Mangelnder Technologietransfer gefährdet Klimaziele
Viele Entwicklungsländer knüpfen ihre im Rahmen des Pariser Abkommens eingereichten nationalen Klimaschutzbeiträge an die Bedingung, von den Industrieländern Finanzmittel, Technologietransfer und Unterstützung beim Aufbau von Kapazitäten zu erhalten. Die Industrieländer lieferten bislang aber nicht im zugesagten Umfang, zeigt eine neue Studie. Und öffentlich-private Partnerschaften und andere Energieinitiativen können dieses Manko nur zum Teil ausgleichen.
Die Industrieländer haben zugesagt, ab 2020 pro Jahr 100 Milliarden Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für die Klimafinanzierung zur Verfügung zu stellen. Besonders wichtig dabei ist der Technologietransfer: Die Entwicklungs- und Schwellenländer brauchen nicht nur Geld für den Ausbau von nachhaltigen Technologien, sondern auch Wissen über CO2-arme Technologien.
Dieses Ziel wird bislang nicht erreicht – und nicht nur, weil die Klimafinanzierung fehlt. „Die meisten Patente für kohlenstoffarme Technologien sind im Besitz von Unternehmen in den Industrieländern. Dadurch haben diese einen großen Wettbewerbsvorteil. Sie teilen ihr Wissen nur dann, wenn es für sie vorteilhaft ist“, sagt Andreas Goldthau vom Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. (IASS) und der Universität Erfurt, Mitautor einer Studie zu dieser Thematik. China sei bisher das einzige Schwellenland, das erfolgreich Technologietransfer durch ausländische Direktinvestitionen angezogen habe, nennt Goldthau als Beispiel. Um sich den chinesischen Markt zu erschliessen, waren die Unternehmen bereit, ihre Technologien zu „transferieren“, also Wissen weiterzugeben.
Chinas Erfolgsrezept ist nur bedingt übertragbar
Chinas Erfolg beim Aufbau eines kohlenstoffarmen Technologiesektors wird der hohen Innovationsfähigkeit der chinesischen Industrie sowie Politikmassnahmen zugeschrieben. „Dazu gehören die Förderung von Joint Ventures und Wissenstransfer, aber auch ein obligatorischer Inlandsanteil, das heißt, ausländische Investoren müssen in China hergestellte Produkte oder Dienstleistungen nutzen. Mit seinem großen und profitablen Markt konnte China solche Massnahmen durchsetzen“, sagt die Erstautorin der Studie, Silvia Weko (IASS/Uni Erfurt). In anderen Entwicklungs- und Schwellenländern hätten sich ähnliche Bestrebungen hingegen als unwirksam oder sogar kontraproduktiv erwiesen.
Dort bewegen sich ausländische Investitionen in kohlenstoffarme Energiesysteme nach wie vor auf zu niedrigem Niveau. Die Länder nutzen deshalb die ihnen zur Verfügung stehenden, überwiegend fossilen Technologien und Finanzmittel. Die Gefahr besteht, dass diese Länder langfristig von fossiler Energie abhängig bleiben.
Initiativen engagieren sich für Ausbau des Stromnetzes, aber zu wenig für Technologietransfer
Was können Länder tun, die den Technologietransfer erhöhen wollen, ihn aber nicht über die internationalen Märkte oder die Politik erhalten? Als Chance für die Energiewende im Globalen Süden gelten Initiativen zum Technologietransfer, wie öffentlich-private Partnerschaften oder Plattformen wie das Climate Technology Center and Network (CTCN) der Vereinten Nationen. Solche Initiativen sollten die Marktlücke füllen, aber ihre Erfolgsbilanz fällt laut der Analyse der IASS-Forschenden gemischt aus.
Weko und Goldthau identifizierten 71 internationale Initiativen, die den Transfer kohlenstoffarmer Technologien zu ihren Zielen zählen. Besonders viele davon sind in Ländern tätig, in denen nur ein geringer Bevölkerungsanteil Zugang zu Elektrizität hat. Sie verbessern dort erfolgreich den Aufbau nachhaltiger Energiesysteme. Allerdings nehmen sich nur 26 der 71 untersuchten Initiativen tatsächlich der Aufgabe des Technologietransfers an.
Damit der Wissenstransfer in Entwicklungs- und Schwellenländer verstärkt wird, halten die Forschenden es für unabdingbar, dass die Industrieländer ihre Finanzierungsversprechen einhalten und das Climate Technology Center and Network der Vereinten Nationen stärker unterstützen. Denn mit dem jetzigen Flickenteppich an Initiativen sei die Lücke nicht zu schließen. Auch die Verknüpfung mit dem Handel biete Chancen: Zum Beispiel können technologieimportierende Länder bessere Konditionen aushandeln, wenn sie ihre Nachfrage bündeln.
Quelle: www.iass-potsdam.de