In einem Jahr zur Zertifizierung
Die Blaser Swisslube AG ist ein weltweit tätiges Unternehmen der Schmiermittelbranche mit Hauptsitz in Hasle-Rüegsau BE. Rund 500 Mitarbeiter weltweit setzen sich für die Entwicklung, die Herstellung und den Verkauf von hochwertigen Schmiermitteln ein. Im Rahmen des einjährigen Projekts «compass» wurde das Blaser Management System (BMS) aufgebaut, welches die Abläufe, Verantwortlichkeiten und Ressourcen für das Erreichen der Unternehmensstrategie regelt – oder auf den Punkt gebracht: Wer macht was, wie, wozu, wann und womit?
Blaser Swisslube wurde 1936 von Willy Blaser gegründet. Produkte zu entwickeln, die dem Kunden einen Mehrwert bringen und dabei Mensch und Umwelt schonen, ist seit dem ersten Tag die Triebkraft des Emmentaler Familienunternehmens. Peter Blaser machte Blaser Swisslube im Bereich der Kühlschmierstoffe für die Metall verarbeitende Industrie zu einem weltweit tätigen Unternehmen. Mit Marc Blaser engagiert sich seit 2010 bereits die dritte Generation für den Grundsatz, ein verlässlicher Kühlund Schmierstoff-Partner zu sein, der den Kunden hilft, ihre Bearbeitungsprozesse zu optimieren.
Pragmatisches Projektvorgehen
Die Einführung eines integrierten Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystems ist ein herausforderndes Vorhaben. Damit ein solches System auch nach Projektabschluss durch die Mitarbeiter «am Leben erhalten» wird und es somit nicht bei einer Papierübung bleibt, ist ein Veränderungsprozess in Gang zu setzen,
Alles andere als eine Papierübung
der Strukturen, Prozesse, Führung, Kultur und insbesondere auch das Verhalten aller Mitarbeiter umfasst. (Bild 2)
Auf der Basis erfolgreich durchgeführter Projekte hat die Innosphere GmbH einen pragmatischen Leitfaden zur Einführung des Prozessmanagements entwickelt, der auch bei Blaser Swisslube Anwendung gefunden hat. Auf dieser Basis konnte das Projekt mit der Bezeichnung «compass» innerhalb eines Jahres von der Tool-Evaluation bis zur erfolgreichen Zertifizierung nach ISO 9001, 14001 sowie OHSAS 18001 abgeschlossen werden.
Phasen 1 und 2 – Vorbereitung und Initialisierung
Die Definition der operativen Ziele des Projekts «compass» erfolgte abgestützt auf die strategischen Ziele von Blaser Swisslube. Neben einer erfolgreichen ISOZertifizierung standen vor allem die Erhöhung der Transparenz und die Optimierung der Abläufe durch definierte Schnittstellen, die klare und eindeutige Regelung von Verantwortlichkeiten, die Erhöhung des Qualitätsbewusstseins und somit die Steigerung der Kundenzufriedenheit im Vordergrund.
Die Projektorganisation wurde konsequent am Umfang des Vorhabens ausgerichtet – interne Mitarbeiter aus sämtlichen Fachbereichen von Forschung & Entwicklung, Produktmanagement, Verkauf bis zum Kundendienst stellten sicher, dass das notwendige fachliche Know-how zur Erreichung der Ziele zu jeder Zeit verfügbar war.
Zudem wurde bereits in der Vorbe-reitungsphase darauf geachtet, solche Projektteilnehmer auszuwählen, die nach Projektende im Rahmen des laufenden Betriebs für den jeweiligen Bereich als Single Point of Contact für Prozess- und Toolfragen zur Verfü
«compass» – ein ehrgeiziges Projekt
gung stehen, die Prozesse und Vorgabedokumente verwalten und als interne Auditoren tätig sind. Diese Massnahme führte zu einem problemlosen Übergang von der Prozess- zur Betriebsorganisation. Für einen überschaubaren und steuerbaren Ablauf des Vorhabens stand eine Phasen- und Meilensteinplanung zur Verfügung, die im Verlauf des Projekts regelmässig überprüft wurde.
Bei der Auswahl des Tools wurde auf folgende Faktoren Wert gelegt:
- einfache Bedienbarkeit für Prozesseigner, Prozessvisualisierer und Mitarbeiter sämtlicher Hierarchiestufen
- Orientierung an Standards der Notation
- softwaregestützte Workflows (entwerfen, prüfen, freigeben) für Prozesse und Vorgabedokumente
- Volltext- und Stichwortsuche
- Mehrsprachigkeit hinsichtlich User-Interface, der Prozesse und Vorgabedokumente.
Das Blaser-Swisslube-Projektteam entschied sich nach eingehender Prüfung mehrerer Tools für das Managementsystem QM-Pilot der Firma abel-systems aus Basel.
Parallel zur Tool-Evaluation erfolgte in Abhängigkeit des Projektumfangs und des Detaillierungsgrads eine Festlegung der notwendigen Beschreibungsebenen. Dabei wurden die Prozesse in Form eines vierstufigen Ebenenkonzepts von der Prozesslandkarte (Gesamtübersicht mit allen Management-, Kern- und Supportprozessen) über Hauptprozesse (Flussdiagramme mit Beschreibungen, Schnittstellen und Verantwortlichkeiten), Subprozesse (zur hierarchischen Strukturierung und besseren Übersichtlichkeit) bis zu Vorgabedokumenten (Checklisten, Weisungen, gesetzliche Grundlagen) detailliert.
Mit einer Kick-off-Sitzung erfolgte der formelle Start des Projekts «compass». Das Projektteam wurde zudem hinsichtlich Prozessmanagement-, Methodik- und Tool- Know-how geschult.
Phase 3 – Realisierung
Neben der Aufnahme des Istzustands ermittelten die interdisziplinär zusammengesetzten Projektteams im Rahmen von Workshops die Stärken, Schwächen und Potenziale. Für die konsequente prozessorientierte Ausrichtung des gesamten Unternehmens war die Abbildung aller Management-, Kern- und Supportprozesse essentiell. Hierzu haben die Projektmitarbeiter eine vierstellige Anzahl an bestehenden Vorgabedokumenten geprüft und den Inhalt des Managementsystems schliesslich auf knapp 200 Prozesse und Vorgabedokumente reduziert.
Verbesserungen, die bereits durch minimale organisatorische und ablauftechnische Massnahmen erreicht werden, wurden bereits im Verlauf des Projekts umgesetzt. Komplexere Anpassungen, die Abstimmungen in der Geschäftsleitung erfordern, wurden im Themenspeicher als Verbesserungsmassnahme festgehalten und werden nach Projektabschluss bearbeitet.
Einen besonderen Fokus richtete die Projektleitung auf die Schnittstellen zwischen den Bereichen. Ziel war es, Schnittstellen sofern möglich durch Aufgabenbündelung zu vermeiden oder sie zumindest mittels definierter Vereinbarungen zu standardisieren und ihnen dadurch Stabilität zu verleihen.
Es ist eine Binsenweisheit, dass Kennzahlen für Prozessverbesse
VierstufigesEbenenkonzept
rungen unabdingbar sind. Grundsätzlich gilt: Nur was messbar ist, lässt sich auch optimieren und steuern. Zur Lenkung und Optimierung der Prozesse wurden sowohl Kennzahlen, die der kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse dienen (zum Beispiel Verkürzung der Durchlaufzeiten), als auch ergebnisorientierte Kennzahlen (zum Beispiel Kundenzufriedenheit) definiert.
Auf Basis der Arbeiten in der Realisierungsphase konnten die Prozessabläufe entwickelt und die Modellierung im Tool vorgenommen werden. Als Leitplanken der Arbeiten stand eine bereits frühzeitig definierte Notationsrichtlinie zur Verfügung, um eine einheitliche und qualitativ ansprechende Visualisierung zu gewährleisten.
Als zusätzliche qualitätssichernde Massnahme wurden die Projektmitarbeiter auf das Zertifizierungsaudit in Form interner Voraudits vorbereitet, mit denen die externen Audits simuliert wurden.
Phase 4 – Einführung
Mit einer offenen und aktiven Informationspolitik wurde während der gesamten Projektlaufzeit möglichen Befürchtungen, Ängsten oder gar Widerständen begegnet. Parallel dazu erhielten alle Mitarbeiter zielgruppengerechte Schulungen, die das neue, prozessrelevante Wissen und Denken vermit
Teamleistung prägt das Image
telten. Dabei stand das Ziel im Vordergrund, dass die Mitarbeiter die Werkzeuge des Prozessmanagements in ihrem Tagesgeschäft nutzen und motiviert sind, Verbesserungsvorschläge einzureichen. (Bild 3)
Der durchaus mit Spannung erwartete Audittermin bestätigte die gute Arbeit des Projektteams: «Durch die umfassende Einbindung der Themen Qualität, Umweltschutz, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie Risikomanagement ist ein Führungsinstrument entstanden, welches alle relevanten Prozesse umfassend beschreibt, bei den Mitarbeitenden hohe Akzeptanz geniesst und das vorhandene Know-how gut absichert», so eine zentrale Aussage aus dem Auditbericht vom 10. September 2012.
Projektabschluss und was nun?
Nach erfolgreichem Projektabschluss geht es mit Volldampf im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses weiter. Neben der Weiterentwicklung von Prozessen auf Basis der Pendenzen des Themenspeichers wird das KPISystem ausgebaut, das BMS auf internationale Standorte ausgeweitet, eine globale Zertifizierung angestrebt sowie das Management- Tool in eine SharePoint-Umgebung integriert.
Learnings aus dem Projekt
Für Markus Liechti, Leiter Business Development von Blaser Swisslube und Leiter des Projekts «compass», stellten die Entscheidung für ein intuitiv bedienbares Tool, die Durchführung von etappenweisen Prozess-Reviews und das interne Voraudit Erfolgsgaranten dar. Das Commitment der Geschäftsleitung, die frühzeitige Definition der Betriebsorganisation und das Nutzen der Spielräume von Normen nach dem Motto «nur so viel wie nötig» sind erfahrungsgemäss extrem wichtig, um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess auch tatsächlich in Gang zu bekommen.