«Ein Leuchtturm in der Branche»
Vom Masterplan zu gelebter Business Excellence: So lässt sich der Weg umschreiben, den der Campus Sursee seit 2015 mit dem EFQM-Modell gegangen ist.
Wer in der Baubranche heute eine höhere Be- rufsausbildung absolviert, dem dürfte «Cam- pus Sursee» ein Begriff sein. Jährlich absolvie- ren 15 000 Teilnehmende eine Weiterbildung am Bildungszentrum Bau. Aber auch andere Organisatoren von Tagungen, Kursen, Semi- naren usw. finden eine Topinfrastruktur am Campus Sursee Seminarzentrum. Besitzerin der Bildungszentrum Bau AG und der Semi- narzentrum AG ist die Stiftung Campus Sur- see. Der Zweck der Stiftung ist nach eigenen Angaben «die nachhaltige Stärkung der Aus- und Weiterbildung und dadurch die Profilie- rung des Bauhauptgewerbes».
Strategiewechsel für bessere Auslastung
Das Bildungszentrum Bau geht auf die Idee des Schweizer Baumeisterverbands zurück. Dieser wollte ein gesamtschweizerisches Ausbil- dungszentrum schaffen. 1972 wurde diese Idee Wirklichkeit: Der Campus Sursee öffnete seine Tore. Bis in die 2000er-Jahre wurden Tausende von angehenden Baufachleuten – Maurer, Ver- kehrswegbauer, Bauführer etc. – durch die Aus- bildungsstätte «hindurchgeschleust». Doch die damals schon gute gastronomische und semin- artechnische Infrastruktur sollte noch besser ausgelastet werden können. So kam es 2006 zu einem Strategiewechsel: Der Campus Sursee wurde zum Seminar- und Tagungszentrum und mit der vor zwei Monaten eröffneten Sportarena setzt der Campus Sursee einen wei- teren Meilenstein. Er etabliert sich damit so- wohl im professionellen Sportbereich als Trai- nings- und Wettkampfstandort als auch im Breitensport als öffentliche Sportstätte für Ver- eine, Schulen und die Region.
Entwicklung auf nachhaltiger Basis
Grosse Investitionen waren mit dieser Verän- derung verbunden, nicht nur bauliche. Eben- falls eingeführt wurde ein klares Prozess- management nach ISO 9001-Standard. Auch die Firmenkultur sollte sich positiv weiterent- wickeln. «Für diesen Zweck eignet sich das EFQM-Modell ausgezeichnet», sagt dazu Tho- mas Stocker, Geschäftsführer der Bildungszen- trum Bau AG. Im Rahmen seiner eigenen Ab- solvierung eines MAS befasste er sich in seiner Abschlussarbeit mit der praktischen Einfüh- rung dieses Modells (siehe Interview). Heute zeigt sich der Campus Sursee in verschiedens- ten Bereichen «excellent»: Eine – mit den Wor- ten von Thomas Stocker – fast schon «verdäch- tig tiefe» Personalfluktuation aufgrund einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit oder höchste Standards in der Ökologie sind nur einige Bei-spiele. So hat das Bundesamt für Energie (BFE) kürzlich dem Campus Sursee das Zertifikat «2000-Watt-Areal» verliehen. Auch diese Zer- tifizierung ist letztlich das Ergebnis einer Ziel- setzung, die allen Ausbau- und Erneuerungs- plänen zugrunde gelegt worden war: sich stetig und nachhaltig zu verbessern.
Im Gespräch: Thomas Stocker, Geschäftsführer Bildungszentrum Bau AG
Herr Stocker, was bedeutet der Begriff «Excellence» für Sie?
Für mich heisst Excellence, die Erwartungen des Kunden zu übertreffen. Ferner geht es auch darum, sich über Excellence unterneh- merische Freiheiten erarbeiten zu können.
Campus Sursee arbeitet seit 2015 nach dem EFQM-Modell, schon 2017 erreichten Sie die Stufe R4E**** und jetzt die Nomination für den Award. Sie sind also recht «sportlich» unterwegs.
Das ist immer eine Frage, wo man startet. 2015 machten wir eine erste Reifegradmes- sung und durften feststellen: Wir befinden uns bereits auf einem hohen Niveau. Deshalb lag es nahe, sich den Award als Ziel zu setzen. Aber ich möchte festhalten: Wir betreiben Excellence nicht um des Modells willen, son- dern für eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens.
Welche Herausforderungen konnten Sie dank des Modells «besser» meistern?
Das Modell erleichtert die Verpflichtung zur permanenten Verbesserung. Doch die grösste Hürde war auch bei uns: Wie bringen wir das Verständnis dafür runter bis zu allen Mitar- beitern? Uns ist es jedenfalls gelungen, die Mitarbeitenden zum Mitdenken zu bewegen. Alle konnten sich einbringen. Unterstützt ha- ben uns dabei auch die Berichte zu unserem Self Assessment.
Aber gleichwohl hat das EFQM-Modell immer noch bei vielen den Ruf, zu komplex zu sein.
Klar: Die Grundlagen des Modells sind in einer Sprache verfasst, die für «gewöhnliche» Mitarbeitende kaum verständlich ist. Meine ersten Erfahrungen zeigten zudem, dass etwa der PDCA-Zirkel auch bei der Geschäftsfüh- rung seine Zeit benötigte, bis er konsequent umgesetzt wurde.
Und heute erleichtert das Modell die Rezertifizierungen der ISO- Standards?
Das ist in der Tat so. Nicht vergessen werden sollte dabei, dass die ISO-Standards eine rela-tiv statische Angelegenheit sind; sie definie- ren, was man zu erfüllen hat. Doch ich sehe ISO und EFQM nicht als zwei konkurrierende Systeme, denn – richtig eingesetzt – greifen sie ineinander.
Inwiefern sehen Sie im EFQM-Modell auch als gutes Mittel, um in Ihrer Branche wettbewerbsfähig zu bleiben?
Ich bin überzeugt davon. Ich sehe den Cam- pus Sursee als Leuchtturm in unserer Bran- che. Wir zeigen damit, dass auch in der Bau- branche nachhaltig gearbeitet wird. Im Bausektor sind viele Unternehmen ISO-zerti- fiziert. Sinnvoll wäre es, das Modell mehr in die Ausbildung der Baufachleute zu integrie- ren. Seitens des Baumeisterverbands sind da erste Gedankenspiele vorhanden. Persönlich kann ich grundsätzlich jedem Unternehmen empfehlen, das EFQM-Modell einzuführen. Es gibt inzwischen viele gute Ausbildungen, um sich das Rüstzeug dazu zu holen. Wichtig aber bleibt: Unbedingt die Mitarbeitenden einbeziehen!