Erfolgreich starten

In den ersten Wochen und Monaten nach der Übernahme einer Führungsposition legen Führungskräfte die Basis für ihren künftigen Erfolg. Hier einige Tipps, die (nicht nur) frischgebackene Führungskräfte bei der Übernahme einer neuen Abteilung oder eines neuen Bereichs beherzigen sollten.

Erfolgreich starten

 

 

 

 

Ein 33-jähriger Ingenieur wird zum Leiter der Konstruktionsabteilung ernannt. Voller Elan geht er ans Werk. Flugs gestaltet er in den ersten Tagen zentrale Arbeitsabläufe in der Abteilung um. Zudem streicht er die gewohnten Besprechungen am Wochenanfang, die er als Zeitverschwendung empfindet. Danach beschäftigt er sich wochenlang vor allem mit dem Austüfteln eines neuen Projektmanagementsystems. Mit ihm möchte er Pluspunkte bei der Firmenleitung sammeln.

 

Wenn der erste Elan erlahmt

 

Anfangs lassen sich die Mitarbeiter vom Elan ihres neuen Vorgesetzten inspirieren. Hoch motiviert arbeiten sie in den ersten drei, vier Wochen. Denn bei einem Führungswechsel werden auch die Karten teilweise neu gemischt. Folglich möchte jeder beim neuen «Chef» punkten. Doch dann fällt ihre Leistung spürbar ab. Warum?

Die Mitarbeiter als Mitstreiter gewinnen

 

Ein zentrales Versäumnis des neuen Leiters der Konstruktionsabteilung war: Er holte seine Mitarbeiter nicht «ins Boot». Er informierte sie weder über seine Arbeit, noch nutzt er ihre Erfahrung. Deshalb fragten sich seine Mitarbeiter irgendwann: Womit beschäftigt der sich eigentlich den ganzen Tag? Der neue Leiter der Konstruktionsabteilung vermittelte seinen Mitarbeitern auch keine Vision, wie sich die Zusammenarbeit künftig gestalten soll. Er verständigte sich mit ihnen auch nicht auf Ziele, die es bei der gemeinsamen Arbeit zu erreichen galt. Also legten sich die Mitarbeiter zwar anfangs ins Zeug, um dem Neuen zu signalisieren: Ich bin ein guter Mann beziehungsweise eine gute Frau. Doch dann registrierten sie: Unser neuer Chef interessiert sich kaum für uns und unsere Arbeit; er ist weitgehend mit sich selbst beschäftigt. Also schalten sie ein, zwei Gänge runter. Das heisst: Ihr anfänglicher Elan erlahmte – auch weil ihnen die nötige Orientierung im Arbeitsalltag fehlte.

 

Wie können junge Führungskräfte solche Prozesse vermeiden? Eine Führungskraft sollte in der Startphase, bevor sie Dinge umkrempelt, in Gesprächen mit ihren Mitarbeitern zunächst ermitteln:

 

  • Wie war die Arbeit in dem Bereich bisher strukturiert und organisiert?
  • Von welchen Maximen liessen sich die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit leiten? Und:
  • Welche Wünsche und Vorstellungen haben diese bezüglich der künftigen Zusammenarbeit?

 

Danach sollte sie ihren Mitarbeitern vermitteln,

 

  • inwieweit ihre Erwartungen realistisch sind,
  • welche (übergeordneten) Ziele es bei der Zusammenarbeit zu erreichen gilt und
  • welche Rolle sie selbst beim Erreichen der gemeinsamen Ziele spielen.

 

Die Führungskraft sollte zudem mit jedem Mitarbeiter im Vier-Augen- Gespräch klären: Wo stehen Sie? Wo wollen Sie hin? Und: Was brauchen Sie, um diese Ziele zu erreichen? Erst wenn sie diese Info hat, sollte sie Abläufe und Zuständigkeiten neu definieren – und zwar so, dass ihre Mitarbeiter zielgerichtet arbeiten und ihren Beitrag zum Erreichen der übergeordneten Ziele leisten können. Dabei sollten sich Führungskräfte stets vor Augen führen: Ihre Leistung wird letztlich an der Leistung ihres Teams gemessen. Folglich sind ihr beruflicher Erfolg und ihr berufliches Fortkommen, so paradox dies klingt, weitgehend abhängig von den Personen, die ihnen untergeben sind. Das ist vielen jungen Führungskräften nicht ausreichend bewusst.

Auf Führungsaufgaben konzentrieren

 

Der neue Leiter der Konstruktionsabteilung beging noch einen Fehler: Er verwendete (oder verschwendete) die meiste Energie für Fachaufgaben. Solche Aufgaben sollten Führungskräfte nur erledigen, wenn dies ausser ihnen niemand tun kann. Sonst fehlt ihnen die erforderliche Zeit für ihre Führungs- und Steue

 

Zu viel Zeit für Fachaufgaben

 

rungsaufgaben. Hierzu zählen unter anderem alle Gespräche, die sie als Führungskraft mit ihren Mitarbeitern führen müssen, damit diese ihren Beitrag zum Erreichen der Bereichs-/ Unternehmensziele leisten (können). Die hierfür benötigte Zeit wird von Führungskräften oft unterschätzt.

 

Bei vielen Führungskräften entspricht die Zeit, die sie für Fach-, Steuerungs- und Führungsaufgaben verwenden, nicht deren Bedeutung für ihren Erfolg als Führungskraft. Arbeitsanalysen zeigen: Die meisten Führungskräfte verbringen 80 Prozent ihrer Zeit mit Fachaufgaben; nur zu jeweils 10 Prozent sind sie mit Steuerungs- und Führungsaufgaben beschäftigt. Dabei sollte das Verhältnis nahezu umgekehrt sein. Als Kompass für den Führungserfolg gilt: Führungskräfte sollten höchstens 20 Prozent ihrer Zeit für Fachaufgaben verwenden, 40 Prozent jeweils für Steuerungs- und Führungs-aufgaben. Denn Führungskräfte werden nicht dafür bezahlt, Fachaufgaben zu erfüllen.

Die erforderliche Leistung sicherstellen

 

Die Hauptaufgabe einer Führungskraft ist, dafür zu sorgen, dass jeder Mitarbeiter seinen Beitrag dazu leistet, dass der Bereich beziehungsweise das Unternehmen seine Ziele erreicht. Doch wie lässt sich die hierfür nötige Leistung bei den Mitarbeitern erzeugen? Das wissen viele junge Führungskräfte nicht. Unabdingbar hierfür ist, dass Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern regelmässig über ihre Erwartungen an sie sprechen.

 

Vor diesen Gesprächen sollten sich Führungskräfte überlegen:

 

  • Wie kann ich dem Mitarbeiter die Ziele, die er bei seiner Arbeit erreichen soll, so vermitteln, dass er deren Wichtigkeit erkennt? Und:
  • Wie motiviere ich ihn dazu, dass er die für das Erreichen der Ziele nötigen Dinge wirklich tut?

 

In diesen Gesprächen sollten Führungskräfte folgende Regel beherzigen: Stellen Sie nie das Ziel, das es zu erreichen gilt, zur Diskussion. Denn dieses ist nicht diskutabel! Sprechen Sie mit den Mitarbeitern nur über den Weg, wie sie dieses Ziel erreichen möchten. Denn wenn ein Mitarbeiter mitentscheiden kann, wie er beim Erreichen der gesteckten Ziele vorgeht, ist er in der Regel motivierter, als wenn ihm jeder Arbeitsschritt vorgeschrieben wird. Ausserdem entlastet es die Führungskraft, wenn ihre Mitarbeiter weitgehend selbstständig entscheiden, wie sie ihre Aufgaben erfüllen.

 

Selbstverständlich gibt es Situationen, in denen Arbeitsanweisungen sinnvoller als Zielvorgaben sind – zum Beispiel bei extremem Zeitdruck. Wenn ein Schiff sinkt, kann der Kapitän nicht mit der Mannschaft darüber diskutieren, ob die Rettungsboote ins Wasser gelassen werden. Er muss knappe und präzise Befehle erteilen. Intelligente Mitarbeiter akzeptieren das. Eine Führungskraft sollte daher ihr Führungsverhalten stets der jeweiligen Situation anpassen, aber auch dem jeweiligen Gegenüber. Wenn ein

 

Kritik nur unter vier Augen

 

Mitarbeiter eigeninitiativ nicht die erforderliche Leistung bringt, dann muss sie ihn an der «kurzen Leine» führen – also weitgehend mittels Arbeitsanweisungen.

Die Zielerreichung steuern und kontrollieren

 

Das «Ziele vereinbaren» oder «Anweisen » ist jedoch nur der erste Schritt im Führungsprozess. Denn wenn ein Mitarbeiter das Ziel kennt, muss er auch seine Aufgaben erfüllen. Dieses Umsetzen beziehungsweise das Erreichen von Teilzielen sollten Führungskräfte kontrollieren. Denn sonst können sie irgendwann nur noch registrieren: Die Ziele wurden nicht erreicht. Ein Gegensteuern ist dann nicht mehr möglich.

 

«Kontrollieren und steuern» lautet folglich der zweite Schritt im Führungsprozess. Die Kontrolle kann sich, je nach Mitarbeiter und Bedeutung der Aufgabe, auf das Erreichen bestimmter Teilziele oder das Durchführen der hierfür nötigen Arbeitsschritte beziehen. Was der Situation und dem Mitarbeiter angemessen ist, müssen Führungskräfte jeweils neu entscheiden. Klar sollte ihnen aber sein: Ein Mitarbeiter, den sie an der kurzen Leine führen müssen, verursacht ihnen Mehrarbeit. Deshalb ist seine Arbeit weniger wert. Das sollten sie ihm, sofern nötig, auch sagen.

 

Auf die Kontrolle folgt im Regelkreis des Führens das Anerkennen oder Kritisieren der Leistung des Mitar-

 

Anweisung und Eigeninitiative

 

beiters. Doch wie erkennt eine Führungskraft, ob die Leistung von Mitarbeitern angemessen ist? Und soll sie diese für alles Erreichte und Getane loben? Die Antwort lautet: jein. Führungskräfte sollten zwischen Lob und Anerkennung sowie Tadel und Kritik unterscheiden. Lob und Tadel sind immer persönlich und allgemein. Anerkennung und Kritik hingegen beziehen sich auf eine bestimmte Leistung. Deshalb sollten sie stets sachlich und konkret sein. Anerkennung und Kritik sollten Führungskräfte in der Regel nur unter vier Augen äussern.

Nicht vorschnell entscheiden und agieren

 

Ein letzter Tipp für frischgebackene Führungskräfte: Im Führungsalltag führen meist viele Wege zum Erfolg. Nur einer nicht: Von Anfang an alles anders machen zu wollen als der Vorgänger. Denn dies produziert in der Regel Widerstand. Ausserdem fehlt Ihnen hierfür als Neuer in der Abteilung meist die erforderliche Information. Treffen Sie deshalb, wenn Sie eine neue Führungsposition antreten, in den ersten zwei, drei Wochen keine wegweisenden Entscheidungen. Bemühen Sie sich vielmehr zunächst darum, die Arbeitsweise und die Handlungsabläufe in Ihrer neuen Abteilung kennenzulernen. Und sagen Sie dies auch Ihren neuen Mitarbeitern – selbst wenn diese Sie mit noch so vielen Anfragen wie «Chef, wie geht es weiter» bestürmen. Denn viele Führungskräfte schaufelten sich schon ihr Grab, weil sie in der Startphase vorschnell weitreichende Entscheidungen trafen – oder weil sie ihren Mitarbeitern Versprechen gaben, die sie dann nicht einlösen konnten.

 

 

 

 

 

 

 

 

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