Die Sicherheitsverbundsübung 2019 (SVU 19)
Wie kann die Schweiz eine länger andauernde Terrorbedrohung bewältigen? Diesem Thema waren die Sicherheitsverbundsübung 2019 (SVU 19) und die Gesamtnotfallübung 2019 (GNU 19) gewidmet, die vom 11. bis 13. November 2019 beziehungsweise 12. bis 14. November 2019 stattfanden. Obgleich die offizielle Auswertung zur Sicherheitsverbundsübung 2019 (SVU 19) erst Ende 2020 vorgelegt wird, konnten erste Erkenntnisse aus den Übungen gezogen werden.
Mit der Sicherheitsverbundsübung SVU 19 wurde überprüft, wie die involvierten Sicherheitsorganisationen einen Krisenfall bewältigen können und wie sie in einer über einen längeren Zeitraum andauernden Bedrohungslage zusammenarbeiten. Das Szenario war eine lang anhaltende Terrorbedrohung durch Angriffe gegen kritische Infrastrukturen, erpresserische Forderungen und drohende Anschläge.
Eine Woche vor Beginn der Stabsrahmenübung, am 4. November 2019, fand die Eröffnungsveranstaltung der SVU 19 in der Berner Kaserne statt. Hier versammelten sich mehr als 300 Mitglieder der sicherheitspolitischen Instrumente von Bund, Kantonen und Gemeinden. Ziel dieser Eröffnungsveranstaltung war war es, alle letzten wichtigen Informationen und technischen Anweisungen zur SVU 19 zu erteilen sowie einen Überblick über die Ausgangssituation zu geben, damit die notwendigen Vorbereitungen abgeschlossen werden konnten.
Die 52-stündige Übung
Die Ausgangslage, also das Terrorszenario, erhielten die Teilnehmenden am 11. November 2019. Am Montag um 7 Uhr erfuhren Angehörige der Kantonspolizeien und Verantwortliche der Kantonalen Führungsstäbe (KFS) von einem Terroranschlag im Bahnhof Zürich. Dieser habe Tage zuvor einen grossen Schaden erlitten. Es seien nicht nur 47 Menschen getötet und 78 verletzt worden, ein Grossteil des Schweizer Eisenbahnnetzes sei gelähmt. Noch gleichentags verschärfte sich die ohnehin schon kritische Situation:
Die Übungsteilnehmenden mussten sich mit einer Lebensmittelvergiftung durch Botulinumtoxin, die vier Todesfälle und 60 Verdachtsfälle zur Folge hatte, mit dem Überflug eines unbekannten Flugzeugs, das eine rasche Identifizierung erforderte, und mit einem grossen Migrationsstrom an der Südgrenze der Schweiz auseinandersetzen. Die Herausforderung war gross, zumal die Sicherheitskräfte auch für die Vorbereitung des fiktiven Hochsicherheits-Gerichtsverfahrens aufgeboten wurden, das am 13. November 2019 am Bundesstrafgericht in Bellinzona beginnen sollte.
Dieses fiktive Szenario, das mit Unterstützung des NDB entwickelt wurde, musste so realistisch wie möglich sein, damit die verschiedenen beteiligten Sicherheitskräfte eng zusammenarbeiten konnten. Die 61 Stäbe und Organisationen von Bund und Kantonen sowie einigen Städten und kritischen Infrastrukturen konnten hierdurch ihr Notfall-Krisenmanagement testen.
Die rund 2100 Personen, die an der 52-stündigen Übung teilnahmen, arbeiteten dezentral, d. h. an ihren gewohnten Arbeitsplätzen. Die Übungsleitung arbeitete in einem Ad-hoc-Operationszentrum in der Berner Kaserne. Bestehend aus der Lagebeobachtungs-, der Szenario-, der Kontakt-, der Medien- und Auswertungszelle, stellte sie die Führung und die Steuerung der Übung sicher. Während der Übung wurden Besuche in das Operationszentrum organisiert.
Sie begannen am 11. November 2019 mit dem Besuch der politischen Plattform des Sicherheitsverbundes Schweiz. Am 12. November 2019 wurde ein erster Besuch für eine Delegation der Sicherheitspolitischen Kommissionen und ein Mitglied der RK MFZ organisiert, und ein zweiter Besuch für Vertreter ausländischer Botschaften. Am letzten Übungstag waren schliesslich die Medienvertreter an der Reihe.
Die Folgen der Übung
Die Aktivitäten rund um die SVU 19 endeten mit der Abschlussveranstaltung vom 21. November 2019. An dieser Veranstaltung berichteten die Hauptbeteiligten über ihre ersten Eindrücke von der SVU 19 und beurteilten sie als sehr wertvoll für ihre Krisenvorsorge. Besonders hervorgehoben wurde, dass die Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsorganen des Bundes und der Kantone geübt werden konnte.
Bei der Polizei erlaubte die vom Drehbuch eingespielte Bedrohungslage, dass die Koordination zwischen den Polizeikorps sowie dem Bundesamt für Polizei überprüft und vertieft werden konnte. Beim Bevölkerungsschutz betraf dieses Szenario sämtliche Partnerorganisationen des Verbundsystems Bevölkerungsschutz. Von der RK MZF wurde die Frage aufgeworfen, ob für den Bevölkerungsschutz ein Pendant zum Führungsstab Polizei nötig sei, was von der RK MZF im Nachgang zur Übung geklärt wird.
Die Armee hatte sich mit drei (fiktiven) Bundesratsbeschlüssen darauf vorbereitet, die zivilen Behörden mit einem Assistenzdiensteinsatz von bis zu 8500 Armeeangehörigen bei Bedarf zu unterstützen.
Von der Politischen Plattform SVS referierten die Präsidenten der KKJPD, Regierungsrat Urs Hofmann, sowie der RK MZF, Staatsrat Norman Gobbi. Beide wiesen darauf hin, dass der Nutzen von solchen Gesamtübungen noch optimiert werden könnte, wenn auch die politische Ebene des Bundes einbezogen wird; denn die Kantone benötigen in der politischen Krisenkommunikation die entsprechenden Andockstellen beim Bund. Sie bestätigten damit den diesbezüglichen Eindruck des Übungsleiters Hans-Jürg Käser, der zu Beginn der Veranstaltung bereits darauf hingewiesen hatte, dass der Einbezug der politischen Ebene von Bund und Kantonen für die Abstimmung der Krisenkommunikation unerlässlich sei.
Alle während der Übung und des Lageberichts getroffenen Feststellungen werden Gegenstand eines Abschlussberichts sein. Aus diesen Erkenntnissen werden Empfehlungen für mögliche Verbesserungen des Krisenmanagements in der Schweiz erarbeitet, die dem Bundesrat sowie der KKJPD und der RK MZF vorgelegt werden. Nach deren Genehmigung wird der Abschlussbericht Ende 2020 veröffentlicht.
Parallel zum Schlussbericht erarbeiten das VBS und die BK gemeinsam eine nächste Gesamtplanung grosser Übungen 2021–2027, welche dem Bundesrat und den Kantonen (via KKJPD und RK MZF) ebenfalls bis Ende 2020 unterbreitet wird.