Im Zeichen von Industrie 4.0
Mit 883 Ausstellern aus 31 Ländern wurde die Control 2018 nochmals grösser und konnte damit ihren Stellenwert als internationale Leitmesse für die Qualitätssiche-rung festigen. Die Internationalität widerspiegelten auch die 28 241 registrierten Fachbesucher aus 98 Nationen. Wir zeigen hier ein paar interessante Messtechnik-produkte, die in Stuttgart vorgestellt wurden.
Auch in diesem Jahr geht der Trend zu Indus-trie 4.0 weiter. Die Systeme werden schneller, einfacher automatisierbar und insbesondere berührungslose Systeme verzeichnen einen grossen Aufschwung.
Mikrokoordinatenmesssystem
Mit dem neuen μCMM stellt Alicona an der Control erstmals ein optisches Mikrokoordi-natenmesssystem vor und feierte damit seine Weltpremiere.
Die Verbindung eines klassischen Koor-dinatenmessgeräts und der optischen Ober-flächenmesstechnik ermöglicht mit nur ei-nem Sensor Mass, Lage, Form und Rauheit von Bauteilen zu messen. Das optische Koor-dinatenmessgerät bietet hohe geometrische Genauigkeit, was die Messung von kleinsten Oberflächendetails inklusive präziser Be-stimmung der Lage der Einzelmessungen zu-einander ermöglicht. Die 3D-Genauigkeit gemäss ISO 10360-8 liegt bei E Uni:j:ODS,MPE = (0.8 + L/600) µm (L in mm).
Gemäss Alicona umfasst das Spektrum messbarer Oberflächen sämtliche industrie-üblichen Materialien und Verbundwerkstoffe wie Kunststoff, PKD, CFK, Keramik, Chrom, Silizium etc. Dabei können sowohl matte als auch polierte und spiegelnde Bauteile gemessen werden. Das Messvolumen beträgt 310 mm × 310 mm × 310 mm. Luftgelagerte Ach-sen mit Linearantrieb ermöglichen die ver-schleissfreie Nutzung. Die Objektive können automatisch gewechselt werden.
Neuer Kalibrierkörper für optische und taktile Systeme
Der neue TOPIC-Kalibrierkörper «Arena» kann unter anderem für effiziente Zwischenprü-fungen gemäss ISO 10360-1 von Mikro-Koordinatenmessgeräten eingesetzt werden. Der Prüfkörper besteht aus optisch kooperativen Kugeln mit einer hohen Formgenauigkeit. Durch die systematische Anordnung im Raum ist es möglich, mit nur einer Aufspannung die erforderlichen Kenngrössen einer Zwischen-wie auch Abnahme- und Bestätigungsprüfung gemäss ISO 10360-1 zu ermitteln.
Dieser Kalibrierkörper wurde durch die erfolgreiche Zusammenarbeit von Saphirwerk AG, dem Eidgenössischen Institut für Metrolo-gie METAS, der NTB Interstaatliche Hochschu-le für Technik Buchs und den Industriepart-nern ETA SA und SFS intec entwickelt.
Werth Interferometer Probe WIP
Mit herkömmlichen optischen Sensoren sind schmale und tiefliegende Merkmale, wie zum Beispiel Luftspalten an Elektromotoren, oft nicht messbar. Laserabstandssensoren, chro-matische Fokussensoren und konfokale Sen-soren beispielsweise scheitern an der Apertur der Objektive und oft ist der Arbeitsabstand zu gering, um die Merkmale ohne Kollision zu erfassen. Mit der Werth Interferometer Probe (WIP) hat Werth einen hochgenauen optischen Fasersensor im Portfolio, der das Messen über Interferenz ermöglicht.
Die Messsonde ist eine lichtleitende Glasfaser mit einem Standarddurchmesser von 125 μm. Kleinere Durchmesser sind eben-falls möglich. Die Sondengeometrie lässt sich individuell an die Anforderungen der Mess aufgabe anpassen, beispielsweise sind gerade oder abgewinkelte Sonden möglich. Der An-schliff der Sonde bestimmt den Austrittswin-kel des Messstrahls zwischen 0° und 90°. Sonden mit 90°-Winkel werden zum Beispiel zur Messung der Mantelflächen kleiner Boh-rungen eingesetzt.
Mit dem WIP in RS-Ausführung ist eine hochgenaue Rundheitsmessung mit drehba-rer Sonde möglich. Bei dieser wird nur die geometriekorrigierte Sensor-Drehachse be-wegt. Damit lassen sich Rundheitsmessun-gen mit Messabweichungen von etwa 100 nm durchführen. Alternativ kann die Sonde während der Drehung mit den kartesischen Achsen des Koordinatenmessgeräts auf einer Kreisbahn bewegt werden und damit auch grössere Geometrieelemente messen.
Software zur Bestimmung der Messunsicherheit (VCMM)
Ein vollständiges Messergebnis beinhaltet ne-ben dem Messwert immer auch eine Messun-sicherheit. Diese ist ein wesentlicher Bestand-teil der Qualitätssicherung, da ohne die Mess unsicherheit eine Beurteilung der Toleranzen nicht möglich ist. Die immer höher werdende Automatisierung im Zuge von Industrie 4.0 erfordert auch eine Automatisierung der Er-mittlung der Messunsicherheit. Seit Beginn der 1990er-Jahre entwickelt die PTB eine soge-nannte «Virtual Coordinate Measuring Machi-ne» (VCMM). Seither wurde diese der moder-nen Messtechnik angepasst und optimiert.
Die Bestimmung der Messunsicherheit einer komplexen 3D-Messaufgabe mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationen ist eine zeit-und kosteneffiziente Methode. Zur Ermitt-lung der Messunsicherheit wird rechnerge-stützt in der VCMM eine grosse Anzahl von Wiederholmessungen simuliert. Dabei wer-den die Messungen in einer virtuellen Um-gebung nachgebildet. Dazu werden erfasste Messpunkte, entsprechend vorgegebener Wahrscheinlichkeitsverteilungen und Ein-gangsparametern, variiert und bilden damit eine realistische Punktewolke ab. Diese Da-ten werden nun gleich wie die erste reale Messung ausgewertet. Über die mehrfache Wiederholung dieses Vorgangs kann nun ei-ne statistische Aussage getroffen werden.
Zur Verifizierung der aktuellen Version des VCMM (inkl. Scanning) als Verfahren zur Bestimmung der aufgabenspezifischen Mess unsicherheit wurden von der PTB koordi-nierte Vergleichsmessungen durchgeführt. Dies ist ein wichtiger Schritt zur baldigen Ve-rifizierung des VCMM, sodass es in Messlabo-ren und akkreditierten Kalibrierlaboratorien zur Messunsicherheitsbestimmung einge-setzt werden kann.
GOM-Computertomograf
Mit der Hilfe von Computertomografie (CT) sind schon heute Messungen möglich, die mit anderen Messprinzipien nicht mehr abgedeckt werden können. Beispielsweise können mittels additiver Fertigung hergestellte Bauteile, deren innere Strukturen weder taktil noch optisch zugänglich sind, gemessen werden.
Neu bietet auch die Firma GOM Com-putertomografie an und ist damit eher spät in das Gebiet eingestiegen. Eine 5-Achs-Kine-matik sorgt für eine automatisierte Bauteil-positionierung. Das System wird über eine fotogrammetrische Kalibrierung in allen möglichen Messpositionen kalibriert. Ein weiteres Merkmal ist, dass durch eine Luft-umwälzung innerhalb des CT im Arbeitsbe-reich die gleiche Temperatur herrscht wie im Lagerbereich ausserhalb des CT. Damit sind kontrollierte Temperaturverhältnisse ohne eine aufwendige Klimatisierung innerhalb des Computertomografen möglich. Die Aus-wertung der Daten erfolgt mit der Software GOM Inspect, die bereits seit letztem Jahr auch mit CT-Daten von anderen Herstellern umgehen kann.
CT-System mit integrierter Klimakammer
Mit dem Diondo In-situ-CT können Werk-stücke unter realistischen Betriebsbedingun-gen untersucht werden. Von diesem kombi-nierten Verfahren profitieren beispielsweise Automobilhersteller: Bei den für die Elektro-mobilität eingesetzten Li-Ion-Batterien stel-len sich aufgrund der hohen Energiedichte sicherheitsrelevante Fragen: Wie wirkt sich die Temperatur auf die innere Struktur und Geometrie aus? Wie ist das Verhalten bei lang
anhaltend hohen oder tiefen Temperaturen oder starken Temperaturschwankungen? Die In-situ-CT gewährt einen hochauflösenden Blick in das Innere der Batterie. Dies geschieht bei Temperaturen von –72 bis +180 °C.