«Exzellente Resultate sind nur mit exzellentem Personal möglich»
Die einmal mehr ausgezeichneten Bewerbungsdossiers der Finalisten machten es der Jury nicht einfach. Trotzdem ortet Jury-Präsident Wolfgang Martz bei allen Preisträgern noch weiteres Verbesserungspotenzial
Insgesamt gingen für die Verleihung des diesjährigen ESPRIX Swiss Award for Excellence sechs Bewerbungsdossiers ein. Fünf davon schafften es in den Final, zwei mehr als im Vorjahr. Die Talsohle, die man in den Jahren 2012 und 2013, als es keinen Award-Gewinner gab, erreicht hatte, scheint nun endgültig durchschritten.
Herr Martz, dieses Jahr gab es wieder fünf Finalisten. Inwiefern deuten Sie dies als ein Zeichen für das gewachsene Interesse an EFQM?
Wolfgang Martz: Ich führe diese Entwicklung vor allem darauf zurück, dass die Stiftung ESPRIX mit ihrer Geschäftsleitung viel unternommen hat, um das EFQM-Stufenmodell bekannter zu machen. Viel Networking und viele Veranstaltungen wurden durchgeführt mit dem Resultat, dass jährlich um die 50 Unternehmungen auf allen Stufen ausgezeichnet werden. Damit kommen immer mehr Kandidaten in die Pipeline, um sich später auf der obersten Stufe für den Award zu bewerben.
Unter den diesjährigen Finalisten stammen drei aus dem Bildungssektor. Überrascht Sie das? Ich interpretiere dies so: In vielen Schulen wird das EFQM-Modell häufig benutzt, um Verbesserungspotenzial festzustellen. Immer mehr von ihnen fragen sich deshalb: Weshalb benützen wir dieses Modell nicht mal für eine externe Beurteilung? Es ist natürlich sehr erfreulich, wenn Schulen sich validieren lassen. Dies erzeugt einen grossen Multiplikator-Effekt.
Wo sehen Sie die Gründe, dass in den letzten Jahren kaum mehr ein klassisches Industrieunternehmen im Final stand?
In der Tat waren in den Anfangszeiten des Awards noch viele Unternehmen des zweiten Wirtschaftssektors unter den Preisträgern. Dass es heute mehr Dienstleistungsunternehmen sind, sehe ich als ein Zeichen der Zeit. Einerseits wächst dieser Sektor stark und anderseits macht die Industrie seit 2008/2009 eine schwierige Phase durch. Dennoch beschäftigen sich viele Industrieunternehmen stark mit dem EFQM-Modell. Doch in letzter Zeit standen wahrscheinlich andere Prioritäten im Vordergrund als die Bewerbung für einen Award.
Zumal eine solche Bewerbung einen erheblichen Mehraufwand zum Tagesgeschäft bedeutet. Wie lässt sich dieser Aufwand in etwa beziffern?
Ich kann da aus meiner eigenen Erfahrung als Preisträger von 2002 mit der Groupe Minoteries SA sprechen: Es sind ungefähr 1 bis 2 Mannjahre Mehraufwand. Doch der Payback zeigt sich schon nach sechs Monaten. Viel Zeit benötigt man in der Regel mit der Aufarbeitung und Analyse der Vergangenheit, bevor man sich mit der eigentlichen Zukunft der Organisation befassen kann. Doch erst so trimmt man sie eben fit und ist langfristig für die Zukunft gerüstet.
Und zeigt sich das Unternehmen entsprechend besser gerüstet, um auch mal schwierige Zeiten gut zu überstehen?
Ja, absolut.
Zurück zu den diesjährigen Finalisten: Was war bei ihrer Validierung anders als in den Vorjahren? Gab es etwas, was besonders hervorstach?
Eigentlich nicht. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Stärken und Besonderheiten. Erwähnenswert wäre hier einzig, dass mit BMW (Schweiz) AG erstmals seit Langem ein klassischer Distributor im Final gestanden ist.
Sie haben vor zwei Jahren über die damaligen Finalisten gesagt, der Einbezug der Mitarbeitenden sei besonders hoch. Das heisst: Unternehmen, welche sich zu Business Excellence bekennen, sind «bessere» Arbeitgeber?
Was heisst schon «besser»? Zu bejahen ist einzig, dass exzellente Unternehmen sich immer wieder neu infrage stellen. Was lässt sich weiter verbessern? Wohin wollen wir uns entwickeln? Vieles bleibt so in Bewegung. Dies sorgt bei jenen Mitarbeitenden, welche einfach nur ihren Job machen wollen, manchmal für Mühe. Andere aber, welche dynamisch vorwärtsgehen wollen, haben damit kein Problem – und sie werden dafür dann auch belohnt. Die Folge ist, dass ein dynamisches Unternehmen auch dynamische Leute einstellt, während andere es verlassen.
Apropos «dynamisch»: Die ISO-Norm 9001 wurde eben überarbeitet und hat sich in einigen Aspekten dem EFQMModell angenähert. Was bedeutet dies allenfalls für die Zukunft des ESPRIX Swiss Award for Excellence?
Es ist natürlich sehr erfreulich, dass sich ISO 9001 und EFQM angenähert haben. Dies zeigt, dass das EFQM-Modell inzwischen breit anerkannt ist. Ich denke, dies wird dazu führen, dass ISO-zertifizierte Unternehmen sich verstärkt über das EFQM-Modell verbessern wollen und damit für eine noch grössere Pipeline auf den verschiedenen Stufen sorgen werden. Auf der anderen Seite kann es auch passieren, dass Organisationen eher der Meinung sind, ISO 9001:2015 genüge für ihre Zwecke.
Abschliessend: Was können Sie den Finalisten als Tipp für ihre weiteren Zielsetzungen/Meilensteine auf den Weg geben?
Das grösste Verbesserungspotenzial sehe ich bei der Einführung der RADAR-Logik für die Umsetzung der Strategie und Entwicklung der Organisation. Auch das Messen der KPI (Leistungskennzahlen), diese zu vergleichen und Schlussfolgerungen zu ziehen, erfolgt nicht bei allen Unternehmen gleich gut. Man kann sich nicht einfach nur mit den Nachbarn vergleichen, sondern sollte sich eben an den «Best in Class» messen. Es gilt umso mehr, die Ambitionen stetig hochzuhalten, um sich weiter zu verbessern. Kurz: Das Identifizieren von Potenzial gelingt sehr gut, dieses zu messen und zu vergleichen ist dann häufig eine andere Frage.
Weil es halt sehr anspruchsvoll ist?
Ja, das ist sicher so. Kandidaten, die vor ein paar Jahren noch einen Preis gewonnen haben, kämen heute wohl nicht mehr alle in einen Final. Aus meiner langen Erfahrung kann ich sagen: Exzellente Resultate sind nur mit exzellentem Personal möglich. Diese Menschen dienen als Vorbilder und bewirken bessere Resultate