längst in anderen Projekten verplant und daher gar nicht mehr verfügbar sein, und der dann erforderliche Zukauf von Fremdpersonal hätte wiederum Auswirkungen auf den Kostenplan und das Gesamtbud-get.» Der kaufmännische Denkansatz sei für die technischen Mitarbeiter am Anfang sicher ungewohnt, aber: «Es wird schnell klar, dass die Arbeit mit nur einem System das Leben aller Beteiligten deutlich einfacher gestaltet. Wenn sie die kaufmännischen Zahlen im SAP-System vorhalten würden, müssten sie sich diese Zahlen für jeden einzelnen Monatsbericht aus dem System rausziehen, zusammenführen und dann in Excel-Listen übertragen. Das prevero-System hingegen bietet beispielsweise vorgefertigte Logiken, sodass Arbeit und Aufwand für die Fachbereiche weniger werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade die Techniker dies sehr schätzen, schliesslich ist es nicht ihr Job, irgendwelche Forecast- Modelle aufzubauen oder Excel- Berechnungen hin- und herzuschieben. »
Vergebliche Bemühungen mit dem SAP-System
Dazu Dr. Jens Kiefel, Prokurist und Abteilungsleiter Grundsatzfragen und Controlling bei der Stadtwerke Duisburg Netzgesellschaft mbH: «Ich möchte es gar nicht verhehlen, dass auch wir zunächst versucht haben, unser Investitions- und Massnahmencontrolling mit SAP-Bordmitteln zu gestalten. Wir setzen SAP im Unternehmen ohnehin in vielen Bereichen ein, das funktioniert auf operativer Ebene auch sehr gut und verlässlich. Aber nachdem wir mit wenig Erfolg viel Zeit und viel Geld investiert hatten, wurde schnell klar, dass wir hier ein anderes System benötigen. Und da wir prevero sowieso bereits für das Konzerncontrolling und für regulatorische Aufgaben nutzen, haben wir uns zeigen lassen, wie man hier an diese Thematik herangeht. Wir haben uns entschieden und arbeiten heute mit einer sehr flexiblen Softwareplattform, die auch von unseren Meistern und vom Fachbereich ohne Programmierkenntnisse administriert werden kann. Gerade nach der Erfahrung mit den vorherigen SAP-Versuchen war uns dies sehr wichtig», so Kiefel weiter.
Kompromisslose Datentransparenz
Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Genauigkeit und die Geschwindigkeit, mit der das prevero-System arbeitet, und die extrem schnelle Verfügbarkeit aller Ist-Daten. Es werden technologisch sehr ausgefeilte ETLKomponenten (Extract, Transform, Load) benutzt, um operative Systeme anzubinden und die Daten so umzuwandeln, wie sie für die Bereitstellung im System benötigt werden. Es gibt zertifizierte und standardisierte Schnittstellen zu gängigen ERPSystemen, die es innerhalb sehr kurzer Zeit ermöglichen, hoch automatisierte Datenanbindungen zu schaffen. Der User kann sich dann near time – beispielsweise jede Stunde – die jeweils aktuell gebuchten Daten anschauen, bis hinunter auf die Ebene des Verursachers. So muss beispielsweise der Meister nicht nur sehen können, dass eine Summe X auf eine bestimmte Kostenstelle gebucht ist, er muss auch sehen, aus welchen Teilbeträgen sich diese Summe zusammensetzt, um abschätzen zu können, mit welchen weiteren Buchungen er an dieser Stelle noch zu rechnen hat. Oder er sieht in einem Bericht seinen Plan-Wert, vergleicht ihn mit dem Ist-Wert, schaut sich die Differenz an und kann im System auf jeden einzelnen Beleg zugreifen. Springer: «Dieses Beispiel erläutert sehr schön, wie wichtig Transparenz ist, das ist die Hauptvoraussetzung gerade auch für die Geschäftsleitung, um Entscheidungen treffen zu können. Das gilt sicher für alle Bereiche und alle Branchen, aber bei den Netzgesellschaften ist es umso wichtiger, weil das Geschäft rein durch die Massnahmen getrieben wird, und da sind schnelle Reaktionszeiten unerlässlich.»
Kiefel kann dies nur unterstreichen: «Es ist unabdingbar, schon bei der Planung, also bei der Verteilung der Mittel, durch eine gros se Transparenz führend zu sein und im Anschluss in der Abarbeitung der genehmigten Mittel ständig zu wissen, wo man steht. Das gilt nicht nur finanziell, sondern auch bezüglich Mengen und Ressourcen. Unsere Aufgabe ist es, stets einen sicheren Status vorzuhalten. Da wir als Netzbetreiber in erster Linie technische Massnahmen durchführen, die die Versorgungssicherheit gewährleisten, müssen diese zu jedem Zeitpunkt im Unternehmen transparent sein, um etwaige Schieflagen frühzeitig zu erkennen und entsprechend schnell reagieren zu können.»
Mehr Zeit für Inhalte
Springer ergänzt: «Die gute Nachricht ist, dass man die Zeit, die man vorher mit dem Abgleich nie übereinstimmender Excel-Listen und mit der wiederholten Aufbereitung von Daten verloren hat, nun sinnvoll nutzen kann. Zum einen kann man sich auf die Zahlen aus dem System verlassen und gerät nicht ins Schwitzen, wenn der Chef kurz mal nach einem Forecast für die Sparte Strom über alle Investitions- und Instandhaltungsprojekte hinweg fragt, und zum anderen wird das System für die Geschäftsleitung zum aktiven Steuerungsinstrument. » So könne man beispielsweise geplante Massnahmen sowohl regulatorisch als auch kaufmännisch durchrechnen lassen. Mit «Was-wäre-wenn»-Szenarien sehe man, was passiert, wenn man eine bestimmte Massnahme vorziehe, oder ob sich Vorteile ergeben, wenn man bestimmte Parameter verschiebe. Springer weiter: «Und genau dann beginnt der Dialog mit der Technik, und genau das ist neben der Systemeinheitlichkeit auch der Hauptnutzen: dass Techniker und Kaufleute ein deutlich besseres Verständnis füreinander bekommen, weil sie miteinander sprechen. Unsere Kunden finden es gut, dass sie endlich mehr Zeit für Inhalte haben. »