«Lernen unter Freunden»

Das Bildungszentrum Wirtschaft Weinfelden im Kanton Thurgau bietet ein reichhaltiges Angebot an Kursen und Lehrgängen in den Bereichen Wirtschaft, Sprachen, Persönlichkeit und Informatik. Zu den Premium-Produkten gehört die Höhere Fachschule für Wirtschaft, die sich an Berufsleute aus Wirtschaft und Verwaltung mit kaufmännischem Hintergrund richtet. Prorektor Roger Peter, Leiter der Weiterbildung, stellte sich unseren Fragen.

«Lernen unter Freunden»

 

 

 

Die Bildungslandschaft in der Schweiz ist komplex. Die duale Berufsbildung kann als Erfolgsrezept bezeichnet werden, doch auch nach Abschluss der Berufslehre geht das Lernen weiter. Entsprechend breit ist das Angebot an unterschiedlichsten Weiterbildungen. Allein das Bildungszentrum Wirtschaft Weinfelden (BZWW) bietet über 200 Weiterbildungskurse an.

 

Herr Peter, wie wird das Angebot des Bildungszentrums Wirtschaft Weinfelden derzeit genutzt?

Roger Peter: Wir führen schon seit vielen Jahren ein sehr breites Angebot, das rege genutzt wird – von Jahr zu Jahr intensiver. 2014 verzeichneten wir erneut einen Teilnehmerrekord: Mit fast 4400 Kursbesuchern überschritten wir erstmals die Grenze von 4000 Teilnehmenden – und dies deutlich. Der Zuwachs war noch nie so gross wie von 2013 auf 2014.

 

Welche Kurse werden denn besonders gut besucht?

Es sind dies vor allem Lehrgänge mit eidgenössischem oder internationalem Abschluss sowie Sprachkurse.

 

Worauf führen Sie die rege Teilnahme an Ihren Weiterbildungskursen zurück?

Unser Prinzip «Lernen unter Freunden» trägt einen wesentlichen Teil zum Erfolg bei. Natürlich haben bei uns auch neue Lernformen wie E-Learning, Mixed Learning oder Teleteaching ihren Platz. Nach wie vor geniesst aber das Präsenzlernen in einer Gruppe, in der die Chemie stimmt, die grösste Popularität. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, für das Lernen ein Wohlfühlklima zu schaffen. Ein Beispiel dafür ist unsere Bildungslounge: Kurse, in denen sich die Teilnehmenden persönlich öffnen müssen, gehen in einer entsprechend angepassten Lernumgebung deutlich leichter.

 

Sehen Sie auch wirtschaftliche Gründe für den Erfolg Ihres Bildungsinstituts?

Wir stellen fest, dass die Kursteilnehmenden stark darauf achten, jene Angebote zu nutzen, die sie wirklich einen Schritt weiterbringen im Beruf oder im Privatleben. Sie stellen Wissensdefizite bei sich fest und wollen diese überwinden, um die Chancen zu erhöhen, dass sie ihre Arbeitsstelle behalten oder sich weiterentwickeln können. Jede Weiterbildung wird in diesem Sinne hinterfragt, denn am Schluss soll sie sich am Arbeitsplatz (auch finanziell) oder im privaten Bereich – z.B. bei der Ausübung einer für die Work-Life- Balance wichtigen Tätigkeit – positiv auswirken.

 

Mit der «Goldserie» bieten Sie auch spezielle Kurse für Führungskräfte an. Was ist genau die Idee hinter diesen Veranstaltungen?

Wir wollen mit dieser Kursreihe exklusive Führungsseminare mit einem attraktiven Preis-Leistungs- Verhältnis bieten. Die Zeit von Kadermitgliedern ist bekanntlich kostbar. Deshalb muss man sie mit Top-Referenten und einem attraktiven Lernumfeld abholen können. Die Seminare finden aus diesem Grund in einem Golf- und Wellnesshotel statt, wo sich ein gutes Lernklima schaffen lässt, die Betreuung stimmt und wo man Angenehmes mit dem Nützlichen bestens verknüpfen kann. Etliche Teilnehmende reisen denn auch einen Tag früher an, um das Wellness-Angebot nutzen zu können.

 

Also fast wie Ferien?

Ferienstimmung darf durchaus aufkommen, aber in erster Linie wird natürlich gearbeitet. Ein wichtiges Element ist der Praxistransfer. Es geht also nicht darum, dass «nur» Anregungen vermittelt werden. Das Gelernte wird gleich konkret in die Tat umgesetzt. So haben die Teilnehmenden eines Rhetorik-Seminars die Aufgabe, selbst eine Rede für einen «echten» Anlass zu schreiben.

 

Wo sehen Sie die besonderen Stärken Ihres Angebots?

Wir evaluieren regelmässig die Bedürfnisse der Teilnehmenden, die mehrheitlich aus dem Kanton Thurgau stammen. Die Kurse bringen Menschen zusammen, die mindestens in einem Bereich die gleichen Interessen haben und aus der gleichen Region stammen: die besten Voraussetzungen für eine Vernetzung unter den Teilnehmenden, aber auch zwischen Teilnehmenden und Dozierenden. Den Community- Gedanken unterstützen wir in vieler Hinsicht. Neben dem bereits erwähnten Wohlfühlklima ist es sicher auch die Flexibilität unseres Kursangebots: Wir reagieren sehr rasch auf Trends und eben auch auf die Bedürfnisse von Arbeitgebern und Kunden. Der hohe Praxisbezug der Kurse und Lehrgänge trägt einen grossen Teil dazu bei, dass wir einen aussergewöhnlich hohen Anteil an langjährigen Stammkunden aufweisen.

 

Wo sehen Sie Entwicklungspotenzial für die berufliche Weiterbildung? Was müsste bildungspolitisch geschehen?

Im Thurgau werden die berufliche Weiterbildung und die höhere Berufsbildung gut gefördert. Schweizweit wird die Diskussion um eine Aufwertung der höheren Berufsbildung gegenüber den akademischen Abschlüssen mit grosser Intensität geführt. Erste Erfolge zeichnen sich ab. Als problematisch sehe ich den Umgang vieler KMU mit der Förderung ihrer Mitarbeitenden an. Da wird oft zu wenig unternommen. Erst wenn Bildungsdefizite erkannt werden, wird gehandelt. Meistens ist es dann zu spät. KMU müssten in Sachen Weiterbildung viel proaktiver agieren und langfristiger denken.

 

Wo sehen Sie die Gründe für diese Situation?

In vielen Unternehmen ist es eine Frage von Ressourcen und Zeit bzw. der Priorität, die man diesem Thema zuordnet. Der Wert von Weiterbildung wird unterschätzt. Es müsste mehr getan werden, denn die Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden geht mehr ins Geld als die interne Förderung von Talenten.

 

Was erwarten Sie vom neuen Weiterbildungsgesetz, das derzeit in der Pipeline ist?

Prinzipiell stärkt das neue Weiterbildungsgesetz die berufliche Weiterbildung und die höhere Berufsbildung gegenüber den akademischen Bildungsgängen. Dies ist sicher positiv zu werten.

 

Themenwechsel: Das BZWW ist EFQM-Recognised for Excellence. Was merken die Kursbesucher davon und wie wirkt sich das EFQM-Modell bei Ihnen auch wirtschaftlich aus?

Wir sind eines der wenigen Bildungsinstitute, die die Auszeichnung «Recognised for Excellence 4 star» erhalten haben. Wir wurden 2014 nach intensiven Vorarbeiten ausgezeichnet. Den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) haben wir uns konsequent auf die Fahne geschrieben. Davon profitieren die Kursteilnehmenden, die aktiv in den Prozess eingebunden sind, in verschiedenster Form. Die Ausrichtung auf Kundenbedürfnisse spielt bei uns eine grosse Rolle. Die Auswirkungen zeigen sich in den vielen positiven Feedbacks. Wir werten die Rückmeldungen regelmässig aus und durften 2014 konstatieren, dass die Teilnehmenden uns im Schnitt mit dem Wert 5,4 von maximal 6 benoteten. Das tolle Ergebnis nehmen wir aber nicht zum Anlass, uns auszuruhen. Wir sehen immer noch Verbesserungspotenzial. Allgemein bietet uns das EFQM-Modell ein gutes Instrumentarium für die Qualitätssicherung.

 

Was sind die nächsten Ziele des BZWW? Welche neuen Weiterbildungsangebote sind geplant bzw. in der Pipeline?

Wir werden unser Angebot um weitere Lehrgänge und Kurse erweitern, die international anerkannt sind, wie es etwa der «Projektleiter IPMA» bietet, den wir seit mehreren Jahren im Programm führen. Selbstverständlich nehmen wir immer wieder neue Trends auf, nicht nur in der Informatik, wo die technischen Entwicklungen einen besonders grossen Einfluss haben. Wir sind da durchwegs à jour und bieten entsprechende Aus- und Weiterbildungen an. Wenn es um die jährliche Programmgestaltung geht, lassen wir kaum einen Stein auf dem anderen: In jedem neuen Kursprogramm kommen Dutzende neue Angebote hinzu, während ebenso viele wieder wegfallen.

 

 

 

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