Kundenbegeisterung durch Service Excellence
Zunehmende Ansprüche und Erwartungen ihrer Kunden sind heute die grossen Herausforderungen von Organisationen. Zum einen nimmt der Kostendruck stetig zu, zum anderen steigen die Erwartungen der Kunden unaufhaltsam. Selbstverständlich geworden ist das Erfüllen von Kundenerwartungen. Doch reicht dies heute noch aus, um Kunden längerfristig zu binden?
Spitzenleistungen von heute werden zu Standardleistungen von morgen. Die Kunden werden immer anspruchsvoller, fordernder. Dies betrifft einerseits die Kernleistungen eines Dienstleistungsanbieters wie ebenso eventuelle Zusatzleistungen, die nicht selten das sog. «gewisse Etwas » ausmachen. In diesem Sinne steigt gerade bei standardisierten Bereichen der Wettbewerbsdruck enorm und er lässt sich mit reinen Massnahmen der Effizienzsteigerung nur noch schwer abfangen, dies insbesondere auch, weil Kunden heutzutage immer wechselwilliger sind, d.h. die Bereitschaft, Neues zu entdecken, steigt. Aus diesen Gründen gelangt das Konzept des Service Excellence heute in vielen Dienstleistungsbranchen in den Fokus des unternehmerischen Interesses.
Die neue technische Spezifikation CEN/TS 16880 dient als Leitfaden
Eine neue technische Spezifikation CEN/TS 16880 «Creating outstanding customer experiences through service excellence» definiert 7 Grundsätze und 9 Elemente des Service Excellence. Im Hinblick auf die Kundenbegeisterung werden Themen behandelt, wie z.B: Welche Voraussetzungen sind bei der strategischen Unternehmensplanung wichtig? Wie kann Lernen, Kreativität und Innovation auf allen Ebenen sichergestellt werden? Welches sind geeignete Strukturen und Prozesse, um Kundennähe noch besser zu bewirken? Was ist bezüglich der Unternehmenskultur wichtig und welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung, um die Kundenbegeisterung zu erfassen und gezielt zu steuern? Aus diesem Themenkreis wird ersichtlich, dass es sich beim Konzept des Service Excellence um einen Management- Ansatz handelt mit der Zielsetzung, die ganze Organisation auf eine kontinuierliche Spitzenleistung auszurichten.
Nicht zuletzt auch aus rein wirtschaftlichen Gründen darf allerdings das traditionelle Ziel der Kundenzufriedenheit nicht vergessen werden. Basisanforderungen müssen bekanntlich immer erfüllt werden, Qualität ist Voraussetzung, wenn Menschen zufriedengestellt werden sollen. Ist es jedoch das Ziel, Kundenbegeisterung zu erzielen, stellt sich die Frage, wie ein Managementsystem ausgestaltet werden sollte, um exzellente Dienstleistungen kontinuierlich anbieten zu können. Mit anderen Worten, organisationale Fähigkeiten sollen so ausgestaltet sein, dass die Begeisterung bei den Kunden und ggf. weiteren Anspruchsgruppen die Regel ist.
Die Mitarbeitenden stehen im Zentrum
Der Schlüssel liegt somit klar bei den Mitarbeitenden: Es wird eine Serviceorientierung und -kultur geschaffen, die sich durch das ganze Unternehmen zieht. Dies bedeutet, dass sich nicht nur interne Abteilungen wie z.B. das Finanz- und Rechnungswesen oder die HR-Abteilung als Dienstleister verstehen, sondern letztendlich alle Mitarbeitenden zu Dienstleistern werden, ob der Kunde nun ein Interner oder ein Externer ist.
Service Excellence heisst für alle Mitarbeitenden im Unternehmen:
- das Versprochene erfüllen;
- bei Störungen den ersten Schritt zu tun;
- rasche Reaktion und ggf. Hilfe bei Beschwerden, Konzilianz;
- Bereitschaft zu lernen und Offenheit für Neues;
- dem Kunden ein persönlicher, nicht selbstverständlicher Service zu bieten, der über die Erwartungen hinausgeht.
Dieses Ziel kann dann erreicht werden, wenn Mitarbeitende zum Unternehmer werden und ihre Dienstleistung verantworten (können). Die Voraussetzung ist, dass sie Gestaltungsmöglichkeiten erhalten und die Möglichkeit geboten wird, eigene Leistungen zu reflektieren.
Die CEN/TS 16880 ist grundsätzlich als Leitfaden gedacht. Dies heisst, die einzelnen Module der Spezifikation können nach Bedarf umgesetzt werden. Die konsequente Einführung des Konzeptes Service Excellence kommt einer Organisationsentwicklung nahe: Es werden sowohl die Strukturen und Prozesse eines Unternehmens betrachtet und ggf. optimiert, es spielen insbesondere aber auch Aspekte der Gruppendynamik und der Personalentwicklung eine zentrale Rolle.
Die Abgrenzung zu normativen Managementsystemen
Wie Abb. 4 zeigt, stellt die CEN/TS 16880 einen ganzheitlicher Management- Ansatz dar. Damit stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zu anderen normativen Grundlagen im Managementbereich. Was die Norm ISO 9001 anbetrifft, so wird hier auf die Darstellung in Abb. 2 verwiesen. Etwas komplexer gestaltet sich die Abgrenzung zum bereits seit 25 Jahren bestehenden Excellence-Ansatz der European Foundation for Quality Management EFQM. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass das Modell der EFQM eine graduelle Bewertung anhand eines Punktesystems vorsieht, während die CEN/TS 16880 als Leitfaden verstanden werden will, somit keine direkte Bewertung darstellt. Soll ein Benchmarking zwischen Unternehmen, die ein Service-Excellence- Konzept umsetzten, angestrebt werden, müssten folglich hierzu die Kriterien fallweise definiert werden. Sie dürften klar bei der Mitarbeiterloyalität und der Kundenbindung zu finden sein. Während das Konzept der EFQM also eine ganzheitliche Beurteilung von Organisationen ermöglicht, stellt die CEN/TS 16880 ein umfassendes Management-Konzept zur Verfügung, welches den Kunden in den Mittelpunkt stellt und durch moderne Leadership-Ansätze die Professionalität der Mitarbeitenden auf allen Stufen fördert. In diesem Sinne spricht die CEN/TS 16880 von «Managing an Organisation from outside-in». Dass damit auch schlanke und effiziente Strukturen gemeint sind, versteht sich!
Eine definierte und kommunizierte Strategie ist wichtig
Somit ist in einem ersten Schritt die Geschäftsleitung gefordert, soll die CEN/TS 16880 eingeführt werden. Unter Einbezug des Umfeldes und ggf. in Betrachtung der Aktivitäten der Konkurrenz sollten die Chancen und Risiken abgeschätzt (SWOTAnalyse) werden, um dann eine klare Strategie zu definieren und (intern) zu kommunizieren. Nur wenn alle Mitarbeitenden mit Führungsfunktion von der Einführung des Service Excellence Konzeptes voll überzeugt sind, lässt es sich im Unternehmen erfolgreich umsetzen! Des Weiteren ist es wichtig, ein Konzept für die Messung von Leistungen und Wirkungen frühzeitig zu konzipieren, um Fortschritte laufend zu erfassen und zu kommunizieren. Optimal ist, auf der Geschäftsleitungsebene eine für die Einführung des Systems zuständige Person zu bezeichnen, welche im Sinne eines internen Coachings die Einführung des Service-Excellence-Konzeptes begleiten kann. Wie generell bei der Implementierung eines umfassenden Managementsystems, ist speziell bei der Einführung des Service- Excellence- Konzeptes der Einbezug aller Mitarbeitenden fundamental wichtig. Das umfassende Wissenspotenzial der Mitarbeitenden kann nur dann zum Tragen kommen, wenn sich alle für das Ziel engagieren können und Bereitschaft für Innovation und Lernen entwickeln.
Gelingt dies, so ist mit der Einführung des Service-Excellence- Konzeptes ein wichtiges Fundament für die nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens und dessen Erfolg gelegt.