Energie- und Umweltmanagement zahlen sich aus
Die Schweiz steht vor wegweisenden Energie- Entscheiden. Es geht jedoch nicht nur um die schweizerische Energie-Strategie, für eine langfristige und umweltschonende Versorgungssicherheit müssen ebenso globale Aspekte berücksichtigt werden. Welchen Beitrag zum nachhaltigeren Ressourcen- Umgang leisten Wirtschaft, Politik und Wissenschaft? Drei Referenten des diesjährigen Europa Forums Luzern 2015 zeigen Wege im Energie- und Umweltmanagement auf.
Kurt Lüscher, CEO der Energie 360°, sieht speziell in zukunftsweisenden Technologien Vorteile: «Es wird Technologien geben, welche es ermöglichen, immer mehr erneuerbares Gas über die heute schon vorhandenen Erdgasnetze zu transportieren. Diese «Power to Gas» (P2G)-Technologien können auch zur Speicherung und zum Transport von überschüssigem Strom verwendet werden. Damit die-nen diese auch der absehbaren Konvergenz der Energienetze. » Grosses Entwicklungspotenzial biete auch das Internet, meint Kurt Lüscher: «Die Digitalisierung der Energiebranche wird sowohl die heute bereits bekannten Prozesse und Produkte erfassen, als auch völlig neue Themenkreise betreffen. Diese können unter dem Begriff Smart Energy Services subsummiert werden: Smart Home, Smart Mobility Smart City, etc.»
Mehr Ökologie in der Bauaustrocknung
Ein Beispiel im Baubereich zeigt neue Formen der Energiezukunft: die mobile Holzpellet-Bauaustrocknung. Seit 2014 bietet Energie 360º gemeinsam mit Partnern die ökologische und effiziente Alternative zur herkömmlichen Bauaustrocknung mit Heizöl an. Denn die Terminpläne für die Realisierung grösserer Bauprojekte werden immer enger. Schon kleinste Verzögerungen führen dazu, dass die Bauaustrocknung durch den Einsatz von Warmluftöfen forciert werden muss. Diese werden immer noch überwiegend mit Heizöl betrieben. Gleichzeitig steigt die Nachfrage von Investoren und Bauherren nach einer umweltfreundlichen Wärmeversorgung.
Mit den mobilen Holzpellet-Heizungen zur Bautrocknung wird ein CO2-neutraler Energieträger aus naturbelassenem Restholz eingesetzt, der erst noch erneuerbar ist. Überdies wird das Grundwasser durch Holzpellets nicht gefährdet. Das Bewilligungsverfahren für mobile Öltanks entfällt.
Umweltmanagement: Verbrauch und Wachstum entkoppeln
Dass sich nachhaltiges Energiemanagement auch konkret lohnt, beweist die Ernst Schweizer AG Metallbau aus Hedingen. Hans Ruedi Schweizer, VR-Präsident erläutert: «Wir verfolgten schon früh eine konsequent auf Effizienz ausgerichtete Energiestrategie. » Seit 1978 erfasst die Ernst Schweizer AG vergleichbare Nachhaltigkeitskennzahlen zu den Themen Wirtschaftlichkeit, Soziales und Umwelt.
2014 brauchte das Metallbauunternehmen weniger Energie als 1978, obwohl Umsatz und Arbeitsplätze in dieser Zeit verdoppelt wurden. Hans Ruedi Schweizer rekapituliert: «Wir haben die Entkoppelung des Energieverbrauchs vom Unternehmenswachstum mit verschiedenen Energieeffizienz-Massnahmen geschafft. Unter anderem haben wir die Infrastruktur optimiert, die Anlagen auf Energieeffizienz getrimmt und die Benutzerinnen und Benutzer für Energieeffizienz sensibilisiert.
Die Ernst Schweizer AG ist eine Umweltmanagementpionierin. Bereits 1994 wurde der erste Umweltbericht für die Gesamtfirma erstellt und 1996 die Zertifizierungen für das Umweltmanagement- System ISO 14001 als erstes Metallbauunternehmen erreicht. Mit der Qualicoat-Zertifizierung stellt das Unternehmen zudem die Qualität von Prozessen und Ergebnissen in der Beschichtung sicher. Damit wird ein integrierter, dokumentierter Fertigungsprozess, der von der Beratung, Entwicklung über die Produktion, Qualitätssicherung bis hin zur Wartung und Pflege alles sichergestellt. Zudem war das Unternehmen 2009 bis 2012 Mitglied der vom WWF initiierten Climate Group. Im Unternehmen selbst hat der Technische Dienst 2013 ein neues Energiemanagement- Tool evaluiert, das 2014 implementiert wurde. Damit können interne Verbrauchsdaten interpretiert und zusätzliche Massnahmen für ein nachhaltiges Energiemanagement getroffen werden.
Energieeffizient und klimafreundlich
Energie 360º setzt ebenfalls auf interne Massnahmen und externe Partnerschaften, erläutert CEO Kurt Lüscher: «Im Betrieb setzen wir seit Jahren Umweltmassnahmen um. Wir betreiben das Erdgas- Netz und unsere Energieversorgungsanlagen verantwortungsvoll; unser Hauptgebäude ist gemäss Minergie-Standard zertifiziert und wird mit 100 Prozent Biogas beheizt; unsere Fahrzeugflotte besteht zu rund 75 Prozent aus Erdgas-Fahrzeugen, die mit 100 Prozent Biogas fahren, so dass unsere Flotte im Schnitt nur 56 Gramm CO2 pro Kilometer ausstösst. Die ausschliessliche Nutzung von Recyclingpapier (Briefe, Kopien, Drucksachen), gezielte Umweltschulungen oder Aktionen wie «bike to work» stärken das ökologische Bewusstsein unserer Mitarbeitenden. Ergänzt werden diese Massnahmen mit unserem Sponsoring für Umweltbildung. So engagieren wir uns seit 2012 für die Schweizer Klimaschutzbewegung myblueplanet. Sie zeigt der Schweizer Bevölkerung auf, wie der persönliche CO2-Ausstoss verringert werden kann.
Politik muss sich demnächst entscheiden
Für die meisten Unternehmer ist die Energiestrategie des Bundes für den Werkplatz Schweiz evident: «Wir erachten den Umbau von nicht erneuerbaren Energien (fossile und Kernbrennstoffe) hin zu Cleantech und intelligenten Lösungen als grosse Chance für den Schweizer Werkplatz. Forschung und Wissenschaft belegen auf weiten Strecken, dass der Weg hin zu erneuerbarer Energie und Energieeffizienz-Steigerung richtig sei. Die ETH kommt zum Schluss, dass ein Energiemix mit hohem Anteil erneuerbarer Energie anspruchsvoll, aber machbar sei», meint Hans Ruedi Schweizer, VR-Präsident Ernst Schweizer AG. Der Werkplatz Schweiz steht einerseits vor einer technologischen Herausforderung. Teilbereiche wie die Energiespeicherung benötigen neue Technologien. Gleichzeitig stehen in der Schweiz beste Fachhochschulen und Universitäten, die auch Investoren und grosse Unternehmen anziehen.
Markante CO2-Reduktion erreicht
«Die Swiss Steel in Emmenbrücke hat als Stahlhersteller für die internationale Automobil-, Maschinen- und Apparateindustrie in den letzten Jahren im Rahmen einer CO2-Vereinbarung mit dem Bund zahlreiche Energieeffizienzsteigerungs- und CO2-Reduktions- Massnahmen realisiert», erläutert CEO Carlo Mischler. Dank der eingeleiteten Massnahmen steht die Swiss Steel im internationalen Vergleich bezüglich CO2- Ausstoss sehr gut da. In den Jahren 2013 und 2014 lag dieser 12 bzw. 7 Prozent unter dem Allokationswert, der durchschnittlich auf den CO2- Emissionswerten der 10 besten EU-Stahlhersteller liegt.» Eine kritische Haltung nimmt Carlo Mischler von Swiss Steel zur Energiestrategie des Bundes ein. Der CEO abschliessend: «Es wird davon ausgegangen, dass die Industrie einen entscheidenden Beitrag zur Senkung des Energieverbrauches leisten kann, wenn man sie nur dazu zwingt. Diese Annahme finde ich falsch, weil der Energieeinsatz für die Industrie bereits ein essentieller Produktionsfaktor ist; Je intensiver der Energieverbrauch in einem industriellen Prozess ist, desto grösser sind die Anstrengungen, kosteneffizient damit umzugehen. Der Wettbewerbsdruck treibt die Unternehmen schon lange zur Entlastung der Umwelt. Ein Staatsdiktat kann nicht nur keine weiteren nennenswerten Verbesserungen bewirken, sondern mit unüberlegten Forderungen gefährdet es die Existenz ganzer Industriezweige.»