Hannes «soundet» agil

Die Zeiten stehen auf digital und agil. Da muss Hannes durch, das Un-ternehmen will (zumindest in der deklarierten Aussensicht) den An-schluss nicht verlieren.

Hannes «soundet» agil

 

 

Hannes begleitet das agile Projekt
Zuerst wird die HR-Abteilung versuchsweise agil aufgestellt. Der Auftrag lautet wörtlich, dass sich die besagte HR-Abteilung als Pilot-projekt «agilisiert». Hannes wird dieses Projekt schliesslich auch in der Produktionsabteilung umsetzen und gehört damit zum SBC (Sounding Board Committee), das der pilotierenden Abteilung rück-melden muss, wie die Agilisierung wirkt. Obwohl die Vorgabe klar ist: Sie müssen es machen. Und der CEO hat auch schon gesagt, wie sie es tun müssen. Da gibt’s in der Tat wenig zu «sounden», aber Pro-zess ist Prozess. Man «soundet» einfach so lange, bis es dem Chef passt.

 

Nicht, dass sich Hannes unnütz vorkommt – immerhin hat er ei-ne politisch bestätigende Funktion inne. Im Versteckten aber schwappt die Sinnfrage doch ein wenig hoch. Dafür bleibt indessen jetzt keine Zeit. Es gilt, den Prozess zu starten.

 

«Wir sind ein tolles Team und bereits jetzt total agil.»

 

Die HR-Abteilung macht zum Auftakt einen Workshop. Unbe-strittene Tatsache ist, dass «agil» beweglich heisst. Unerklärlicherwei-se herrscht die Meinung auch vor, dass «agil» gleichzeitig auch «nicht-mehr-durchdenken-sondern-einfach-mal-machen» bedeutet.

So funktioniert «agil»
Alles ist perfekt verordnet. Diese Arbeitsweise ist übrigens auch die verinnerlichte Haltung der HR-Leitung. «Gib vor, was die Leute zu tun haben, damit sie wissen, was und wie sie es tun sollen.» Doch wie passt das zur neuen Agilität? Im internen Workshop wird darüber disku-tiert: Agil heisst jetzt, nicht mehr alles zu sagen, was man meint, es dann umsetzen zu lassen, um es dann am Schluss trotzdem zu sanktio­ nieren.

 

Wieder ein anderer meint, dass es gar nicht möglich sei, dass das HRM agil sein könne. «Ist ja eh alles vorgegeben.» Der Nächste wirft in die Runde: «Wir sind ein tolles Team und bereits jetzt total agil.» Die Stichworte landen im Boarding-Protokoll, das Hannes nun sounden muss.

 

Hannes überlegt, wie der Workshop und die Aussagen auf ihn wirken. Die Glaubwürdigkeitsfrage eines in sich nicht kongruenten Prozesses darf er nicht stellen. Er beschliesst also, sich auf die Rück-meldung «wirkt professionell und sprachlich absolut verständlich» zu beschränken. Gleichwohl liest Hannes Literatur zum Thema und be-ginnt sich die Frage zu stellen, ob wirklich alle alles verstanden haben.

 

Denn er selbst versteht die Welt nicht mehr. Er beginnt disruptiv zu denken, stellt den ganzen «jetzt-machen-wir-einfach-alles-agil-und-ändern-trotzdem-nichts» in Frage und ist froh, dass agil grund-sätzlich mit beweglich übersetzt wird. Ein agiles Zielbild heisst bei-spielsweise, dass man sich mal da und mal dort, oder vielleicht doch nicht einigt, welchen Nutzen der Kunde hat.

 

Irgendwie lässt ihn «agil» nicht mehr los. Er beginnt sich selbst zu sounden und verliert völlig den inneren Halt, was nun gilt. JETZT ist Hannes wohl selbst im agilen Zeitalter angekommen …

 

 

 

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