Der Weg zur effektiven Systemdokumentation
Die Systemdokumentation eines Unternehmens bedarf – wie ein Garten – der Pflege. Wenn sie erst einmal zu wuchern beginnt, wird es schwierig, sich darin zurechtzufinden. Systematik, Relevanz und Prägnanz sollen helfen, den Umfang einer Systemdokumentation auf einem nutzbringenden Niveau zu halten.
Keine Pflege ohne Gärtner
Das Bild des wuchernden Gartens kommt nicht von ungefähr. Wer kennt nicht das Gefühl, dass einem die eigenen Dokumente über den Kopf wachsen und die ganze Systemdokumentation wuchert? Bei jeder Fehleranalyse, jedem Audit und jedem Review im Unternehmen werden in der Regel bestehende Dokumente ergänzt oder neue Dokumente erstellt. Damit wächst die Systemdokumentation Jahr für Jahr. Das ist nicht weiter schlimm. Elektronischer Speicherplatz ist verhältnismässig günstig. Teure Ordnerschränke und Archive für Papierdokumente braucht es nur noch im kleinen Rahmen. Der Zugang zu den Dokumenten ist über das Netzwerk einfach und von überall her möglich. Auch das Bewirtschaften der Dokumente ist simpel geworden: erstellen, freigeben und ins Intranet stellen. Das Anwachsen der Systemdokumentation ist verdaubar, wenn dabei der Überblick nicht verloren geht.
Hand aufs Herz: Blicken Sie noch durch? Im wachsenden Wust an Informationen wird es zunehmend schwierig, das richtige Wissen rechtzeitig am richtigen Ort verfügbar zu haben. Da helfen oft auch Suchmaschinen in der Dateiablage und in Datenbanken nicht weiter. Zu viel ist zu viel. Ohne Pflege, ohne Gärtner geht es nicht.
Wer setzt den Gartenzaun?
Um dem Wust an Informationen Herr zu werden, gibt es verschiedene Strategien. Eine erste Strategie setzt bei der Systemdokumentation als Ganzes an. Weil ja Speicherplatz fast grenzenlos vorhanden ist, weil Dokumente unabhängig vom Arbeitsplatz zugänglich und damit schnell verfügbar sind, und weil Suchmaschinen letztlich das Wiederfinden von Dokumenten erleichtern und damit das Dokumentenchaos scheinbar beherrschbar machen, wird dem Umfang der ganzen Systemdokumentation häufig wenig Augenmerk geschenkt. Nur: Ein überwuchernder Garten ohne Grenzen wird zum Labyrinth.
Aber stimmt das? Der Vorteil der digitalen Welt liegt ja gerade darin, dass wir weit weniger als in der physischen Welt an Grenzen gebunden sind. Der Erfolg von Wissensdatenbanken im Internet scheint das zu belegen. Aber: Es wird leicht übersehen, dass die Relevanz eines Beitrags nicht aus dem Beitrag selber ersichtlich wird. Stellen Sie sich folgende Fragen: Ist das wichtig für mich? Oder komme ich vom Hundertsten ins Tausendste? Sie stellen fest: Wissen ist mehr als Information. Sie entsteht aus dem Vernetzen von Informationen. Dabei hilft Übersichtlichkeit. Und sie entsteht durch Begrenzung des Systems.
Aus diesem Grund sind in einer digitalisierten Systemdokumentation Grenzen wichtig. Konkret bedeutet das, dass eine Systemdokumentation in ihrem Umfang Grenzen haben sollte: Ein Handbuch beispielsweise kann auf den Umfang von fünfzig Seiten, Prozessbeschreibungen auf eine Doppelseite, Merkblätter auf eine Seite begrenzt werden. Das sollte dezidiert für die Systemdokumentation erfolgen. Grenzen führen unweigerlich zu Prägnanz. Ein Text wird bei gleichem Inhalt und weniger Platz zwangsläufig dichter. Und nicht selten führen prägnantere Texte mit Tabellen oder Abbildungen zu einem besseren Verständnis.
Natürlich muss eine Systemdokumentation den wechselnden Bedürfnissen eines Unternehmens entsprechen. Sie sollte deshalb angepasst, das heisst, vergrössert, aber eben auch verkleinert werden können. Angestrebt wird ein Optimum zwischen zu wenig und zu viel Information. Dieses Optimum lässt sich allerdings nur erreichen, wenn jemand im Unternehmen dafür einsteht. Es braucht also die Gärtner, die Gartenzäune setzen und bei Bedarf versetzen. Ideal ist, wenn ein Team aus Qualitätsmanagement und Informatik – am besten unterstützt durch die Geschäftsleitung – die Bedürfnisse analysiert und daraus den Rahmen definiert. Eine nachvollziehbare Systematik und prägnante Dokumentationsgrundsätze helfen, den Rahmen für die Umsetzung durch die Mitarbeitenden vor Ort verständlich zu machen.
Wer baut die Gartenwege?
Eine zweite Strategie setzt bei den Prozessstrukturen an. Es gilt die Gartenwege, die Beete, Sitzplätze, Wasserstellen und Geräteschuppen miteinander zu verbinden. Je geradliniger sie angelegt sind, desto schneller lassen sich die Gartenarbeiten erledigen. Geradlinige Prozesse und Arbeitsabläufe führen Mitarbeitende durch ihre Arbeit und verhindern, dass ausführliche Anleitungen zusätzlich zur Anleitung geschrieben werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Systeme immer nahe an der Kommunikationsstruktur ihrer Erfinder liegen. Wer eine Struktur festlegen darf, wird sich leicht darin zurechtfinden. Sie entspricht immer seiner eigenen Logik. Wehe dem, der anders denkt. Abläufe sollten deshalb immer von den Menschen her gedacht werden, die darin arbeiten, mit all ihren Unterschieden und Eigenheiten. Prozessdesigner tun gut daran, die Prozesse mit den Betroffenen zu gestalten und zu hinterfragen.
Wer geht zum Kompost?
Eine dritte Optimierungsstrategie setzt bei den einzelnen Dokumenten an. Wenn Dokumente wie Pflanzen leben, passen sie sich an Veränderungen in Prozessen an. Dabei kommt Neues in Dokumenten hinzu: zum Beispiel bei der Checkliste für Kundenbesuche oder in eine Arbeitsanweisung wird ein zusätzlicher Prüfungsschritt integriert. Die Änderungen in einem Dokumentenanhang sollten kurz dokumentiert werden. Damit kann zu einem späteren Zeitpunkt besser nachvollzogen werden, wie es zu der vorliegenden Version eines Dokumentes gekommen ist. Die nachträgliche Integration von Text kann die Überarbeitung von früheren Textpassagen notwendig machen. Das braucht Zeit. Es kann auch Bestehendes wegfallen. Manchmal werden Passagen aber aus Unsicherheit nicht gestrichen, weil danach etwas fehlen könnte. Und wer weiss, warum etwas in einem Dokument steht? Mithilfe des Änderungsanhanges wäre dies viel einfacher nachvollziehbar, zum Bespiel wenn die Erstellung des Dokumentes schon einige Jahre zurückliegt. Es sollten Zweck und Anwendungsbereich eines Dokumentes zu Beginn kurz beschrieben werden. Damit lässt sich immer wieder prüfen, was ein vorliegendes Dokument, zum Beispiel ein Merkblatt, regelt und was nicht.
Es liegt somit an den Prozessverantwortlichen, ihre Dokumente à jour zu halten und ein unnötiges Aufblähen zu vermeiden. Sie sind ihre eigenen Gärtner, die ihre Pflanzen stutzen und den anfallenden Grünabfall zum Kompost tragen. Meta-Informationen wie Zweck, Anwendungsbereich und Änderungsanhang helfen ihnen dabei. Sie sollten in wichtigen Dokumenten wie Handbüchern, Anweisungen jeglicher Art oder Merkblättern standardmässig vorhanden sein und gepflegt werden.
Kluge Gärtner schneiden regelmässig
Wenn der Garten bereits wuchert, lässt sich ein Kahlschnitt oft nicht vermeiden. Kluge Gärtner aber arbeiten täglich, dafür nur kurz im Garten. Mit den richtigen Schnitten zur rechten Zeit lässt sich der Pflegeaufwand auf ein notwendiges Minimum reduzieren. Was heisst das für Ihr Unternehmen? Geben Sie der Systemdokumentation und dem Dokumentenmanagement Ihres Unternehmens das nötige Gewicht. Dadurch lassen sich viele Leerläufe und Folgekosten vermeiden.