Lean Leadership

Viele Führungskräfte spüren: Wir müssen uns neu positionieren, unsere Entwicklung auf eine neue Grundlage stellen. Sonst können wir den Changebedarf in unserer Organisation nicht mehr meistern und unsere Führungskräfte brennen aus. Meist orientieren sie sich dabei am Lean-Leadership- Development-Modell.

 

 

«Um auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir die Qualität unserer Leistung kontinuierlich steigern. Top-down können wir aber immer schwieriger erkennen, was nötig ist, um aus Kundensicht Qualität zu produzieren. Also müssen wir unsere Mitarbeiter dazu befähigen, selbst zu erkennen, was es zu tun gilt, um Qualität zu produzieren und die erforderlichen Initiativen zu ergreifen. » Das erkannte in den zurückliegenden Jahren das Management vieler Unternehmen.

 

Entsprechend viele Lean-Management- Projekte wurden nicht nur in Produktionsunternehmen mit den Zielen gestartet,

 

  •  Verschwendung zu vermeiden,
  •  die Qualität der Leistung und damit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und
  • die Innovationsgeschwindigkeit und -kraft und somit die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu steigern.

 

Dabei lautete ein übergeordnetes Ziel der Unternehmen stets: Die kontinuierliche Verbesserung soll ein stabiler Prozess werden, der

 

KVP als stabiler Prozess

 

sich selbst am Leben erhält und trägt, weil das Streben nach Qualität und kontinuierlicher Verbesserung in den Köpfen der Mitarbeiter verankert ist.

Weshalb Lean-Projekte oft versanden

 

Ein hehres Ziel, ein erstrebenswertes Ziel. Doch leider stellten die Unternehmen nach einiger Zeit meist fest: Wir haben zwar unsere Mitarbeiter im Umgang mit den Lean-Methoden und -Tools geschult. Und unsere Führungskräfte haben das Einführen von «Lean» in ihren Zielvorgaben stehen. Doch trotzdem bleiben in unseren Projekten die erhofften Ergebnisse aus. Zwar haben wir einige punktuelle Verbesserungen erzielt, ein grundlegender Wandel hat sich in unserer Organisation aber nicht vollzogen. Und in unseren Meetings wird zwar immer wieder der Geist der kontinuierlichen Verbesserung beschworen, doch im Betriebsalltag ist er nicht spürbar. Und weil wir die Köpfe der Mitarbeiter nicht erreicht haben, schlafen unsere Lean-Initiativen immer wieder ein – zumindest wenn wir top-down nicht viel Zeit und Energie investieren, um den Prozess am Leben zu erhalten.

 

Eine Ursache dafür, dass viele Unternehmen diese Erfahrung sammelten, ist: Sie unterschätzten anfangs oft,

 

  • welch radikalen Kulturwandel es im betrieblichen Alltag darstellt, eine Kultur der kontinuierlichen Veränderung in einer Organisation zu verankern, und 
  • wie viel Ausdauer, Mühe und Geduld es bedarf, bei den Mitarbeitern das erforderliche Mindset, also das erforderliche Bewusstsein und Selbstverständnis, zu schaffen.

 

Viele Unternehmen dachten: Es genügt, wenn wir die erforderlichen Instrumente implementieren – entweder durch eine temporäre externe Beratungsunterstützung oder indem wir unsere Mitarbeiter zu ein, zwei KVP- oder Lean Management- Seminaren schicken. Dass dies eine Illusion ist, das haben die meisten Unternehmen inzwischen erkannt.

Lean- und KVP-Kultur bleibt ein Muss

 

Deshalb suchen sie nach Wegen, wie sie trotzdem das angestrebte Ziel erreichen können – nämlich in ihrer Organisation eine Kultur der kontinuierlichen Veränderung zu schaffen. Denn hieran führt kein Weg vorbei, und zwar nicht nur in der Produktion. Auch dies wurde den Unternehmen in den letzten

 

Top-down kaum zu schaffen

 

Jahren bewusst. Aus folgenden Gründen: In vielen Unternehmen ist inzwischen aufgrund der Globalisierung, des rasanten technischen Fortschritts und der raschen Veränderungen, die sich in ihrem Markt vollziehen, der Change-, sprich Innovationsbedarf in allen Bereichen und auf allen Ebenen so gross, dass er in Top-down-Projekten allein nicht mehr gemanagt werden kann – auch weil die Mitarbeiter zunehmend in bereichsund teilweise sogar unternehmensübergreifenden netzwerkartigen Strukturen arbeiten. Deshalb kann der Change- und Innovationsbedarf auch immer schwieriger zum Beispiel durch eine zentrale Organisationsentwicklungsabteilung erfasst werden. Also muss sich die Initiative zur Innovation und somit auch zum Produzieren von Qualität auf die Bereichs- und Prozessebene verlagern.

 

Entsprechendes gilt für den Lernund Entwicklungsbedarf, der aus dem Change- und Innovationsbedarf resultiert. Auch er ist in vielen Unternehmen so gross, dass er mit top-down organisierten Personalentwicklungsmassnahmen immer schwieriger gedeckt werden kann. Zudem ist er so individuell, dass er zentral, also zum Beispiel durch die Personalabteilung, immer schwieriger erfasst werden kann. Folglich muss sich auch die Initiative zum Aufbau der zum Produzieren von Qualität erforderlichen Kompetenz und zum Befriedigen des hiermit verbundenen Lernbedarfs stärker auf die Bereichs- und Prozessebene verlagern.

Mitarbeiter müssen «Selbstentwickler» werden

 

Viele Personalmanager haben diese Entwicklungslinien bereits vor Jahren erkannt. Unter dem Stichwort «Employability» formulierten sie die These: Die Mitar-beiter müssen «Selbstentwickler» werden. Das heisst, sie müssen selbst erkennen, wo bei ihnen ein Lernund Entwicklungsbedarf besteht, und diesen entweder selbst befriedigen oder mit selbstorganisierter Unterstützung. Und die Führungskräfte an der operativen Front? Sie müssen zu Persönlichkeiten heranreifen, die diese Lern- und Entwicklungsprozesse bei ihren Mitarbeitern fördern und so dazu beitragen, dass

 

  • die Performance ihres Bereichs kontinuierlich steigt und 
  • das Unternehmen schneller auf Veränderungen reagieren kann.

 

Thematisiert wurde dieser Sachverhalt in Personalerkreisen jedoch zumeist theoretisch. Konkrete Konsequenzen wurden hieraus selten gezogen, und wenn, dann primär im Bereich Führungskräfteentwicklung. So haben inzwischen viele Unternehmen in ihren Führungsleitlinien verankert, ihre Führungskräfte sollten Coachs ihrer Mitarbeiter sein, also Lern- und Entwicklungsprozesse bei ihren Mitarbeitern fördern und so dazu beitragen, dass diese die für die (künftige) Arbeit erforderliche Kompetenz aufbauen.

Führungskräfte sind überfordert

 

Dies ist ein richtiger Ansatz, der jedoch unter den gegebenen Rahmenbedingungen bei den oft oh 

 

Lernbedarf selbst erkunden

 

nehin an der Belastungsgrenze arbeitenden Führungskräften zu einer weiteren Mehrbelastung führt. Denn zum einen sind sie selbst nicht hinreichend für diese Aufgabe qualifiziert, und zum anderen sehen sie sich vielfach mit Mitarbeitern konfrontiert, die

 

  • weder das Bewusstsein verinnerlicht haben, dass sie ihre Kompetenz kontinuierlich weiterentwickeln müssen, um gute Mitarbeiter (und somit beschäftigungsfähig) zu bleiben,
  • noch über die Kompetenz verfügen, die aufgrund veränderter Anforderungen bei ihnen entstehenden Lern- und Entwicklungsbedarfe zu erkennen, und auch nicht die Fähigkeit und Bereitschaft finden, diese selbstständig zu befriedigen.

 

Die Folge: Die Führungskräfte müssen im Arbeitsalltag nicht nur viel Überzeugungsarbeit leisten. Sie müssen auch mit Widerständen kämpfen. Und immer wieder sind sie gezwungen, korrigierend und unterstützend einzugreifen, weil die erbrachte Leistung nicht mehr den Kundenanforderungen entspricht. Oder anders formuliert: Das Streben nach einer kontinuierlichen Kompetenz- und somit Qualitätsverbesserung stellt bei ihren Mitarbeitern noch keinen stabilen Prozess dar. Er muss stets aufs Neue angestossen werden, was viel Zeit und Energie seitens der Führungskräfte erfordert und ihr Gefühl des Überlastetseins forciert.

Lean Leadership: ein Lösungsweg

 

Diesen Zusammenhang hat eine Reihe von Unternehmen erkannt. Deshalb stellen sie neben ihren Führungskräfteentwicklungsauch ihre Personalentwicklungskonzepte grundlegend in Frage und feilen an neuen Konzepten, um dieses Dilemma zu lösen. Dabei orientieren sie sich zunehmend an den Grundmaximen des Lean-Leadership-Development- Modells. Dieses Modell unterscheidet in der Kompetenzentwicklung von Führungskräften vier Stufen.

 

Stufe 1: Sich als Führungskraft selbst entwickeln Dahinter steckt die Annahme, dass künftig eine Kernkompetenz von Führungskräften ist, das eigene Verhalten und Wirken zu reflektieren und die eigene Performance systematisch zu erhöhen.

 

Stufe 2: Andere Menschen coachen und entwickeln Die zweite Kompetenzstufe besteht in der Fähigkeit, als Führungskraft andere Personen so zu fördern, dass diese ihrerseits die Kompetenz erwerben, ihr Verhalten und ihr Wirken zu reflektieren und eigene Lernprozesse zu initiieren.

 

Stufe 3: Das tägliche Sich-Verbessern (Kaizen) unterstützen Hier geht es darum, Gruppen von Mitarbeitern (Teams, Abteilungen, Bereiche) am Innovationsbedarf auszurichten und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu sichern.

 

Stufe 4: Eine Vision schaffen und die Ziele abstimmen In die letzte Entwicklungsstufe sind idealerweise alle Führungskräfte und die gesamte Organisation eingebunden. Nun geht es darum, das «Silo-Denken» zu überwinden und alle Aktivitäten so aufeinander abzustimmen, dass die übergeordneten Unternehmensziele erreicht werden.

 

Kampf gegen Widerstände

Auf dem Weg zur lernenden Organisation

 

Von einer Führungskräfteentwicklung, die sich an diesem Kompetenzmodell orientiert, versprechen sich die Unternehmen, dass sich die Innovationskraft ihrer Organisation erhöht; des Weiteren, dass sie sukzessiv zu einer Entlastung der Führungskräfte führt – und zwar in dem Masse, wie ihre Mitarbeiter die Kompetenz entwickeln, eigenständig ihr Verhalten und Wirken zu reflektieren und sich zu entwickeln. Insofern sehen die Unter- nehmen hierin auch eine Massnahme, einem Burn-out, der vielen Führungskräften droht, entgegenzuwirken. Denn eine Fiktion ist es – darin sind sich alle Personalverantwortlichen einig, anzunehmen, dass der Veränderungsdruck, der auf den Unternehmen und somit ihren Mitarbeitern lastet, in den kommenden Jahren sinkt. Also gilt es die «Resilienz», sprich die Fähigkeit der Mitarbeiter, mit dem Druck umzugehen, zu erhöhen – jedoch nicht wie in der Vergangenheit dadurch, dass ihnen ein, zwei Stressmanagement- Seminare oder vergleichbare Work-Life-Balance-Angebote unterbreitet werden.

 

Ein solcher Ansatz greift zu kurz, das haben inzwischen viele Unternehmen erkannt. Zentrales Ziel muss es vielmehr sein, den Mitarbeitern das Bewusstsein zu vermitteln, dass die Notwendigkeit, sich zu verändern beziehungsweise regelmässig die eigenen Denk- und

 

Raus aus der Schockstarre

 

Handlungsmuster zu überdenken, ein integraler Bestandteil nicht nur des Arbeitsalltags ist; des Weiteren ihnen das Selbstbewusstsein zu vermitteln, «Irgendwie schaffe ich, schaffen wir das schon», sodass sie, wenn sie vor neuen Herausforderungen stehen, nicht in eine Schockstarre verfallen, sondern

 

  • diese eigeninitiativ angehen und
  • sich eigeninitiativ die erforderlichen Kompetenzen aneignen, um auch künftig gute Mitarbeiter zu sein und Qualität zu produzieren. Je mehr die Mitarbeiter hierzu bereit und fähig sind, umso stärker werden auch ihre Führungskräfte entlastet, da sie seltener korrigierend, steuernd und unterstützend eingreifen müssen. Und das Unternehmen? Es hat seine Innovationsfähigkeit und -kraft und somit Wettbewerbsfähigkeit erhöht, da es sich zu einer lernenden Organisation entwickelt hat.

 

 

 

 

 

 

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