Gerüstet für die Topliga der Reproduktionsmedizin
Die Frauenklink des Universitätsspitals Basel (USB), als eine der fünf universitären Frauenkliniken in der Schweiz, ist eine Erfolgsgeschichte. Auf mehreren Gebieten der Frauenmedizin ist sie führend. Dementsprechend wächst die Nachfrage stetig. Aktuell hat die Frauenklinik circa 400 Mitarbeitende und jährlich über 60 000 ambulante Konsultationen, 2600 Geburten sowie mehr als 2000 operative Eingriffe.
Grössere Veränderungen im Spitalumfeld sind eine Herausforderung: Der bestehende Platz an der Frauenklinik des Universitätsspitals Basel reichte trotz Neubau am Klinikum I und dessen Bezug im Jahr 2003 sowie mehrfacher Optimierung nicht mehr aus. Der zentrale Standort im Hauptcampus ist sehr beliebt und kein Fachbereich will ihn verlassen. Dies war die Ausgangssituation für das Projekt, welches zu einer sehr erfolgreichen Auslagerung der menschlichen Reproduktionsmedizin und gynäkologischen Endokrinologie führte.
Externe Lösung musste her
Nach einer eingehenden Analyse der Frauenklinik mit ihren sechs Einheiten und vielen internen Gesprächen mit Chefärzten, Ärzten sowie Pflegenden bekundeten alle Fachbereiche zusätzliche Raumansprüche. Unter Berücksichtigung der Prozesse und der konkreten Bedürfnisse der betroffenen Leistungserbringer (Ärzte, Pflege, Labors, Administration, technisches und Infrastrukturpersonal), der Forschung und anderer Beteiligten sowie örtlich angrenzenden Einheiten des USB (Urologie, Medizin usw.) wurde klar, dass die Lösung für das Raumproblem extern gefunden werden musste.
Reproduktionsmedizin ausgegliedert
Grundsätzlich war zu diesem Zeitpunkt keine der Einheiten interessiert, den guten Standort zu verlassen. Eine interne Abklärung bezüglich interner Vernetzung, zur Marktentwicklung und Konkurrenzsituation in der Schweiz brachte einen Favoriten: die Reproduktionsmedizin. Diese Einheit verzeichnete in den letzten Jahren einen überproportionalen Patientenzuwachs und hatte bereits extreme Platzprobleme. Parallel dazu wurde in der Schweiz auf diesem Gebiet im Herbst 2017 der gesetzliche Rahmen der zulässigen Behandlungen zum Wohle der Patienten erweitert. Durch diese neuen Möglichkeiten und den gesellschaftlichen Wandel rechnet man für die kommenden Jahre mit zweistelligen Wachstumsraten. All dies war ein gutes Indiz für die Auswahl dieses Bereichs. Eine spezielle Randbedingung in der Reproduktionsmedizin hat diesen Entscheid massgeblich unterstützt: Durch das gesellschaftliche Stigma des «nicht natürlichen» Kinderkriegens und die damit geforderte Diskretion der eigentlich «gesunden » Patienten ist eine Trennung von anderen Einheiten wie z.B. Geburtshilfe und Schwangerschaftsmedizin vorteilhaft. Deshalb wurde die Flucht nach vorne beschlossen: die räumliche Ausgliederung der Reproduktionsmedizin, neu als eigenständige Klinik. Mit dem Auszug der Reproduktion wurden auf dem Hauptcampus Räumlichkeiten frei, die jetzt von den übrigen Einheiten der Frauenklinik genutzt werden.
Herausfordernde Konsensfindung
Nach einer erfolgreichen Standortsuche an der Vogesenstrasse – knapp 1 km vom Hauptcampus entfernt – startete die konkrete betriebliche Planung. Der gefundene Standort musste komplett umgebaut werden, um den Anforderungen einer modernen und führenden Klinik zu genügen. Die Konsensfindung zwischen bereichsinternen und -externen Spezialisten war dabei eine grosse Herausforderung. Die Sichtweisen inkl. Bedürfnisse und Prioritäten sowie auch die Sprache zwischen Spitalleitung, Ärzten, Laboren, Pflege, Psychologie, Administration, technischem Personal, Behörden und Architekten/ Fachplanern variieren immens. Die Konsensfindung und Konsolidierung in einem betriebswirtschaftlich geeigneten Layout und für eine zukunftsfähige betriebliche Organisation mit entsprechenden Prozessen war unsere zentrale Aufgabe. Es galt, alle Prozesse auf den Patientenfluss zu optimieren, wo immer möglich zu standardisieren und dabei die Patientensicherheit zu berücksichtigen. Durch die neuen Prozessdefinitionen wurden auch wichtige Schritte zur zukünftigen Automatisierung gelegt, wie z.B. der Einsatz von RFIDTags.
Der erfolgreich beschrittene und herausfordernde Weg bedurfte mehrfach einer vertieften Bedürfnisklärung, einer Planung in Varianten und sehr vielen Einzel- sowie Teambesprechungen. Dank dem gemeinsamen Ziel, dem grossen Engagement und der Kompromissbereitschaft aller Beteiligten, dem begrenzten, aber realistischen Investitionsbudget und der von den Benutzergruppen investierten Zeit konnte eine sehr gute Lösung gefunden werden. Die Lösung enthält sehr viele innovative und zukunftsgerichteten Ideen aller Beteiligten.
Einsatz von etablierten Tools
Im Rahmen des Projektes wurden durch das Projektteam diverse etablierte unterstützende Methoden und Tools eingesetzt: Wallchart- Techniken, strukturierte Fragebögen, Lean- Management-Erklärungsmodelle, Projektmanagement und Systems-Engineering-Methoden nach BWI/ETH Zürich. Daneben wurden auch einige durch die Dr. Acél & Partner AG eigenentwickelten Methoden und Tools eingesetzt: eigenes Kennzahlensystem als Benchmark für Flächenanteile (LayAn/LayPlan), ProMap für Prozessanalyse und -design sowie unternehmenseigene Checklisten. Durch den Standort ausserhalb des USBHauptcampus mussten auch viele logistische Herausforderungen gelöst werden, z.B. der Transport von Proben in die zentrale Labormedizin und in die Pathologie am USB, Versorgung mit Wäsche, Verbrauchsmaterialien und Medien (Gase, Laborchemie), die gesamte Entsorgung, der Reinigungsdienst sowie die technische Wartung von Geräten inkl. die Abdeckung von Notfällen bei Störungen. Entstanden ist eine neue, voll funktionsfähige externe Einheit, die gut mit den zentralen USB-Einheiten wie Sterilisation, Zentrallager usw. verbunden ist. All diese Herausforderungen wurden erfolgreich und zeitgerecht zur Eröffnung und Inbetriebnahme der neuen Reproduktionsklinik gelöst.
Eine der modernsten Reproduktionskliniken Europas
Die (Um-)Bauarbeiten für das neue Zentrum kosteten rund 10 Millionen Franken und dauerten 15 Monate. Die neuen Räumlichkeiten mit 1600 m2 sind modern und einladend gestaltet. Besonders zu erwähnen sind die zwei, mehrfach zertifizierten, speziellen Hightechlabore, welche viele neue und zukünftige Untersuchungen und Behandlungsmethoden erlauben. Der Standort ist gut mit dem ÖV erreichbar und bietet Veloabstellplätze und gratis Parkplätze für Patientinnen und Patienten in der Tiefgarage des Gebäudes. Von da erreicht man den Empfang der Reproduktionsklinik direkt mit einem eigenen Lift.
Als Ergebnis entstand eine der modernsten Reproduktionskliniken in Europa mit viel Potenzial für die Zukunft. Die Klinik ist termingerecht seit dem 1. Januar 2018 voll operativ. Am neuen Standort stellt die Klinik ein umfassendes, multidisziplinäres Angebot für Frauen und Männer bereit. Nach 15 Monaten Vollbetrieb zeigt sich, dass besonders der Zugang über die Tiefgarage von den Patienten als diskreter Eingang sehr geschätzt und genutzt wird. Das Ambiente der neuen Klinik ist modern, freundlich und hell. Es gefällt allen sehr und die Mitarbeitenden sind gerne am neuen Ort.
Hier wurde eine zukunftsweisende Reproduktionsklinik gebaut, um exzellenten Ärzten und Fachkräften eine ideale Basis mit hochprofessioneller Infrastruktur und optimalen Abläufen zu bieten, die ihresgleichen sucht. Es war eine Freude, massgeblich an der Planung dieser USB-Reproduktionsklinik mitzuwirken.