IT-Beschaffungskonferenz: Vorbildfunktion der Verwaltung bei öffentlichen Vergaben
Im Rahmen der elften IT-Beschaffungskonferenz trafen sich am 24. August in Bern rund 300 Akteurinnen und Akteure aus dem öffentlichen Beschaffungswesen. Sie widmeten sich unter anderem der Frage, wie man nach dem neuen Vergaberecht Anforderungskriterien nutzen kann, um Nachhaltigkeit, also ökologische und soziale Standards, in der gesamten Lieferkette effektiver umzusetzen.
Die jährlich durchgeführte IT-Beschaffungskonferenz wurde vom Institut Public Sector Transformation der Berner Fachhochschule BFH und dem Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern organisiert, in Kooperation mit dem Bereich Digitale Transformation und IKT-Lenkung (DTI) der Bundeskanzlei, dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL), Digitale Verwaltung Schweiz (DVS) sowie den Vereinen swissICT und CH Open. Der Anlass richtete sich an Beschaffende, Berater und Beraterinnen, Jurist/-innen und Fachpersonen, die im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens tätig sind.
Gezielt Nachhaltigkeit fördern mit neuen Kriterien des Vergaberechts
Die öffentliche Beschaffung von Gütern der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) ist komplex. Beschaffende von ICT-Geräten müssen stets abwägen zwischen den gesetzlichen sozialen und ökologischen Mindestanforderungen, steigenden Erwartungen an die Produkte und den Kostendruck der Auftraggeberin. Dabei werden geltende Standards kaum kontrolliert und Nachhaltigkeit spielte in der Abwägung bisher keine bedeutende Rolle. Dies könnte sich nun ändern.
Neue Chancen durch Gesetzesrevision des öffentlichen Beschaffungsrechts
Mit der aktuellen Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) können Beschaffende nicht nur zusätzliche Nachhaltigkeitsanforderungen als Ausschlusskriterien definieren, sondern auch die Innovation und die bessere Lebenszyklusbilanz im Rahmen der Ermittlung des vorteilhaftesten Angebots belohnen. Zudem kann die Einhaltung insbesondere von Mindeststandards besser überprüft werden. Wie diese Kriterien bei Ausschreibungen tatsächlich genutzt werden und wie
gross der Einfluss in der Praxis tatsächlich ist, war Kern der Diskussion unter eingeladenen Expertinnen und Experten.
Einige Erkenntnisse der IT-Beschaffungskonferenz
Dr. Peter Pawlicki von Electronic Watch, Vertreter einer Monitoring Organisation, stellt «eine grosse Nachfrage nach industrieunabhängiger Kontrolle vertraglicher Verpflichtungen zur Einhaltung von menschen- und arbeitsrechtlichen Standards» fest. Ein weiterer vielversprechender Lösungsansatz ist die Nutzung von digitalen Lösungen, die den Beschaffungsprozess durchgängig unterstützen und so grosses Potenzial haben, nicht nur Effektivität und Effizienz im Einkauf, sondern auch die Durchsetzung und Sicherung der Einhaltung von rechtlichen Vorgaben zu unterstützen.
Wie kann die Umsetzung des neuen Rechts so erfolgen, dass ein echter Change greifbar wird? Sowohl aus dem WTO-Panel als auch der Fachsession zur nachhaltigen Beschaffung konnte als Erkenntnis mitgenommen werden, dass die Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Auftraggeberseite und den Wirtschaftsverbänden
der IT-Branche das Thema Nachhaltigkeit im IT-Bereich entscheidend vorwärtsbringen kann. Anschaulich zeigt dies das Beispiel der Verhandlungen zwischen dem Innenministerium und dem IT-Branchenverband BITKOM in Deutschland.