Management-Tools für die Gruppe harmonisiert

Organisches Wachstum, neue Geschäftsfelder und Akquisitionen können Firmen markant verändern. Über die Jahre gewachsene Strukturen müssen deshalb angepasst werden. Das Recycling-Unternehmen Thommen Group hat diesen Schritt erfolgreich vollzogen.

Nach mehreren Übernahmen formierte sich der 1936 gegründete Familienbetrieb Anfang 2020 zur Thommen Group mit 23 Standorten, verteilt auf die Schweiz, Deutschland sowie Belgien und Italien. Für das Schweizer Recyclinggeschäft steht die Marke Thommen mit ihren 10 umfirmierten Standorten, für das internationale Handelsgeschäft die Marke Metallum und für den Elektronikschrott die Marke Immark. CEO Dr. Tobias Thommen (TT) beleuchtet hier die Hintergründe für diesen Entscheid. Und Qualitätsmanager Rolf Sonderegger (RS) schildert, wie das gruppenweite Managementsystem realisiert wurde.

Wie kam es dazu?

TT: Es war ein langer Prozess des Abwägens, denn da waren einerseits in der Region verankerte Unternehmen, deren Zugehörigkeit zur Thommen-Gruppe aber manchen Kunden nicht bewusst war. Andrerseits wollte ich unbedingt sicherstellen, dass in allen Thommen- Firmen nach den Thommen-Standards gearbeitet wird. Unser Anspruch dabei: Wertstoffe fachgerecht entsorgen und als Sekundärrohstoff in den Produktionskreislauf zurückführen. Durch Umstrukturierungen und Vereinheitlichung der Software-Applikationen in den Bereichen ERP, Finanzen, Zeiterfassung und Führungssystem konnte ich schliesslich mit gutem Gewissen eine Umfirmierung lancieren. Der Startschuss zum neuen Branding erfolgte im September 2019 am Mitarbeiteranlass in Kaiseraugst.

Welche Auswirkungen hat die neue Firmenstruktur?

TT: Die nachstehenden Beispiele illustrieren die Transformation:

  • Eigentum: Thommen ist nach wie vor eine Familien-AG, geführt in der dritten Generation der Familie Thommen.
  • Führung: Historisch entstandene und lokale Verantwortlichkeiten wurden neu über die Gruppe genormt und harmonisiert, was eine deutliche Stärkung des Gruppen-Feelings bewirkte. Geführt wird die Thommen Group von einer Gruppen-Geschäftsleitung, bestehend aus sechs Vertretern der drei Marken.
  • Logistik: Innerhalb der Thommen-Gruppe kann der Kunde sein Material auf dem kürzesten Weg recyceln lassen. Für seine unterschiedlichsten Abfallprobleme hat er dabei nur einen Ansprechpartner. Mit der Umfirmierung zu Thommen haben wir zum Beispiel in der Region Bern die Dispositionen zentralisiert und vereinheitlicht. So können wir schneller und effizienter auf Kundenanfragen reagieren und Gebinde optimal zirkulieren lassen.
  • Marktauftritt und Kommunikation: Jetzt wird die Zugehörigkeit der Thommen-Standorte sowie der drei Marken nach innen und aussen klar signalisiert. Das zentrale Marketing sorgt für gleiche Voraussetzungen in der ganzen Gruppe. Die Marketingkommunikation, die Webseiten und die CI der Marke Thommen wurden vereinheitlicht. Jene der beiden anderen Marken werden nach und nach angepasst. Eine interne Kommunikations-App soll künftig das Gruppenverständnis fördern und die Kommunikation mit und zwischen den Mitarbeitenden vereinfachen.
  • Verkauf: Hier schufen wir spezifische Stellen mit unterschiedlichem Anforderungsprofil. Diese Stelleninhaber fungieren wie Produktmanager oder Spartenverantwortliche, die in letzter Instanz für ihren Bereich entscheiden.
  • Controlling: Mit der Einführung eines Gruppenmanagementsystems wurden die verschiedenen bestehenden Systeme durch das QM-Tool von ConSense abgelöst. Dadurch können zukünftig die Prozesse (insbesondere die Wertschöpfungsprozesse) einander gegenübergestellt und, falls möglich, vereinheitlicht werden. Dasselbe gilt auch für Dokumente (Arbeitsanweisungen, Checklisten usw.). Zudem können neue Prozesse und Dokumente direkt an die betroffenen Mitarbeiter adressiert und von diesen bestätigt werden.

Was bietet das neue, gruppenweite Managementsystem?

RS: Entscheidend für die Systemarchitektur und alle damit verknüpften Workflows ist es, sich zuerst genau zu überlegen, wie die Unternehmensstruktur, die Prozesslandschaft und die Rolle der Funktionsträger definiert werden soll. Bis anhin wurden die Prozesse und Dokumente für das Führungssystem in mannigfaltigen Applikationen (Word, Visio, Intranet usw.) gepflegt und an den unterschiedlichsten Orten deponiert. Mit der Einführung der neuen Software hat dies nun ein Ende. Sämtliche Prozesse und Dokumente sind in einem Tool zentral abgelegt und können sehr einfach aufgerufen werden. Wir nutzen das Tool nicht nur für die Abbildung der Prozesse und für die gelenkten Dokumente, sondern verwalten damit auch Nachweisdokumente, Schulungsunterlagen, Handbücher und Berichte.

Ihre ersten Erfahrungen mit der neuen Software?

RS: Mit praxisnahen Schulungen schuf Con- Sense ein solides Fundament für den weiteren Aufbau des grösstenteils selbsterklärenden Systems. Anfang 2020 wurden überdies die Module Audit und Massnahmenmanagement eingeführt, was eine effiziente Verwaltung dieser Instrumente möglich macht. Massnahmen können überdies einem Verantwortlichen zugewiesen werden. Das erleichtert das Monitoring der Umsetzung. Excel-Pendenzenlisten gibt es jetzt nicht mehr ….

Wie wurde das Projekt realisiert?

RS: Im Herbst 2018 erteilte die Geschäftsleitung den Auftrag, ein Gruppenmanagement- System für die ISO-Normen 9001, 14001 und 45001 aufzubauen. In einer ersten Phase sollten alle Standorte in der Schweiz integriert werden. Mit externer Unterstützung entstand im Dezember 2018 ein Vorprojekt, für das die Geschäftsleitung Anfang Februar 2019 die Freigabe erteilte. Mit den bestehenden Software- Lösungen liess sich das Projekt aber nicht realisieren. Deshalb erstellten wir einen Anforderungskatalog und sandten diesen an sieben Anbieter von QM-Tools. Nach einer sorgfältigen Evaluation fiel die Wahl auf die Software der ConSense GmbH. Hauptargumente dafür: moderne und zukunftsgerichtete Software, einfache Anwendung für die Benutzer, Mehrsprachigkeit mit integriertem Übersetzungsprogramm sowie einfache Handhabung für den Erfasser der Prozesse und Dokumente. Im Juni 2019 wurde die Software bestellt. Ende Juli 2019 fand eine viertägige Schulung statt. Zusammen mit der Geschäftsleitung entwickelten wir eine komplett neue Prozesslandschaft und definierten die Hauptprozessthemen. Die Basis für die Erfassung im QM-Tool von ConSense war damit gelegt. Welche Auswirkungen hatte die Software auf die Rezertifizierung des Unternehmens? RS: Bis zur Rezertifizierung Mitte März 2020 wurden rund 600 Prozesse und Dokumente im neuen Tool erfasst und die im Audit involvierten Mitarbeitenden geschult. Die Zertifizierung gelang anschliessend. Unser nächstes Ziel: Bis Ende 2020 sind sämtliche Prozesse und Dokumente erfasst und alle Mitarbeitenden geschult. Von Beginn an haben wir die Auditoren der SQS in das Projekt involviert. Am Wochenende vor der Zertifizierung setzte der unerwartete Corona-Lockdown ein. Nach Rücksprache mit den Auditoren wurde der erste Teil (1,5 Tage) mit reduziertem Programm vor Ort in Kaiseraugst durchgeführt. Den zweiten Teil der Zertifizierung (4 Tage) konnten wir mittels Fernbewertung via Videokonferenz absolvieren. Dieses für Notfallsituationen geschaffene Verfahren machte es möglich, die Zertifizierung erfolgreich abschliessen zu können.

 

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