Geschäftsreisen in unsicheren Zeiten

Wie stufen spezialisierte Organisationen wie International SOS Krisen ein, um Geschäftsreisenden einen bestmöglichen Schutz zu bieten? Aurore Chatard, Security Director Switzerland bei International SOS und Control Risks, über Grenzen und Möglichkeiten in politisch turbulenten Zeiten.

Geschäftsreisen in unsicheren Zeiten

 

 

 

In Wahlkampagnen geht es immer wieder um Fragen zur Sicherheit, Gesundheit und Vorsorge. Umso bahnbrechender dürfte es aber sein, dass ein Thema, insbesondere reisenden Frauen Schutz zu bieten, seit den indischen Parlamentswahlen 2014 an Boden gewinnt. Hierbei geht es allerdings weit mehr als um vereitelbare Übergriffe und Delikte gegenüber Frauen, wenn sie von A nach B reisen wollen.

 

In welche Richtung eines der grössten Länder der Welt sich sicherheitspolitisch bewegen mag, ist noch offen. Die grössten Parteien Indiens diskutieren immerhin über die neue Sicherheits-dimension im Transport- und Reisewesen. Ein Sujet, welches hiesige Transportverantwortliche, abgesehen von Restrukturierungen und Personentransport-Richtlinien, sonst nur in kleineren Risk- Management-Kreisen diskutieren.

 

Bezüglich potenzieller Gefahren, die auf Reisen in «problematischeren » sowie in demokratischen Ländern entstehen, dürfte eines vor allem die Art Achillesferse der zivilen Gesellschaft bilden: reisende Geschäftsleute.

Fernreisen trotz Krisen

 

Selten bilden dunkelste Schauplätze und so etwas wie Hoffnungslosigkeit die eigentlichen Motoren für Reiseprojekte, sondern Projektionen und wirtschaftliche Bedürfnisse. «Durch Gespräche mit Kunden und Geschäftsreisenden erfahren wir, dass die Erschliessung neuer Märkte und neuer Geschäftsaktivitäten die Hauptgründe sind, zu reisen», gibt Aurore Chatard, Security Director bei International SOS und Control Risks, Einsicht in ihren nicht alltäglichen Job.

 

International SOS und Control Risks unterstützen Geschäftsreisende, die mit potenziellen Risiken auf Reisen konfrontiert werden können. Das international tätige Unternehmen (siehe Box) bietet Sicherheitsmassnahmen und Strategien, um möglichst je- de Geschäftschance wahrnehmen und realisieren zu können.

 

Wenn es aber in vielen europäischen Regionen schwer kriselt, das Verhältnis zwischen NATOStaaten, China, Russland trüber als auch schon scheint – wer reist denn da noch freiwillig durch nicht offiziell verwaltete Orte und Gebiete? Aurore Chatard, lange verantwortlich für den Bereich Reisesicherheit, beschäftigt sich mit aktuellen «politischen Nebeneffekten », die auch Geschäftsreisende tangieren könnten. Beispielsweise an Grenzdurchgängen:

 

«Geschäftsreisende, die sich an Grenzen und Verkehrsknotenpunkten befinden, sollten aktuell zurzeit mit Verspätungen und Wartezeiten rechnen», meint die Genferin. Sie spricht von Routen, über die Migranten versuchen, ihre Zufluchtsländer zu erreichen. Gleichwohl könne sich die aktuelle politische Situation sehr schnell ändern. International SOS informiert Kunden mit regelmässigen, zeitnahen Informationen, beispielsweise über E-Mail Alerts.

 

Von hilfreichen News mal abgesehen, gibt es immer noch Sicherheitslücken. Erfahrungsgemäss, so die Sicherheitsspezialistin, könnte man noch so viele Verkehrsknoten mit Überwachungssystemen ausstatten, es existieren trotzdem demographisch- bedingte Hindernisse, sogar «tote Winkel». Aurore Chatard empfiehlt deshalb, längere Reiseetappen mit Travel Managern zu organisieren: «Somit hätten Geschäftsleute die Möglichkeit, ihre Reisepläne entsprechend anzupassen.»

Professionelle «Schutzengel»

 

International SOS unterstützt viele unterschiedliche Unternehmen. Ihr Kundenkreis zieht diverse Ansprüche mit sich. Seien es Schweizer KMU, seien es Global Player aus der Pharma- oder Gasindustrie, aber auch NGOs oder Regierungsorganisationen – Unternehmensverantwortliche müssen auch Dienste im öffentlichen Raum leisten. Wie schützt International SOS jedoch zu exponierte Mitarbeitende, Personen wie beispielsweise CEOs, wenn es um Reisen in Kriegsgebiete geht?

 

Die erfahrene Security-Direktorin empfiehlt in solchen Fällen ein «Close Protection Team». Das sind vielseitige Personenschützer beziehungsweise international ausgebildete «Schutzengel», die entsprechende Mitarbeitende permanent begleiten, meint Aurore Chatard: «Wir sprechen hier von einem natürlichen Meet & Greet am Flughafen, allerdings stehen ein Bodyguard und ein geschulter Driver stets zur Stelle.»

 

Bezüglich Reisen in Krisengebiete bietet International SOS ein »Active Monitoring» an, «sodass das Sicherheitsteam jederzeit den Standort einer reisenden Person nachvollziehen kann. Die entsprechende Person erhält ausserdem ein spezielles Briefing, bei dem spezifische Prozesse definiert werden, die Risiken sowie Massnahmen bei der Reise diskutiert und abgestimmt werden», meint die ehemalige Marineoffizierin. Es sei ebenso wichtig, zu wissen,«was eine reisende Person exakt zu tun hat, wenn diese zum Beispiel vom Close Protection Team irgendwie getrennt sein sollte.»

 

Nichtsdestotrotz können im Reisealltag jederzeit kleinere oder grössere Risiken, wenn nicht Ausnahmesituationen, gegeben sein. Welcher Aufwand, welche entsprechenden Abläufe konkret hinter einem Rückführungsflug stecken können, offenbart die Security- Direktorin bezüglich «medizinisch begründeter Rücktransporte ». Aurore Chatard: «Eigentlich stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Sie sind jedoch immer ortsabhängig. In Osteuropa können bodengebundene Transporte die beste Wahl sein. In Afrika, Asien sowie in den USA empfiehlt es sich Linienflugzeuge und sogenannte Ambulanzflugzeuge zu kombinieren, um Schweizer Patienten und Patientinnen bestmöglich zu retournieren. Bereits an Bord von Linienflugzeugen kann eine medizinische Infrastruktur eingerichtet werden.

 

Eine intensivmedizinische Ausstattung hätten auch Ambulanzfahrzeuge an Bord, um tendenziell schwerer erkrankte Geschäftsreisende von A nach B zu bringen. International SOS hat ein weltweit agierendes Team von erfahrenen Ärztinnen und Ärzten, welche Patienten in schwierigen Lebensmomenten aktiv unterstützen.

Technische Helfershelfer

 

Nebst Flüchtlingsströmen vor Europas Toren bilden sich regionale Krisenherde. 2015 durchqueren angeblich wieder so viele Menschen wie einst im Zweiten Weltkrieg europäische Länder und Gewässer, um in einem Staat Asyl, vielleicht so etwas wie Freiheit, «riechen» zu können. – Welche konkreten Informationen dienen Geschäftsreisenden jedoch tatsächlich, um Risiken zu mitigieren? «Generell geht es bei Geschäftsleuten um Informationen über das jeweilige Partnerunternehmen, allerdings sollte man sich auch über die aktuelle Wirtschaftslage eines Landes erkundigen», meint Aurore Chatard. Es sei gewiss komplexer herauszufinden, was der einzelne «Risikostand» einer ausländischen Firma ausmacht. Aurore Chatard rät: «Persönliche Kontaktinformationen sind heutzutage wichtig.»

 

Wie informieren sich jedoch reisende Mitarbeitende über Konfliktzonen und Gefahren abseits von westlichen Daten-Highways? Die International-Security-Direktorin offenbart: «Sowohl professionelle wie auch einfache Kunden schätzen unseren Alert Service. Immer mehr werden jedoch auch Informationen über spezifische Social Media Accounts gesammelt und ausgewertet. Das ist okay, solange die Informationen verifizierbar sind.»

 

Der globalen Datenbeschleunigung zum Trotz empfiehlt die Sicherheitsverantwortliche, ein überschaubares, eigenes Netzwerk zu konsultieren. Das Netzwerk von International SOS wird von internen Analysten betrieben, die auch «entsprechende Informationen und Empfehlungen einschätzen können.» Die weltweit tätigen Spezialisten von International SOS kommunizieren nicht ganz in Echtzeit; jedoch innerhalb von 30 Minuten verschicken sie erste Informationen über entsprechende Krisen und Gefahren. Die Informationen sind dann jedoch verifiziert und mit Handlungsanweisungen versehen. Nichtsdestotrotz: Spätestens seit der Ernennung eines Kalifats durch die IS, die den Nordwesten des Irak und den Osten Syriens für sich ab dem 29. Juni 2014 militärisch dominieren, historische Gebiete zertrümmert und Menschen verschleppt werden, empfiehlt es sich speziell auch sich für Geschäftsreisen möglichst alle organisatorischen Prozesse in Krisengebiete zu berücksichtigen. Aurore Chatard abschliessend:

 

«Jedes Unternehmen sollte seine Mitarbeitenden schützen. Allerdings sollten auch finanzielle Risiken im Auge behalten werden. Durch spezielle Auslands-Policen könnte man nur schon die Kosten für einen eher astronomisch teuren Rückflug in die Schweiz vorab versichern.»

 

Konsequenterweise könnten damit Unternehmen auch im Ausland entstehende Wartungs- und Personalkosten kontrollieren. Allerdings existieren auch stets unvorhergesehene Risiken: Plötzliche Streiks können die einen, rebellische Entführungen die anderen, verheerenden finanziellen oder rufschädigenden Konsequenzen für Unternehmen mit sich bringen. Etwas, was International SOS auszeichnet, ist jedoch viel Routine und ein sicherheits- technischer «all-in-one» Service.

 

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