In zehn Schritten zur ganzheitlichen Risikosteuerung für Gemeinden
Die Hochschule Luzern und die Fachhochschule Nordwestschweiz haben einen Leitfaden zur ganzheitlichen Risikosteuerung für Gemeinden entwickelt. Damit sollen die Kommunen nicht nur ihre Risiken handhaben können, sondern auch ihre Verwaltungstätigkeit effizienter und sicherer gestalten.
Sinkende Steuereinnahmen, ungenügende Liquidität, eine unzulängliche Abfallentsorgung, Veruntreuung von Staatsgeldern, ein Ausfall der IT, hohe Fluktuation, Kostensteigerung in der sozialen Wohlfahrt etc. Angesichts solcher Risiken haben die Gemeinden schon immer interne Kontrollen vorgenommen und bei strategischen Fragen durchaus auch Risikoüberlegungen angestellt. Die Gemeinden gehen dies jedoch noch zu wenig systematisch an, wie im Rahmen eines entsprechenden Forschungsprojektes der beiden Hochschulen deutlich wurde.
An diesem Projekt beteiligten sich 19 Gemeinden und Bezirke der Deutschschweiz. Wie die Untersuchungen zeigten, hatten lediglich drei davon ein formales internes Kontrollsystem (IKS) implementiert und nur zwei Gemeinden betrieben zusätzlich ein Risikomanagement. Der Einsatz beider Instrumente wird jedoch dringlicher, denn die Gemeindeaufgaben werden immer komplexer. Gleichzeitig erwartet die Öffentlichkeit vermehrt eine effiziente, kostengünstige Verwaltungstätigkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern.
Ein internes Kontrollsystem wirkt mehrheitlich auf der operativen Ebene. Es hilft, die wahrheitsgetreue Berichterstattung zu gewähren, das Gemeindevermögen zu schützen, Arbeitsprozesse zu optimieren und rechtskonformes Handeln zu sichern. Demgegenüber ist das Risikomanagement ein systematischer Prozess, der vor allem bei Entscheiden auf der strategischen Ebene durchlaufen wird. Mögliche Ereignisse, welche die Gemeinde beeinflussen, sollen frühzeitig erkannt werden, um deren positiven Auswirkungen zu nutzen und die Negativen zu mindern. Die Gemeindeziele lassen sich so sicherer erreichen.
Gemeindespezifischer Risikokatalog
Die 19 Gemeinden und Bezirke aus der Deutschschweiz listeten
- nebst den eingangs erwähnten
- noch weitere Risiken auf. Diese wurden im Rahmen der Studie in fünf Kategorien unterteilt:
1) finanzielle Risiken
2) rechtliche Risiken
3) operationelle Risiken
4) strategische Risiken sowie
5) Sach- und Elementarrisiken
Die vollständige Untersuchung zeigt, dass die Gemeinden finanzielle Risiken sowie Sach- und Elementarrisiken am häufigsten anführten. Befragt nach den Risiken in fünf bis zehn Jahren, kamen weitere Kategorien hinzu: Gemäss den Gemeinden und Bezirken dürften insbesondere gesellschaftliche, strategische und politische Fragen zur Herausforderung werden. Die Bestellung von Behörden oder die sinkende Bereitschaft der Bevölkerung, in der Gemeinde mitzuarbeiten, sind Beispiele dafür.
Ganzheitliche Betrachtung
Risiken sollen nicht nur auf der operativen, sondern auch auf der strategischen Ebene bewirtschaftet werden. Eine solche ganzheitliche Risikosteuerung muss nicht kompliziert sein, sondern kann ganz pragmatisch erarbeitet werden. Dafür haben die beiden Fachhochschulen einen Leitfaden erarbeitet, nach dem die Gemeinden ein Risikomanagement und ein internes Kontrollsystem einführen können. Grundsätzlich erfolgt die Einführung in den drei Phasen Planung, Implementierung und Betrieb. Im Leitfaden sind diese in zehn Schritte aufgeteilt, welche sukzessive zum Ziel führen.
Der 10-Schritte-Plan (als zentrales Element des Leitfadens):
1. Vorbereitung: Gemeinderatsbeschluss für ein ganzheitliches Risikomanagement; Konzepthandbuch erstellen.
2. Internes Umfeld: Risiko- und Kontrollkultur schaffen/vertiefen; Bestandsaufnahme: Welche Elemente bestehen bereits, was fehlt noch?
3. Information und Kommunikation: Interne und externe Kommunikation festlegen.
4. Risikomanagement: Risiken identifizieren, erfassen und bewerten; Massnahmen bestimmen.
5. Internes Kontrollsystem: Organisationsbereiche bestimmen, Jahresrechnung analysieren, Schlüsselprozesse selektieren und Kontrollen zuweisen.
6. Verknüpfung: Risikomanagement und Internes Kontrollsystem: Synergien der beiden Instrumente erkennen und nutzen.
7. Aktionsplan: Festgestellte Schwächen aufführen und beheben; Aktionsplan wird parallel zur gesamten Implementierung geführt und kurz vor Abschluss bewusst nachgeführt.
8. Präsentation im Gemeinderat: Gemeinderat Gelegenheit für Korrekturen/Ergänzungen bieten.
9. Abschluss Implementierung: Ganzheitliches Risikomanagement mit Gemeinderatsbeschluss abnehmen lassen.
10. Information und Schulung: Mitarbeitende lernen ihre Rolle kennen, um die Gemeinden bei der Identifizierung und Bewertung möglicher Risiken zu unterstützen.
Es empfiehlt sich, ein interdisziplinäres Team von Spezialisten zu bestimmen, welches zusätzlich einen auf die Gemeinde abgestimmten Risikokatalog erstellt.
Umfang des internen Kontrollsystems
Ein besonderes Augenmerk gilt dem Umfang des internen Kontrollsystems für Gemeinden. In der Privatwirtschaft ist ein solches fast
Schliesslich ist der Vermögensschutz ein wichtiges Thema.
ausschliesslich auf eine korrekte Buchführung und eine verlässliche finanzielle Berichterstattung ausgerichtet. Für Gemeinden greift das zu kurz, denn öffentliche Verwaltungen sind per Gesetz unter anderem zu einer effizienten und effektiven Haushaltsführung verpflichtet. Die Bevölkerung hat einen Anspruch auf Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit, und schliesslich ist der Vermögensschutz ein wichtiges Thema.
Dass eine ganzheitliche Risikosteuerung für die öffentlichen Verwaltungen zunehmend wichtig wird, davon ist nicht nur die Forschung überzeugt. Auch die Gemeinden selber schätzen den künftigen Stellenwert von Risikomanagement und IKS als hoch oder zunehmend ein. Auch deshalb hat die Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI) das Forschungsprojekt und damit die Erarbeitung des Leitfadens finanziell unterstützt. Als Hauptumsetzungspartner beteiligte sich die Treuhand- und Revisionsgesellschaft Mattig Suter und Partner.
Das Buch «Ganzheitliche Risikosteuerung in 10 Schritten – Risikomanagement und IKS für Schweizer Gemeinden» fasst die Ergebnisse des Forschungsprojektes zusammen und beschreibt eingehend die zehn Schritte, welche zu einem ganzheitlichen Risikomanagement führen. Der Anhang enthält eine Reihe von Hilfsmitteln wie z.B. einen Risikokatalog, Checklisten etc. Das Buch kann beim Haupt Verlag Bern bestellt werden.