Lohntransparenz: Noch etliche Defizite

Anlässlich des Equal Pay Day vom 15. Februar 2025 hat das weltweit tätige Beratungsunternehmen Mercer den „Global Pay Transparency Report“ veröffentlicht. Der Report kommt zum Schluss, dass Lohntransparenz zwar immer wichtiger wird, die Umsetzung der Transparenzanforderungen gerade in der Schweiz aber immer noch viel Nachholbedarf hat.

Der Global Pay Transparency Report von Mercer sieht noch einigen Nachholbedarf bei der Lohntransparenz, besonders auch in der Schweiz. (Bild: Depositphotos.com)

Der von Mercer veröffentlichte „Global Pay Transparency Report“ beruht auf  Antworten von mehr als 1‘000 Unternehmen weltweit. Er kommt im Wesentlichen zum Schluss, dass die Lohntransparenz für Unternehmen auf der ganzen Welt immer wichtiger wird – nicht nur, um die lokalen Vorschriften in bestimmten Ländern einzuhalten, sondern auch, um Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten.

Lohntransparenz nur auf regulatorischen Druck?

Laut der Umfrage ist für 77 Prozent der Unternehmen global die Einhaltung von Vorschriften der Hauptgrund für ihre Strategie der Lohntransparenz. Mehr als 50 Prozent sehen die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit und die Übereinstimmung mit den Unternehmenswerten als wichtige Aspekte. Die Werte für Schweizer Unternehmen decken sich weitestgehend mit den globalen Ergebnissen.

«Es ist an der Zeit, dass die Unternehmen in Sachen Lohntransparenz aktiv werden. Da eine faire Entlohnung der zweitwichtigste Grund ist, warum sich Mitarbeitende für ein Unternehmen entscheiden. Diesem Fakt sollten Arbeitgeber Priorität einräumen, um weiterhin erfolgreich zu wirtschaften», sagt Mikolaj Jaszczuk, Principal Consultant Rewards bei Mercer Schweiz.

Erhebliche Defizite

Obwohl die Arbeitgeber die steigenden Erwartungen in Bezug auf die Lohntransparenz anerkennen, bleibt noch immer ein erhebliches Defizit in der Umsetzung. Weniger als ein Drittel (32 Prozent) der Unternehmen gaben an, dass sie auf die Erfüllung der globalen Transparenzanforderungen vorbereitet sind. In der Schweiz waren es 50 Prozent.

Trotz der unterschiedlichen Gesetzgebung zur Lohntransparenz sind US-amerikanische Unternehmen führend, und jedes fünfte Unternehmen hat eine Strategie zur Lohntransparenz eingeführt. In Europa (mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs und Irlands) haben nur 7 Prozent der Unternehmen eine Strategie zur Entgelttransparenz eingeführt, obwohl die Rechtsvorschriften zur Entgelttransparenz in der EU 2026 in Kraft treten werden.

Hauptunterschiede und Grenzen der aktuellen Lohngleichheitsanforderungen

Die schweizerische Forderung nach Lohngleichheit, die Teil des revidierten Gleichstellungsgesetzes ist, stellt zwar einen Schritt in die richtige Richtung dar, aber ihr einmaliger Charakter und der Mangel an erforderlicher Transparenz können die Wirksamkeit erheblich einschränken. In einem Artikel beleuchten Mikolaj Jaszczuk und Stefanie Schweitzer, Managing Consultant Rewards and Pay Equity, die Unterschiede zwischen dem Schweizer Lohngleichheitsgesetz und der EU-Richtlinie zur Lohngleichheit und Lohngerechtigkeit. Während die Schweiz eine einmalige Lohngleichheitsanalyse vorschreibt, setzt die EU auf eine kontinuierliche Überprüfung, um langfristige Gleichstellung zu gewährleisten.

Das 2020 revidierte Schweizer Gleichstellungsgesetz verlangt von Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden eine einmalige Lohngleichheitsanalyse. Diese muss mit einer wissenschaftlich validierten Methode durchgeführt und extern geprüft werden. Unternehmen, die die Prüfung bestehen, müssen keine weiteren Analysen durchführen. Damit fehlt ein Mechanismus zur regelmäßigen Kontrolle und Weiterentwicklung, wodurch das Gesetz an Wirksamkeit verliert.

Im Gegensatz dazu verpflichtet die EU-Richtlinie Unternehmen zu regelmässigen Analysen – je nach Unternehmensgrösse jährlich oder alle drei Jahre. Zudem fördert sie Transparenz, indem Unternehmen Gehaltsinformationen offenlegen müssen, was zu einer faireren Lohnstruktur führen soll. Auch Bewerber haben ein Anrecht auf Informationen zu Gehaltsstrukturen, während Arbeitgeber nicht nach Gehaltsvergangenheiten fragen dürfen. Dies reduziert Informationsasymmetrien zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden.

Sollte die Schweiz ihr Modell überarbeiten?

Der Artikel aus dem Hause Mercer ortet die folgenden vier Hauptunterschiede zwischen der Schweizer Regelung und der EU-Richtlinie:

  1. Frequenz der Analysen: Während die Schweiz eine einmalige Prüfung verlangt, setzt die EU auf kontinuierliche Überwachung.
  2. Methode der Analyse: Die Schweiz verlangt eine wissenschaftlich validierte Regressionsanalyse, während die EU eine allgemeinere Lohngleichheitsprüfung vorschreibt.
  3. Umfang und Transparenz: Die EU legt grossen Wert auf Transparenz, indem sie Unternehmen verpflichtet, Gehaltsinformationen offenzulegen. Die Schweiz verlangt lediglich eine interne Kommunikation der Ergebnisse.
  4. Monitoring und Kontrolle: In der Schweiz gibt es keine offizielle Überwachungsstelle. Die EU hingegen verpflichtet Mitgliedsstaaten zur Einrichtung von Überwachungsstellen, die die Einhaltung der Vorschriften sicherstellen.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die einmalige Analyse in der Schweiz nicht ausreicht, um nachhaltige Lohngleichheit zu gewährleisten. Während die EU-Richtlinie eine tiefgreifende Änderung der Gehaltsstruktur bewirken kann, bleibt das Schweizer Modell ein punktuelles Instrument ohne langfristige Wirkung. Eine Anpassung der Schweizer Regelungen könnte daher notwendig sein, um mit den internationalen Standards Schritt zu halten und eine gerechtere Entlohnung zu gewährleisten.

Quelle: Mercer

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