Effekte der Führungs-übung auf die Zollverwaltung

Dieses Jahr wurde der Auswertungsbericht zur Strategischen Führungsübung 2017 (SFU 17) veröffentlicht. Hierbei geht es im Allgemeinen, wie die einzelnen Stellen in der Bundesverwaltung einer Krise begegnen - im Einzelnen: Ob die Informierung interner Verwaltungen rechtzeitig und sachgerecht erfolgte. Wie hat zum Beispiel die Eidgenössische Zollverwaltung, die ohnehin unterschiedliche Aufgaben zu bewerk-stelligen hat, in der SFU 17 abgeschnitten?

Effekte der Führungs-übung auf die Zollverwaltung

 

 

Die Bundeskanzlei (BK) führt alle vier Jahre eine Strategische Führungsübung (SFU) durch. Diese Übung hat zwei Funktionen:

 

Sie erlauben einerseits eine Reflexion zu einer ausserordentlichen Lage auf strategi-scher Ebene und überprüfen andererseits die interdepartementale Koordination in einer Krise. Mit Bundesratsbeschluss vom 22. Juni 2016 wurde die BK beauftragt, die SFU 17 zu organisieren, durchzuführen und auszuwer-ten. Übungsleiterin war Bundesrätin Doris Leuthard, 2017 amtierende Bundespräsiden-tin. Die Generalsekretärenkonferenz (GSK) agierte als operatives Aufsichtsgremium. Das Szenario der SFU 17 zog sowohl den Bund als auch den Kanton Genf in die Übung mit ein.

 

Die Auswertung soll auch aufzeigen, ob der Bundesrat lagegerechte Entscheidungs-grundlagen erhalten hat und ob – wenn not-wendig – die in fachlicher oder politischer Hinsicht beteiligten Stellen und Personen einbezogen wurden. Ebenso wurde geprüft, ob zwischen Verwaltungseinheiten und an-deren Stellen rechtzeitig und sachlich kom-muniziert worden ist.

 

Als Quellen der Auswertung standen dem Auswertungsteam zusätzlich zu Beobach-terberichten die in der Übung erstellten Pro-dukte (z. B. Bundesratsanträge, Sitzungsproto- kolle, Medienmitteilungen oder Social-Media-Beiträge) und die E-Mails der Teilnehmenden zur Verfügung. Erstmals wurden auch Kom-munikationsmittel wie Social Media in die Auswertung miteinbezogen. Die Chance, mit den sozialen Medien die breite Öffentlichkeit zu erreichen, wurde jedoch nicht genutzt.

 

Der zweite Teil im vorliegenden Bericht bezieht sich auf die Selbsteinschätzung der teil-nehmenden Departemente und der Bundes-kanzlei (s. Link am Textende; Kapitel 3. 2). Ein wichtiger Bereich (Kapitel 4) vereint die Über-legungen des Auswertungsteams und der Teil-nehmenden zur Weiterentwicklung des Kri-senmanagements auf Stufe Bund und weitere Ergebnisse respektive Empfehlungen.

Unterschiedliche Vorgehensweisen
Ein Auswertungsteam, bestehend aus vier Mitarbeitenden der BK und einem Kollegen aus dem GS VBS, hat die Berichte analysiert und ausgewertet. Dieses Auswertungsteam selbst war Teil der Übungsorganisation und wurde nicht beübt.

 

In der Vergangenheit wurden SFU zu folgenden Themen durchgeführt: 1997 Informationsrevolution, 2005 Epidemie in der Schweiz, 2009 Strommangellage und 2013 Cyberattacke. Angesichts der aktuellen Bedro-hungslage lag es auf der Hand, für die SFU 17 das Thema Terrorismus zu wählen. Der Bundesrat und die (inter-)departementalen Krisenstäbe mussten sich gemäss Drehbuch nach mehreren Terrorangriffen in der Schweiz mit deren Aus-wirkungen auf kantonaler, nationaler und in-ternationaler Ebene auseinandersetzen.

 

Es beschrieb zeitlich gestaffelt einen Bombenalarm mit erfolgreicher Entschär-fung des Sprengsatzes am Flughafen Genf, ei-nen Terroranschlag mit vielen Toten und Ver-letzten im unterirdischen Bahnhof Eaux-Vives in Genf sowie eine erpresserische Geiselnah-me in der Uno in Genf. Zudem wurde durch einen Sabotageakt die Stromversorgung des Kernkraftwerks (KKW) Mühleberg unterbro-chen und so ein Störfall verursacht.

 

Das Szenario beinhaltete Angriffe der fiktiven Terrororganisation Global Liberation Front (GLF) auf die Schweiz. Die Terrororga-nisation war im Herbst 2017 mit Anschlägen in europäischen Hauptstädten medienwirk-sam in Erscheinung getreten. Drohungen in allgemeiner Form wurden gegen internatio-nale Institutionen und Organisationen ausge-sprochen. Somit rückte die Schweiz als Sitz-staat der Uno – insbesondere Genf – ebenfalls in den Fokus der GLF.

 

«Zeitverlust bei der Klärung von formellen Fragen gegeben.»

 

Die Arbeit an den Grenzübergängen und Flughäfen ist in Krisensituationen an-spruchsvoll. Die Kontrollen der Zollange-stellten sind nicht nur an neuralgischen Punkten wie Bahnhöfen wichtig, es kommen auch mobile Kontroll- und Beobachtungsauf-gaben hinzu. Grenzwachtkorps werden im-mer mehr eingebunden in die nationalen und internationalen Sicherheitskooperationen. Aktueller denn je, siehe die vergangenen Ter- roranschläge in Nachbarländern und gegen-wärtigen Grossdemonstrationen, muss das Schweizer Zollwesen auch gesellschaftspoli-tische Entwicklungen kontern können. – Al-lerdings, wie geht die Eidgenössische Zollver-waltung bei Extremsituationen vor?

Wichtige Erkenntnisse zur SFU
Die SFU 17 war eine zweitägige Stabsübung. Im Auswertungsbericht heisst es, die Teilneh-menden hätten im eigenen Ermessen auf die gespielten Ereignisse reagiert. Die Übungs­ beobachter entdeckten so einige Sicherheits-lücken in einzelnen Bundeseinheiten, wie hier im Eidgenössischen Grenzwesen:

 

«Es wurde im EJPD, aber auch in anderen Departementen, (zu)viel Zeit für die Abklärung von formellen Fragen verschwendet (Stichwort Grenzschliessungen / Einführung von Grenz-kontrollen / Zulässigkeit einer Intervention auf Uno-Territorium)», heisst es im Kapitel 3.2 («Sicht der einzelnen Departemente»).

 

Eine Erkenntnis, die neben dem Punkt «fehlende personelle Ressourcen» an der SFU 17 herauskristallisierte:

 

Die Bundesangestellten informierten sich grösstenteils über E-Mails und mobile Telefone. Die Arbeitsweise im Bereich externe Kom-munikation war weitgehend an das Tagesge-schäft angelehnt. Um eine einheitliche exter-ne Kommunikation sicherzustellen, wurden sogar einzelne Sprachregelungen erstellt. Al-lerdings, eine Ausrichtung der Kommunika-tion auf die Bedürfnisse bestimmter Ziel-gruppen (Bevölkerung, Wirtschaft, Kantone, Ausland) wurde nicht realisiert.

 

Was beispielsweise trotz mehrmaligen ge-spielten Drucks von aussen fehlte, war eine gezielte Sprachregelung des EDA für das Schweizer Aussennetz einerseits und für die ausländischen Vertretungen mit Sitz in der Schweiz andererseits. Jedenfalls fehlte es bei-nahe überall, so auch im Eidgenössischen Jus-tiz- und Polizeidepartement EJPD an perso-nellen Ressourcen.

 

«Solche Lücken im EJPD erlaubten es nicht, Stellvertretungen oder Ablösungen vorzusehen, was dazu führte, dass mehrere Personen die ganze Zeit im Einsatz sein mussten.»

Schlussfolgerungen
Die Übung wurde ohne Unterbruch während 29 Stunden gespielt. Die Ereignisse der SFU 17 wurden per E-Mail und Telefon oder auf der Übungswebsite mit eigens kreierten Radio-,Presse- und Social-Media-Beiträgen sowie of-fiziellen (Medien-)Mitteilungen eingespielt.

 

Die Daten für die Schlussauswertung wurden während des Übungsverlaufs einge-lesen. Wie so einige Departemente, zeigt auch die Eidgenössische Zollverwaltung EZF Auf-holbedarf:

 

Erkenntnis
Das Krisenmanagement war teilweise ineffizi-ent, weil Unklarheiten bestanden bzgl. Prozes-sen und Zuständigkeiten (z. B. Anforderung der Armeeunterstützung, Antrag auf Grenz-schliessung, Zuständigkeitsbereich der Uno). Das Wissen, was zu tun oder wer zuständig ist, war zwar oft in den Departementen vorhan-den, gelangte aber nicht überall in die Füh-rungsgremien. (Quelle: SFU 17 / Erkenntnis 6)

 

– Empfehlung
Die Departemente und die BK müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden Abläufe, die in einer Krise zur Anwendung kommen, sowie entsprechende Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten kennen. Die Departemente sollen deshalb Prozesse und Zuständigkeitsregelungen klären, die in der Übung zu Unsicherheiten geführt haben: Z. B. Grenzschliessun / Einführung von Grenzkontrollen, Antrag auf militärische Unterstützung, Verantwortlichkeiten bei Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen. (Quelle: SFU 17 / Empfehlung 6)

 

Tatsächlich ist es nicht so einfach, Krisenpro-zesse über geografische Grenzen zu definie-ren. Manche Krisenherde weisen eine globa-le, andere hingegen eine nationale oder sogar nur regionale Dimension auf. Für die Bestim-mung geeigneter Strategien und Krisenmass-nahmen ist jedoch die Kommunikation «un-tereinander» massgebend.

 

Der technologische Wandel, beispiels-weise im Bereich der Telekommunikation, hat in letzter Zeit viele der ursprünglich natürli-chen Kommunikationsmonopole erodieren lassen. Daher ist und bleibt die Koordinierung von Informationen und Dienstleistungen­ in unterschiedliche Regionen bedeutend gegen internationale Krisen.

 

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