Erfolgsfaktoren einer zukunftsfähigen Ausbildung

Die betriebliche Ausbildung leistet einen wichtigen Beitrag zum Bewältigen der Herausforderungen durch den demografischen Wandel und die veränderten Arbeitsanforderungen – sofern sie wie bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall nachhaltig konzipiert ist und das Konzept strukturiert umgesetzt wird.

Erfolgsfaktoren einer zukunftsfähigen Ausbildung

 

 

Unternehmen abseits der Metropolenregionen müssen besonders um die Sicherung ihres Nachwuchses und die Gewinnung neuer Mitarbeiter kämpfen. Denn die sinkende Anzahl qualifizierter Schulabgänger zieht es stärker in städtische Zentren als in ländlich geprägte Regionen.

 

Die Bausparkasse Schwäbisch Hall ist mit rund 3500 Mitarbeitern einer der grössten Arbeitgeber im Nordosten Baden-Württembergs. Sie begann schon vor zehn Jahren, die demografische Entwicklung aktiv zu «managen», um sich für die Zukunft zu wappnen und ihre Personalarbeit «demografiefest» zu machen. Die Personalarbeit berücksichtigt heute alle Phasen des Erwerbslebens vom Ausbildungsstart bis zum Eintritt in den Ruhestand.

Mehr Eigenverantwortung und Individualität

 

In den letzten Jahren hat Schwäbisch Hall das Ausbildungskonzept entscheidend weiterentwickelt, denn durch G8, Gesamtschulen und Bologna-Prozess divergieren die Kompetenzprofile der (Hoch-) Schulabgänger heute stärker als früher, ebenso die Lerntypen und Lerngeschwindigkeiten. Steigende Anforderungen der Arbeitswelt stehen nicht selten einer mangelnden Ausbildungsreife gegenüber. Die immer kürzere Halbwertszeit des Wissens und hohe Veränderungsgeschwindigkeiten fordern die Berufseinsteiger stärker als früher. Ein Ausbildungskonzept, das darauf abzielt, die jungen Frauen und Männer optimal auf das Berufsleben vorzubereiten, muss sich heute stärker als vor zehn Jahren am Einzelnen orientieren. Ausserdem sollte es die Fähigkeit zu eigenverantwortlicherem Handeln, zur Reflektion des eigenen Verhaltens sowie zur Selbststeuerung bereits in der Ausbildung vermitteln. Das weiterentwickelte Ausbildungskonzept wurde in mehreren Stufen in den vergangenen Jahren bei Schwäbisch Hall umgesetzt. Die Ausbildung orientiert sich konsequent an der Frage, welche Kompetenzen einen erfolgreichen Berufseinstig bei Schwäbisch Hall ermöglichen. Dies ist in einem Kompetenzprofil mit neun fachlichen, methodischen, sozialen und persönlichen Kompetenzen zusammengefasst. Dazu zählen etwa «Lern-» sowie «Reflexionsfähigkeit und -bereitschaft » im Bereich «Persönliche Kompetenz» und «Selbstständiges Arbeiten» sowie «Ziel- und Ergebnisorientierung » im Bereich «Methodische Kompetenz». Das neue Lernkonzept stellt also in den einzelnen Ausbildungsabschnitten neben den Fachinhalten konkrete Lernziele etwa in Verhaltensthemen (zum Beispiel Gesprächsverhalten am Telefon, Umgang mit Kollegen im Arbeitsteam oder eigenständige Problemlösung) in den Fokus.

Der Ausbilder 2.0: Mehr Coach als Lehrer

 

In einem ersten, dreimonatigen Ausbildungsblock lernen die angehenden Bankkaufleute das erforderliche Basisfachwissen zum Bank- und Bausparwesen. Und schon hier schärfen sie den Blick auf ihre eigenen Kompetenzen und üben sich in der selbstgesteuerten Umsetzung erkannter Lernbedarfe. Während der sich anschliessenden sechs drei- bis sechsmonatige Ausbildungsabschnitte in den Fachabteilungen sollen sie sich die für diese Phase definierten Lernziele weitgehend selbstständig aneignen. Dabei unterstützen sie fünf hauptamtliche Ausbilder im Bankinnendienst und 80 Fachbereichsausbilder als «Lernprozessbegleiter». Deren Rolle und ihr Selbstverständnis haben sich im neuen Konzept entscheidend verändert: Beobachten und Feedback ersetzen Bewerten und Benoten. Die Ausbilder sind eher Coach denn Lehrer. Sie wurden dafür gezielt geschult und trainiert.

Viel Freiraum innerhalb klarer Strukturen

 

Das neue Konzept basiert auf Eigenständigkeit und Eigenverant- wortlichkeit der Auszubildenden. Damit das zum Erfolg führt, braucht es Leitplanken. So hat jeder Ausbildungsabschnitt die gleiche Struktur: In einem Einführungsgespräch analysieren Ausbilder und Auszubildender gemeinsam den Status Quo und legen im Rahmen einer Lernvereinbarung den konkreten Lern- und Entwicklungsbedarf fest. Formulare helfen, die nötige Prozessdisziplin zu wahren. Das Lernen erfolgt mithilfe von Wochenaufgaben, die fast immer reale Geschäftsprozesse bei Schwäbisch Hall abbilden und den Azubis helfen, Schritt für Schritt die Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, die sie im betreffenden Ausbildungsabschnitt entwickeln sollen. Die Lernaufgaben mit Formaten wie «Gruppenpuzzles» und «Hausbegehungen » sind methodisch vielfältig und auf den Bedarf der «Generation Y» und «Z» zugeschnitten. In einem Kompetenztagebuch, das sie während der gesamten Ausbildung begleitet, notieren die Auszubildenden Erfolge und Misserfolge, Fortschritte und Handlungsfelder auf dem Weg zur Erreichung der Lernziele und dokumentieren dabei ihren Kompetenzzuwachs.

Lernprozess beobachten und moderieren

 

In seiner definierten Rolle steht der Ausbilder den jungen Mitarbeitern als Ansprechpartner sowie Ratund Impulsgeber zur Seite, wobei es der Initiative der Auszubildenden überlassen bleibt, ihn bei Bedarf um Unterstützung zu bitten. Primär beobachtet der Ausbilder den Prozess, er greift nur bei Bedarf moderierend ein. Die Intensität der Lernprozessbegleitung ist daher individuell sehr unterschiedlich. Zwischengespräche für Feedback und Reflektion läuten eine neue Lernvereinbarung für die zweite Hälfte des Ausbildungsabschnitts ein.

 

Nach diesem Grundkonzept der Kompetenzentwicklung und -feststellung mit den zentralen Elementen der Selbstreflektion und -steuerung verläuft die gesamte Ausbildung. So sollen die Nachwuchskräfte künftig selbst erkennen, wann sie etwa aufgrund veränderter Kundenanforderungen oder Marktbedingungen neue Lösungswege gehen müssen. Ausserdem sollen sie sich selbstständig die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse aneignen.

Erfolgsfaktoren

 

Aus dem dargestellten Lernprozess ergeben sich wesentliche Erfolgsfaktoren für ein zukunftweisendes Ausbildungskonzept:

 

1. kompetenzbasierte Lernprozesse mit hohem Selbststeuerungsgrad,

 

2. eine individuelle Begleitung durch Feedback, Fördern und Fordern und

 

3. neben- und hauptamtliche Ausbilder, die diese individuelle Begleitung auch umsetzen können und wollen.

 

Um auch weiterhin die richtigen Nachwuchskräfte für Schwäbisch Hall zu finden und zu binden, ist ein zielgerichtetes Ausbildungsmarketing wichtig, das eine frühe Ansprache der Nachwuchskräfte ermöglicht. Und damit die Auszubildenden Schwäbisch Hall von Anfang an als berufliche Heimat empfinden, sollten sie sich schon während ihrer Ausbildungszeit als vollwertige Mitarbeiter fühlen – das setzt voraus, dass der Beitrag der Ausbildung für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens auch im Unternehmen akzeptiert und geschätzt ist. Ausserdem ist es wichtig, den angehenden Bankkaufleuten eine attraktive Perspektive nach der Ausbildung aufzeigen zu können.

Erfahrungen und Fazit

 

Die Einführung des auf Selbstreflektion und -steuerung basierenden neuen Ausbildungskonzepts ist aufwendig und braucht Sponsoren. Die Ausbilder sind dabei die entscheidenden Katalysatoren. Ihr Rollentausch vom «Unterweiser» zum «Lernprozessbegleiter» benötigt Zeit und Training. Die frühzeitige Einbindung der Fachbereiche und des Betriebsrats stellt die nötige Akzeptanz im Unternehmen sicher. Auch die Kultur spielt eine Rolle: Fehler müssen erlaubt sein und als Lernchance gesehen werden.

 

Für die Generationen Y und Z, die in einem Umfeld von Internet und mobiler Kommunikation aufgewachsen sind und beim Lernen einen abwechslungsreichen und praxisnahen Mix an Formaten erwarten, ist Schwäbisch Hall mit diesem Ausbildungskonzept bestens aufgestellt. Das ist wichtig. Denn perspektivisch werden diese Menschen die Unternehmenskultur prägen und damit nicht nur die Art des Lernens, sondern auch des Arbeitens bei Schwäbisch Hall verändern.

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