Experten erwarten schnelle Erholung des Healthcare-Sektors

Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte hat gezeigt, dass sich der Healthcare-Sektor in Phasen mit starken Korrekturen an den Börsen besser entwickelt und schneller erholt hat. Diese Kurserholung setze bei Medizintechnikfirmen und Gesundheitsdienstleistern dann ein, wenn sich nach einer ersten Schockphase die fundamentale Verfassung der Firmen einschätzen lasse, erläutert Stefan Blum, Lead Portfolio Manager des BB Adamant Medtech & Services.

Schweizer Analysten unsterstreichen: Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte hat gezeigt, dass sich der Gesundheitssektor in Phasen mit starken Korrekturen an den Börsen besser entwickelt und schneller erholt hat. (Bild: Unsplash)

Die Nachfrage im Healthcare-Sektor sei wenig abhängig von konjunkturellen Einflüssen. Geringere Einbussen bei der Ertragskraft, solide Bilanzen mit geringer Verschuldung und ein hoher Cashflow: solche wirtschaftlichen Bedingungen trotzen der aktuellen Corona-Krise . Wachstumsmärkte wie digitale Gesundheit, die zu 30 Prozent des Portfolios abbilden, sind kaum von konjunkturellen Zyklen beeinflusst – heisst es in einer Mitteilung der Bellevue Asset Management AG.

Viele dieser Portfoliounternehmen erwirtschaften abonnementbasierte Erträge und einige profitieren sogar von der Coronakrise, schreibt Stefan Blum. Der Portfolio Experte weist zum Beispiel auf die Telemedizinanbieter Teladoc, Ping An Healthcare Technology und One Medical (1Life Healthcare) und auf die Möglichkeiten hin, Patienten virtuell behandeln zu können.

Für Christian Lach, Lead Portfolio Manager der BB Adamant Biotech Fonds, rückt die Coronakrise wieder stärker die Entwickler von antiviralen Therapien in den Blickpunkt der Investoren.

Engpässe in der Lieferketten

Demnach sollten besonders Innovatoren profitieren können. Allerdings könnten sich unter den Medikamentenfirmen anhaltende Verzögerungen in der Lieferkette negativ auf diejenigen auswirken, die ihre Wirkstoffe in China und Indien produzieren lassen. Davon seien in erster Linie westliche Spezialpharmaunternehmen betroffen, vor allem wenn sie aktuell auf Refinanzierungen angewiesen sind.

China bereits wieder gut aufgestellt

Ganz anders zeigt sich das Bild in Asien, wo der Höhepunkt der Pandemie überschritten scheint. Dort produzieren die Gesundheitsfirmen vor Ort und haben zudem Erfahrung in der Bewältigung von Epidemien, meint Oliver Kubli, Schwellenländerexperte des Healthcareteams und Portfoliomanager des BB Adamant Healthcare Asia Pacific:

«Gerade durch die Erfahrungen mit der Sars-Krise, etwa beim Anlegen von Notfallprotokollen, waren diese Länder besser auf eine Corona-Pandemie vorbereitet.» Die Produktionsanlagen in China, wo viele Zwischenstoffe für Arzneien produziert werden, waren Kubli zufolge bereits Ende Februar wieder 80 bis 90 Prozent ausgelastet. Zugleich, so ist Kubli überzeugt, habe die Coronakrise die politische Führung in Peking darin bestärkt, in der Gesundheitsversorgung den «Made in China»-Ansatz zu priorisieren.

Die eigene Forschung und Entwicklung, vor allem in der Biotechindustrie und bei Technologieplattformen, soll weitgehend unabhängig von ausländischem Knowhow forciert werden. Die langfristigen, strukturellen Trends, wie z.B. die Modernisierung des chinesischen Gesundheitswesens, sind vollständig intakt. Die grössten Profiteure dieser Krise sind Internet Healthcare Firmen wie Alibaba Healthcare und Ping An Healthcare, die in den letzten zehn Jahren erfolgreich ganze Gesundheits- 2 Ökosysteme aufgebaut haben.

Neue regulatorische Massnahmen ermöglichen mittlerweile Rezepte online für Medikamente auszustellen und diese auch online zu versenden. Der BB Adamant Asia Pacific Healthcare Fonds hat zum Beispiel die Krise bislang relativ gut überstanden. In seinem eigenen Fondsportfolio hat Kubli zuletzt zum einen mit japanischen Pharmafirmen defensive Positionen aufgebaut. Zum anderen legt er den Fokus auf Firmen, die in der Bekämpfung von Virusinfektionen zuletzt erhebliche Fortschritte erzielt haben.

Das Fondsportfolio von Christian Lach enthält aktuell zu 28.5 Prozent Firmen, die in irgendeiner Form mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie in Verbindung stehen. Grösstenteils handelt es sich dabei um Medikamentenentwickler, aber auch Diagnostikspezialisten und Dienstleister für klinische Studien sind darin enthalten. Im Einzelnen sind es acht Unternehmen, von denen die Biotechschwergewichte Gilead Sciences und Regeneron die grössten Positionen bilden.

12 bis 18 Monate bis zur Zulassung möglich

Nach Einschätzung von Lach hat der Wirkstoff Remdesivir von Gilead die besten Aussichten, als erstes Medikament gegen das Coronavirus die Zulassung zu erhalten. Ähnlich wie das Grippemittel Tamiflu ist Remdesivir ein Virostatikum, welches die Vermehrung der Viren blockiert. Auch Tamiflu wurde von Gilead entwickelt, wird aber von Roche vermarktet und bringt bei Grippewellen jährliche Milliardenumsätze ein. Wissenschaftlich ausgedrückt handelt es sich bei der Substanz Remdesivir um einen RNA-Polymerase-Inhibitor.

Daneben werden auch ProteaseInhibitoren, die bei der Behandlung von HIV oder Hepatitis zum Einsatz kommen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. In dieser Klasse wird der bereits als Aidsmedikament zugelassene Wirkstoff Kaletra, eine Kombination von Lopanivir/Ritonavir, des Biopharmakonzerns Abbvie gegen Covid-19 getestet. Die Biotechfirma Alnylam verfolgt mit der RNA-Interferenz einen Ansatz auf genetischer Ebene, in Kooperation der Antikörperfirma Vir Biotech. Positive Szenarien gehen davon aus, dass Remdesivir im Herbst die Zulassung erhalten könnte.

Grosse Hoffnungen ruhen auch auf Wirkstoffen, welche die überschiessende Immunreaktion des Körpers kontrollieren könnten, die bei schweren Verläufen auftritt. Dazu gehören Regenerons Antikörper Sarilumab oder Chugais Tocilizumab. Mit diesen hofft man die Schädigung der Lungen zu verhindern, um die Heilungschancen zu verbessern. Einen Schritt früher, und zwar bei der Verhinderung einer Infektion über die Atemwege, setzen Impfstoffe an.

Mit ihnen will man über eine aktive Immunisierung den Körper dauerhaft schützen, indem der Körper lernt, selbst Abwehrstoffe zu produzieren oder einen zeitlich befristeten Schutz erreichen, eine sogenannte passive Immunisierung. Die verschiedenen Ansätze reichen von Antikörpern und Immunglobulinen für eine passive Immunisierung, über RNA-Vakzine und klassische Impfstoffe für einen aktiven Schutz. Ihnen gemein ist, dass die klinischen Studien eben erst begonnen haben oder in Kürze starten werden.

Bis zu einer Zulassung dürften mindestens noch 12 bis 18 Monate vergehen. Zu den Vorreitern zählen hier Moderna Therapeutics, Regeneron und Wuxi Biologics. In Anbetracht der anhaltenden Volatilität an den Märkten bieten Anlagevehikel wie die Fondsprodukte von BB Adamant das beste Risiko-Rendite-Profil zum Einstieg. Die aktuelle Sektorbewertung befindet sich vor allem im Biotechsektor und bei Schwellenländeraktien auf historisch niedrigen Niveaus.

 

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